EU zögert vor russischem Ölembargo, Destabilisierung in Europa befürchtet
Banker warnen vor Ölpreis «weit über 150 Dollar» pro Barrel

Noch hat sich die EU zu keinem russischen Ölembargo durchringen können. Politiker und Ökonomen befürchten jetzt, dass ein Ölembargo Energiekosten explodieren lassen würde – und selbst Europa destabilisieren könnte. Bröckelt die westliche Allianz gegen Russland?
Publiziert: 28.05.2022 um 01:07 Uhr
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Aktualisiert: 28.05.2022 um 09:58 Uhr

So teuer wie jetzt war Benzin in der Schweiz noch nie. Der TCS gibt aktuelle Preise von 2.17 Franken für Bleifrei 95, 2.26 Franken für Bleifrei 98 und 2.30 Franken für Diesel an. Bislang war 2012 das teuerste Tankjahr aller Zeiten in der Schweiz. Durchschnittlich 1.81 kostete ein Liter Bleifrei 95 vor einem Jahrzehnt. Ein Schnäppchen im Vergleich zu heute. Und der Spritpreis könnte noch weiter stark ansteigen.

Kantone haben Energiewende verschlafen
6:45
Abhängig von Russen-Gas:Kantone haben Energiewende verschlafen

Davor warnen Ökonomen der Bank of America, der zweitgrössten US-Bank, in einer am Freitag veröffentlichten Marktanalyse. Preistreiber: der Ukraine-Konflikt, der noch härter ans Portemonnaie gehen könnte. Die Ölpreise sind nach dem Einmarsch Russlands vor knapp 100 Tagen in die Höhe geschnellt. Für die globale Referenzsorte Brent liegen sie derzeit knapp unter 120 Dollar je Barrel.

Wenn die EU ein Ölembargo beschliessen würde und die russischen Ölexporte stark zurückgehen, könnte der Preis für das Barrel Brent auf über 150 Dollar steigen, warnt die Bank. Damit dürften sich Benzinpreise in der Schweiz wohl der 3-Franken-Marke nähern.

Die PCK-Ölraffinerie nordöstlich von Berlin. Rohöl aus Russland gelangt über die «Friendship»-Pipeline in die Ölraffinerie.
Foto: Keystone
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Russland rechnet mit hohen Mehreinnahmen aus Gas- und Ölexporten

Russland rechnet in diesem Jahr mit zusätzlichen Einnahmen in Höhe von umgerechnet 13,7 Milliarden Euro durch den Export von fossilen Brennstoffen.

«Wir erwarten bis zu eine Billion Rubel mehr an Öl- und Gaseinnahmen», sagte Finanzminister Anton Siluanow am Freitag im staatlichen Fernsehen mit Verweis auf die jüngste Prognose des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung. Ein Teil der Mehreinnahmen könne für die Fortsetzung der russischen Offensive in der Ukraine ausgegeben werden.

Die Regierung wolle die zusätzlichen Einnahmen in diesem Jahr eher ausgeben als zur Seite legen, sagte er. Das Geld solle für «zusätzliche Zahlungen» für Rentner sowie Familien mit Kindern ausgegeben werden und für die «Spezialoperation» in der Ukraine, sagte der Finanzminister mit Verweis auf Russlands Angriffskrieg in der pro-westlichen Ukraine.

Putin macht sich über Sanktionen lächerlich

Der Westen hat eine Reihe von Sanktionen gegen Moskau verhängt, um den Kreml für die Entsendung von Soldaten in die Ukraine zu bestrafen. Die Öl- und Gaslieferungen Russlands sind bislang von den Sanktionen ausgenommen. Russland streicht wegen des sehr hohen Gaspreises derzeit Rekordeinnahmen ein.

Die Mitgliedstaaten der EU wollen unabhängiger werden von fossilen Brennstoffen aus Russland, auf ein geplantes Öl-Embargo konnten sie sich wegen einer Blockade durch Ungarn bislang jedoch nicht einigen.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte sich kürzlich über die Sanktionen lächerlich gemacht und erklärt, die europäischen Länder würden sich mit ihrem «chaotischen Handeln» nur selbst schaden. (SDA)

Russland rechnet in diesem Jahr mit zusätzlichen Einnahmen in Höhe von umgerechnet 13,7 Milliarden Euro durch den Export von fossilen Brennstoffen.

«Wir erwarten bis zu eine Billion Rubel mehr an Öl- und Gaseinnahmen», sagte Finanzminister Anton Siluanow am Freitag im staatlichen Fernsehen mit Verweis auf die jüngste Prognose des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung. Ein Teil der Mehreinnahmen könne für die Fortsetzung der russischen Offensive in der Ukraine ausgegeben werden.

Die Regierung wolle die zusätzlichen Einnahmen in diesem Jahr eher ausgeben als zur Seite legen, sagte er. Das Geld solle für «zusätzliche Zahlungen» für Rentner sowie Familien mit Kindern ausgegeben werden und für die «Spezialoperation» in der Ukraine, sagte der Finanzminister mit Verweis auf Russlands Angriffskrieg in der pro-westlichen Ukraine.

Putin macht sich über Sanktionen lächerlich

Der Westen hat eine Reihe von Sanktionen gegen Moskau verhängt, um den Kreml für die Entsendung von Soldaten in die Ukraine zu bestrafen. Die Öl- und Gaslieferungen Russlands sind bislang von den Sanktionen ausgenommen. Russland streicht wegen des sehr hohen Gaspreises derzeit Rekordeinnahmen ein.

Die Mitgliedstaaten der EU wollen unabhängiger werden von fossilen Brennstoffen aus Russland, auf ein geplantes Öl-Embargo konnten sie sich wegen einer Blockade durch Ungarn bislang jedoch nicht einigen.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte sich kürzlich über die Sanktionen lächerlich gemacht und erklärt, die europäischen Länder würden sich mit ihrem «chaotischen Handeln» nur selbst schaden. (SDA)

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«Weit über 150 Dollar»

Die Ökonomen der US-Bank hatten einen Preis von 120 Dollar pro Barrel vorausgesagt. Dieses «Ziel» sei nun «in Sichtweite», schreiben die Analysten. «Wir glauben, dass ein starker Rückgang der russischen Ölexporte Brent weit über 150 Dollar treiben könnte.»

Noch Anfang Monat hiess es, G7-Länder wollen Russen-Öl definitiv blockieren. Beschlossen ist das Sanktionspaket weiterhin nicht. Im April hat die EU ein Einfuhrverbot für russische Kohle erlassen. Beschränkungen für Öl erweisen sich als wesentlich komplizierter. Gespräche führten bisher zu keinem Durchbruch. Ungarn, das auf billiges russisches Öl angewiesen ist, hat sein Veto eingelegt.

Auch aus anderen EU-Kreisen verlautet, dass ein russisches Ölembargo zu wirtschaftlicher Instabilität in Europa führen könnte. Es müssten Antworten auf legitime Bedenken gefunden werden, sagte Belgiens Ministerpräsident Alexander De Croo (46) am WEF zu «Euronews».

Ukraine: Deutschland sollte Gaslieferung durch Nord Stream 1 stoppen

Der ukrainische Staatskonzern Naftogaz und der staatliche Netzbetreiber appellieren an Deutschland, russische Gas-Lieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 einzustellen oder zumindest spürbar zu drosseln.

Die Leitung durch die Ostsee sei unter anderem erlaubt worden, um die Gasversorgung Europas zu sichern, sagte Konzernchef Serhij Makohon im ukrainischen Fernsehen. «Aber wir sehen, dass Russland diese Prinzipien völlig verletzt.»

Er fordere daher das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesnetzagentur auf, die Lieferungen auszusetzen oder mindestens stark zu begrenzen. (SDA)

Der ukrainische Staatskonzern Naftogaz und der staatliche Netzbetreiber appellieren an Deutschland, russische Gas-Lieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 einzustellen oder zumindest spürbar zu drosseln.

Die Leitung durch die Ostsee sei unter anderem erlaubt worden, um die Gasversorgung Europas zu sichern, sagte Konzernchef Serhij Makohon im ukrainischen Fernsehen. «Aber wir sehen, dass Russland diese Prinzipien völlig verletzt.»

Er fordere daher das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesnetzagentur auf, die Lieferungen auszusetzen oder mindestens stark zu begrenzen. (SDA)

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Europas Mittelschicht leidet

«Alle schauen heute auf Ungarn», so De Croo. Aber nicht nur Ungarn hätte grosse Probleme mit einem russischen Ölembargo: «Wenn wir Sanktionen ergreifen, gilt seit jeher das Grundprinzip, dass es der anderen Seite weh tun muss und wir die Auswirkungen auf unserer Seite so weit wie möglich abmildern müssen.»

«Unsere Mittelschicht leidet», sagt der belgische Regierungschef. «Die Energiepreise steigen und steigen. Wenn es also Bedenken hinsichtlich der Versorgungssicherheit und der Preise gibt, sollten wir sie ausräumen.»

Europas Aussenpolitik könne nur funktionieren, wenn sie von der Mittelschicht getragen werde. Die Zustimmung der Bevölkerung sei wichtig, so De Croo. Er befürchte, dass eine lange Zeit der Instabilität bevorstehe. Europa müsse dafür sorgen, dass die Menschen nicht zu leiden hätten. (kes)

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