Experte ordnet ein
«Die Mall of Switzerland war von Anfang an ein schwieriges Projekt»

Schon wieder kommt es bei der Mall of Switzerland zu einem Betreiberwechsel. Experte Stefan Nertinger erklärt die Sorgen und Nöte der kleinen, mittleren und grossen Einkaufscenter. Und schaut für Blick in die Zukunft.
Publiziert: 03.05.2022 um 18:34 Uhr

Die Mall of Switzerland in Ebikon LU kommt einfach nicht richtig in die Gänge. Fünf Jahre nach der Eröffnung starten im zweitgrössten Einkaufscenter der Schweiz bereits zum dritten Mal neue Betreiber. Diesmal sollen es die Holländer der Firma Multi Corporation aus Amsterdam richten. Und die 65'000 Quadratmeter grosse Mall endlich zum Fliegen bringen.

«Das sind definitiv überdurchschnittlich häufige Wechsel», sagt Stefan Nertinger (38), Professor für strategisches Management an der Ostschweizer Fachhochschule (OST) zu Blick. «Vor allem kommen immer wieder schweizfremde Akteure zum Zug.» Die Mall of Switzerland sei von Anfang an ein schwieriges Projekt mit grosser Konkurrenz in der näheren Umgebung gewesen.

«Die Leute sollen eine gute Zeit verbringen»

«Dabei waren sie von Anfang an innovativ», sagt der Experte. Das Erlebnis stehe im Mittelpunkt. «Es gibt Kinos, einen Surfpark und Gastronomie. Grundsätzlich ist die Mall of Switzerland gut aufgestellt.» Wer heute als grosses Einkaufscenter Erfolg haben wolle, der müsse zur Destination werden, den Kunden ein Erlebnis bieten. Etwa auch ein Fitnesscenter oder Ärzte im Haus haben. Denn: «Die Leute sollen eine gute Zeit verbringen.» Dann werden sie am Ende des Tages auch das Einkaufswägeli füllen.

Die Mall of Switzerland in Ebikon wechselt schon wieder den Betreiber aus.
Foto: Anja Wurm
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Für Nertinger ist klar, dass es in den nächsten Jahren zu einer Flurbereinigung bei den Schweizer Einkaufscentern kommen wird. Vor allem bei kleineren Häusern, die ihr Angebot verstärkt in Richtung Nahversorgung mit Food und Non-Food wie Tiernahrung und einem Arzt ausgebaut haben. «Gerade während der Corona-Krise haben sie stark profitiert. Grosse wie das Glatt, die auch auf Fashion und Unterhaltungselektronik setzen, hingegen hatten Mühe», weiss Nertinger.

Fashion wird zum Problem

Die zwei Corona-Jahre hätten die Bereinigung gebremst, weil die Kunden wieder möglichst nahe einkaufen wollten. «Zudem wurde nichts mehr investiert.» Das dürfte sich nun rächen. «Probleme haben auch Zentren an schlechten Lagen, die vor allem auf Fashion setzen», sagt Nertinger.

Mit Ende der Corona-Krise würden die Konsumenten nun aber wieder vermehrt Einkaufscenter aufsuchen, wo sie an einem Ort alle Einkäufe erledigen können. «Die grössten 10 bis 15 Einkaufscenter werden bleiben», glaubt er. «Auch ein Glatt hat seine Berechtigung. Nach Corona werden Innenstädte und Hochfrequenzlagen wie grosse Bahnhöfe aber wieder zulegen.» Das Geschäft dürfte also schwierig bleiben.

Einkaufscenter auf der grünen Wiese

Probleme sieht er vor allem bei Einkaufscentern auf der grünen Wiese. Und bei mittelgrossen Malls, denen Ankermieter wie Migros oder Coop wegbrechen. Oder der Kleider-Gigant H&M, wie das kürzlich dem Center Rosenberg in Winterthur ZH passiert ist.

«Wenn die gehen, verlieren die Center an Attraktivität. Sie haben relativ wenig Chancen. Ausser sie zeichnen sich durch viele Parkplätze und sehr gute Erreichbarkeit aus oder haben noch einen grossflächigen Fachmarkt wie ein Möbelgeschäft unter dem Dach.» Als gutes Beispiel nennt Experte Nertinger den Gallus-Markt in St. Gallen mit seinem grossen Coop und dem Fachmarkt Bau + Hobby.

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