Finanzexperte vom Vergleichsdienst Comparis warnt
Negativzinsen schon ab erstem Franken

Geld zahlen, statt Geld bekommen: Das ist in Zeiten von Negativzinsen für immer mehr Bankkunden Realität. Und es könnten noch deutlich mehr werden. Besonders Neukunden von Kantonalbanken und Privatbanken dürften das spüren, glaubt der Finanzexperte von Comparis.
Publiziert: 10.12.2019 um 16:37 Uhr
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Aktualisiert: 10.12.2019 um 17:51 Uhr
Bei der Zürcher Kantonalbank zahlen Kunden teils schon ab 100'000 Franken Negativzinsen.
Foto: Keystone
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Julia Fritsche

Erst vor wenigen Tagen hat die Zürcher Kantonalbank aufgeschreckt. Kunden mit Vermögen ab 100'000 Franken müssen Negativzinsen entrichten. Schon gegen 2500 Kantonalbank-Kunden sind von der Strafe auf Barem betroffen. Doch es kommt wohl noch schlimmer, warnt jetzt Comparis-Finanzexperte Frédéric Papp.

«Banken könnten zusätzlich zu den Kontoführungsgebühren Negativzinsen auf Einlagen von Neukunden ab dem ersten Franken erheben», sagt er. Auch 2020 und in den folgenden Jahren sei kein Ende des Negativzinsregimes in Sicht. Und: «Je länger die Negativzinsen anhalten und je expansiver die Geldpolitik der Notenbanken, desto schwerer wiegt der Druck auf die Banken, Negativzinsen einem breiteren Kundenpublikum zu belasten.»

Negativzinsen zur Abschreckung

Das harte Regime der Banken trifft vor allem Neukunden, meldet der Vergleichsdienst heute in einer Mitteilung. Solche also, die ihre Bank wechseln wollen. Banken würden so eine Mauer hochziehen, erklärt Papp.

Besonders Banken mit hohen Bargeldbeständen stünden unter Druck, Negativzinsen schon ab tiefer Hürde an Neukunden weiterzugeben, erklärt der Finanzexperte gegenüber BLICK. Das Problem: Die Nationalbank verrechnet den Banken für Einlagen ihrer Gelder schon seit fast fünf Jahren Negativzinsen.

Papp geht davon aus, dass hauptsächlich zwei Typen Banken die Hürden für Negativzinsen weiter senken dürften. Zum einen Kantonalbanken mit Staatsgarantie – also alle, ausser die Berner, Waadtländer und Genfer Kantonalbank. «Diese sind bei Sparern besonders beliebt. Damit ist aber auch die Gefahr gross, dass sie mit Neugeldern überschwemmt werden», so der Experte. Genau das aber wollen die Banken vermeiden.

Der zweite Typ sind die sogenannten Vermögensverwaltungsbanken. «Diese tätigen in der Regel keine Kreditgeschäfte. Geld, das ungenutzt auf dem Konto liegt, kostet sie somit nur Geld», erklärt Papp deren Interesse an Negativzinsen.

Zwang zur Anlage

Verschont vor Negativzinsen werden Kunden, etwa bei der Postfinance, wenn sie weitere Dienste der Bank nutzen. Eine Verkaufsmasche? «Für die Banken sind Negativzinsen auch eine Chance, anlagefaule Kunden zum Geldanlegen zu bewegen und auf diese Weise Kommissionen und Gebühren zu kassieren», bestätigt Papp. Wer keine Anlage will, muss zahlen oder eine andere Bank suchen.

Anders als Neukunden müssen Bestandeskunden momentan noch keine grosse Angst vor Negativzinsen haben. «Banken werden sich hüten, von solchen Kunden Negativzinsen zu verlangen. Denn es besteht das Risiko eines Bankruns.» Also dass Kunden en masse ihre Konten räumen.

Finma besorgt

Dieses Risiko tönt auch die Finanzmarktaufsicht Finma an. In ihrem Risikomonitor heisst es in punkto Niedrigzinsumfeld und Kundenverhalten: «Das Tiefzinsumfeld könnte die Banken dazu bewegen, negative Zinsen auf breite Kundenkategorien anzuwenden.» Es sei schwierig abzuschätzen, wie die Kunden darauf reagieren würden. «Es gefährdet aber potenziell bis anhin stabile Kundeneinlagen als Finanzierungsquelle.»

Ein Gutes hat das Tiefzinsumfeld. Zumindest für jene, die eine Hypothek aufnehmen. Im Durchschnitt wird für eine zehnjährige Festhypothek aktuell nur gut 1 Prozent verlangt. Experte Papp glaubt auch, dass die Hypothekarzinsen über alle Laufzeiten weiterhin tief bleiben.

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