Forscher-Paar des Impfstoffherstellers Biontech macht Hoffnung
Ende der Lockdown-Massnahmen im Herbst

Dieses Forscher-Ehepaar macht Mut. Biontech-Gründer Uğur Şahin und seine Frau Özlem Türeci sprechen in einem Interview über Erfolge der Impfstrategien gegen das Coronavirus. Und ab wann die Pandemie endlich besiegt sein könnte.
Publiziert: 21.03.2021 um 13:02 Uhr
|
Aktualisiert: 28.03.2021 um 21:41 Uhr

Wann haben wir die Pandemie endlich im Griff? Global und auch in der Schweiz stellt man sich täglich diese Frage. Biontech-Gründer und Chef, Uğur Şahin (55), macht Hoffnung. Seine deutsche Firma hat zusammen mit dem Pharmagiganten Pfizer einen Corona-Impfstoff auf den Markt gebracht, mit dem in der Schweiz derzeit am meisten gepikst wird.

«In vielen Ländern in Europa und in den USA werden wir wahrscheinlich Ende dieses Sommers in der Situation sein, nicht mehr in einen Lockdown zu müssen», sagt Şahin im Interview mit der «Welt am Sonntag» (hinter Bezahlschranke). Es werde natürlich weiterhin lokale Ausbrüche geben. «Das wird ein Hintergrundrauschen bleiben.»

Beherrschbar werde die Lage vielerorts, wenn rund 70 Prozent der Bevölkerung eines Landes durchgeimpft seien, so der Impfstoffhersteller.

Erhielten kürzlich das deutsche Bundesverdienstkreuz: Biontech-Gründer Uğur Şahin (r.) und Özlem Türeci.
Foto: imago
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Mutationen werden wohl «keinen Schrecken verbreiten»

Ein mögliches Ende der Lockdown-Massnahmen sieht er im Herbst, doch Mutationen werde es weiterhin geben. «Aber diese werden mit grosser Wahrscheinlichkeit keinen Schrecken verbreiten. Man muss den Impfstoff anpassen. Darauf bereiten wir uns heute vor.»

Ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie hat Biontech nach eigenen Angaben ungefähr 30 Millionen Dosen an die EU ausgeliefert. Weil pro Person zwei Dosen notwendig sind, reichte diese Menge bislang für die Durchimpfung von rund 15 Millionen Personen. «Wir sind da gut unterwegs», sagt Şahin.

Mehr Phantasie beim Impfen wünschenswert

Der Biontech-Gründer wirbt im Interview mit dem deutschen Sonntagsblatt für mehr Pragmatismus und Phantasie beim Impfen. «In Israel können die Menschen bei Ikea und in der Bar geimpft werden. Junge Leute kriegen sogar noch eine Flasche Bier dazu.» Das sei durchaus auf andere Impfkampagnen übertragbar.

RNA-Technik erklärt

Bei der neuen Impfung wird nur der Bauplan eines Virusproteins verabreicht. Das reicht für die Antikörperproduktion.

Bei der neuen Impfung wird nur der Bauplan eines Virusproteins verabreicht. Das reicht für die Antikörperproduktion.

Laut Şahin wird das Virus nicht verschwinden. «Ob man jedes Jahr oder alle fünf Jahre eine Impfung braucht, das müssen wir sehen.» Erstmal gelte es, die Kontrolle über die Situation zu haben. Weltweit. «Bis dahin wird es mindestens ein Jahr dauern», so Şahin, der mit seiner Frau und Forscherin Özlem Türeci (54) kürzlich mit dem deutschen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. (uro)

Pfizer/Biontech

Die erste Impfhoffnung im Kampf gegen das Coronavirus heisst «Comirnaty». So lautet der Handelsname des Vakzins, das vom Mainzer Unternehmen Biontech gemeinsam mit dem US-Pharmamulti Pfizer entwickelt wurde. Dabei kommt eine neuartige Technologie erstmals zum Einsatz, ein sogenannter mRNA-Impfstoff. Dabei wird eine Art Botenmolekül gespritzt, das Informationen enthält, die unsere eigenen Zellen benötigen, um ein Virusmerkmal zu produzieren, das die gewünschte Immunantwort auslöst.

Zulassung: Grünes Licht in der Schweiz seit dem 19. Dezember 2020.

Haltbarkeit: Die grösste Schwierigkeit sind Transport und Lagerung bei minus 70 Grad. Am Einsatzort angekommen, kann der Impfstoff lediglich bis zu fünf Tage bei Kühlschranktemperaturen aufbewahrt werden.

Wirksamkeit: Der Schutz vor einer Ansteckung liegt bei 95 Prozent eine Woche nach der zweiten Impfung.

Kosten: Rund 13 Franken für eine Impfdosis.

Nebenwirkungen: Eine Studie zeigt Folgen wie vorübergehende Schmerzen an der Impfstelle, Kopfschmerzen oder Müdigkeit, die allerdings meist mässig bis schwach auftreten und schnell abklingen. Allergische Reaktionen in seltenen Fällen.

Bestellmenge: 3 Millionen Impfdosen.

Die erste Impfhoffnung im Kampf gegen das Coronavirus heisst «Comirnaty». So lautet der Handelsname des Vakzins, das vom Mainzer Unternehmen Biontech gemeinsam mit dem US-Pharmamulti Pfizer entwickelt wurde. Dabei kommt eine neuartige Technologie erstmals zum Einsatz, ein sogenannter mRNA-Impfstoff. Dabei wird eine Art Botenmolekül gespritzt, das Informationen enthält, die unsere eigenen Zellen benötigen, um ein Virusmerkmal zu produzieren, das die gewünschte Immunantwort auslöst.

Zulassung: Grünes Licht in der Schweiz seit dem 19. Dezember 2020.

Haltbarkeit: Die grösste Schwierigkeit sind Transport und Lagerung bei minus 70 Grad. Am Einsatzort angekommen, kann der Impfstoff lediglich bis zu fünf Tage bei Kühlschranktemperaturen aufbewahrt werden.

Wirksamkeit: Der Schutz vor einer Ansteckung liegt bei 95 Prozent eine Woche nach der zweiten Impfung.

Kosten: Rund 13 Franken für eine Impfdosis.

Nebenwirkungen: Eine Studie zeigt Folgen wie vorübergehende Schmerzen an der Impfstelle, Kopfschmerzen oder Müdigkeit, die allerdings meist mässig bis schwach auftreten und schnell abklingen. Allergische Reaktionen in seltenen Fällen.

Bestellmenge: 3 Millionen Impfdosen.

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Moderna

Der Moderna-Impfstoff ist ein sogenannter mRNA-Impfstoff. Das heisst, nach der Impfung haben Körperzellen eine Art Bauplan, um Abwehrstoffe, also Antikörper und T-Zellen, gegen das Corona-Protein zu bilden. Wenn die geimpfte Person später in Kontakt mit diesem Coronavirus kommt, wird dieser schnell durch das Immunsystem erkannt und gezielt bekämpft. Eine zentrale Rolle spielt der Moderna-Partner Lonza im Wallis, der bis Ende 2021 rund 300 Millionen Impfdosen produzieren will.

Zulassung: Die Schweiz hat den Moderna-Impfstoff bereits zugelassen. Auch in den USA und der EU ist er bereits am Markt.

Wirksamkeit: Die Impfung schützt zu 94,5 Prozent vor einer Ansteckung und zu 100 Prozent vor einem schweren Verlauf. Impfschutz ist eine Woche nach der zweiten Dosis (innert vier Wochen) erreicht.

Haltbarkeit: Bei minus 20 Grad bis zu sechs Monate und ein Monat bei Kühlschranktemperaturen (2 bis 8 Grad).

Kosten: Der teuerste Pikser für knapp 16 Franken.

Nebenwirkungen: Geringes Risiko für eine schwere allergische Reaktion, häufig Schmerzen an der Einstichstelle, Fieber, Muskel- oder Gelenkschmerzen, Müdigkeit oder auch Erbrechen.

Bestellmenge: Erst bestellte die Schweiz 7,5 Millionen Impfdosen. Mit einem zweiten Vertrag sicherte sich die Schweiz Zugang zu weiteren 6 Millionen Impfdosen.

Stéphane Bancel (48), Chef von Moderna Therapeutics vor dem Hauptsitz in den USA.
Bloomberg via Getty Images

Der Moderna-Impfstoff ist ein sogenannter mRNA-Impfstoff. Das heisst, nach der Impfung haben Körperzellen eine Art Bauplan, um Abwehrstoffe, also Antikörper und T-Zellen, gegen das Corona-Protein zu bilden. Wenn die geimpfte Person später in Kontakt mit diesem Coronavirus kommt, wird dieser schnell durch das Immunsystem erkannt und gezielt bekämpft. Eine zentrale Rolle spielt der Moderna-Partner Lonza im Wallis, der bis Ende 2021 rund 300 Millionen Impfdosen produzieren will.

Zulassung: Die Schweiz hat den Moderna-Impfstoff bereits zugelassen. Auch in den USA und der EU ist er bereits am Markt.

Wirksamkeit: Die Impfung schützt zu 94,5 Prozent vor einer Ansteckung und zu 100 Prozent vor einem schweren Verlauf. Impfschutz ist eine Woche nach der zweiten Dosis (innert vier Wochen) erreicht.

Haltbarkeit: Bei minus 20 Grad bis zu sechs Monate und ein Monat bei Kühlschranktemperaturen (2 bis 8 Grad).

Kosten: Der teuerste Pikser für knapp 16 Franken.

Nebenwirkungen: Geringes Risiko für eine schwere allergische Reaktion, häufig Schmerzen an der Einstichstelle, Fieber, Muskel- oder Gelenkschmerzen, Müdigkeit oder auch Erbrechen.

Bestellmenge: Erst bestellte die Schweiz 7,5 Millionen Impfdosen. Mit einem zweiten Vertrag sicherte sich die Schweiz Zugang zu weiteren 6 Millionen Impfdosen.

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Astrazeneca

Der britisch-schwedische Pharmariese Astrazeneca hat diesen vektorbasierten Impfstoff zusammen mit der Universität Oxford entwickelt. Vektorbasiert, das heisst sogenannte Vektorviren lösen in menschlichen Immunzellen die Produktion von Antikörpern gegen das neuartige Coronavirus aus. Dieses Verfahren hat sich bereits bei einem Impfstoff gegen Ebola bewährt.

Zulassung: Das Gesuch ist in der Schweiz und in der EU in Prüfung. In Grossbritannien wird seit Anfang Januar dank einer Notzulassung geimpft. Letztere gibt es in der Schweiz nicht.

Wirksamkeit: 14 Tage nach der zweiten Impfung soll die Wirksamkeit bei über 70 Prozent liegen.

Haltbarkeit: Bei Kühlschranktemperatur (2–8 Grad) bis zu sechs Monate.

Kosten: Der bislang günstigste Impfstoff für knapp zwei Franken pro Piks.

Nebenwirkungen: Erste Auswertungen zeigen eine allgemein gute Verträglichkeit, leichte Impfnebenwirkungen möglich (Fieber, Müdigkeit, Rötung der Einstichstelle).

Bestellmenge: 5,3 Millionen Impfdosen.

Pascal Soriot (61), Chef des britisch-schwedischen Pharmariesen Astrazeneca, hat das Pharmahandwerk unter anderem bei Roche gelernt.
Bloomberg via Getty Images

Der britisch-schwedische Pharmariese Astrazeneca hat diesen vektorbasierten Impfstoff zusammen mit der Universität Oxford entwickelt. Vektorbasiert, das heisst sogenannte Vektorviren lösen in menschlichen Immunzellen die Produktion von Antikörpern gegen das neuartige Coronavirus aus. Dieses Verfahren hat sich bereits bei einem Impfstoff gegen Ebola bewährt.

Zulassung: Das Gesuch ist in der Schweiz und in der EU in Prüfung. In Grossbritannien wird seit Anfang Januar dank einer Notzulassung geimpft. Letztere gibt es in der Schweiz nicht.

Wirksamkeit: 14 Tage nach der zweiten Impfung soll die Wirksamkeit bei über 70 Prozent liegen.

Haltbarkeit: Bei Kühlschranktemperatur (2–8 Grad) bis zu sechs Monate.

Kosten: Der bislang günstigste Impfstoff für knapp zwei Franken pro Piks.

Nebenwirkungen: Erste Auswertungen zeigen eine allgemein gute Verträglichkeit, leichte Impfnebenwirkungen möglich (Fieber, Müdigkeit, Rötung der Einstichstelle).

Bestellmenge: 5,3 Millionen Impfdosen.

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