Fragen und Antworten
Das bedeutet die Inflation für die Schweiz

Die Jahresteuerung in der Schweiz ist mit 2,8 Prozent so hoch wie seit langem nicht mehr. Ein rasches Ende ist nicht in Sicht. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zur Inflation in der Schweiz.
Publiziert: 04.01.2023 um 14:26 Uhr
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Aktualisiert: 04.01.2023 um 15:22 Uhr
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Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

Alles wird teurer. Im Frühling machte sich die Inflation zuerst an der Zapfsäule bemerkbar. Später stiegen auch die Heizkosten. Seit diesem Jahr spürt die Schweizer Bevölkerung die Teuerung nun auch bei der Stromrechnung und den Mieten. Auch für Lebensmittel müssen Konsumentinnen und Konsumenten immer tiefer in die Taschen greifen.

Die neusten Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) vom Mittwochmorgen zeigen: Die Jahresteuerung in der Schweiz lag 2022 bei 2,8 Prozent. Aber was bedeutet das genau? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist Inflation?

Inflation, auch Teuerung genannt, ist ein Kaufkraftverlust. Das Geld verliert an Wert und die Güter werden deshalb für die Konsumenten teurer. Die Jahresteuerung lag in der Schweiz 2022 bei 2,8 Prozent. Das heisst, Güter waren 2022 um 2,8 Prozent teurer als im Vorjahr.

Die Inflation ist in der Schweiz so hoch wie seit Jahren nicht mehr.
Foto: Keystone
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So hoch war die Inflation zuletzt 2008. Damals hatte die Finanzkrise die Inflation entfacht. Eine Inflation von über 3 Prozent hat es zuletzt 1993 gegeben – also vor fast 30 Jahren.

Weshalb liegt die Inflation 2022 so hoch wie schon lange nicht mehr?

Wegen der Corona-Pandemie hat die Schweiz sehr viel Geld ausgegeben. Dank Kurzarbeitsentschädigung und weiteren Unterstützungsmassnahmen blieb die Schweizer Wirtschaft stabil.

Danach hat sich die Wirtschaft überhitzt. Die Nachfrage explodierte regelrecht, die Unternehmen kamen gar nicht hinterher mit Produzieren. Weil Güter knapp waren, wurden sie teurer. «Inflation entsteht, wenn die Nachfrage schneller wächst als das Angebot», erklärt Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann (56).

Der Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar verschärfte die Krise zusätzlich. Die Güter wurden noch knapper und deshalb noch teurer. Zusätzlich stiegen die Energiepreise schlagartig. Der Grund: Europa und somit auch die Schweiz hatten bis Kriegsausbruch einen Grossteil des Gases aus Russland bezogen.

Auch Erdöl (und damit auch das Benzin an der Zapfsäule) wurde nach Kriegsausbruch zuerst teurer. Denn Russland liefert neben Gas auch Öl. Der Erdölpreis erholte sich aber schnell, weil russisches Öl leichter ersetzbar ist. Europa kann etwa auf Öl aus Nordafrika oder von der arabischen Halbinsel zurückgreifen.

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Wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich da?

Im internationalen Vergleich hält sich die Schweiz wacker. In Deutschland betrug die Jahresinflation 2022 satte 7,9 Prozent. Seit der Gründung der Bundesrepublik war diese noch nie so hoch. Auch in den USA bewegte sich die Teuerung im letzten Jahr zwischen 7,0 und 9,1 Prozent.

Kommt hinzu, dass in der Schweiz – anders als im Ausland – gewisse Preise nicht nur dem Markt folgen. Der Strommarkt etwa ist in der Schweiz für Privatkunden nicht liberalisiert. Wir profitierten daher noch bis Ende 2022 von tieferen Strompreisen. Auch Mieten reagieren nicht unmittelbar auf die Inflation. Dadurch werden Schweizer Haushalte entlastet.

Welche Güter sind am stärksten betroffen?

Am stärksten sind die Preise von Erdölprodukten, Gas und Automobilen gestiegen. Aber auch die Wohnkosten zogen besonders stark an, insbesondere wegen gestiegener Nebenkosten.

Zudem sind die Preise von Importgütern deutlich stärker gestiegen als die Preise von einheimischen Produkten. Ohne den starken Schweizer Franken wären die Preise für Importe noch deutlich höher.

Was kann die Schweiz gegen die Inflation tun?

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) kämpft mittels Leitzinserhöhungen gegen die Inflation. Dies hat sie 2022 bereits mehrfach getan. Höhere Zinsen verteuern Investitionen und bremsen die Nachfrage. Die Krux: Werden die Zinsen zu stark erhöht, würgt die SNB damit die Wirtschaft ab. Eine Gratwanderung.

Die Konsumentinnen und Konsumenten selber können gegen die Inflation nicht viel unternehmen. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als für die gleichen Produkte tiefer in die Tasche zu greifen. Oder weniger einzukaufen. Dies wiederum würde zum Bumerang für die schwächelnde Schweizer Wirtschaft.

«Wichtig ist, dass die Leute mit knappem Budget den vollen Teuerungsausgleich bekommen – durch die Sozialhilfe oder durch Lohnerhöhungen», findet Straumann.

Ist ein Ende der Inflation in Sicht?

Obwohl sich die Inflation in den letzten Monaten bereits wieder abgeschwächt hat, ist ein baldiges Ende nicht in Sicht. Anfang Jahr ziehen nun auch die Mieten stark an. Und auch das Heizen wird 2023 deutlich teurer, was die Nebenkosten zusätzlich nach oben treibt. Straumann rechnet mit weiteren Steigerungen.

Trotzdem ein Lichtblick: «Die Prognosen sind nicht mehr so düster, wie sie im Sommer 2022 waren», sagt Straumann. Obwohl sich aufgrund der Inflation das Wirtschaftswachstum zwar deutlich verlangsamen werde, wird es 2023 vermutlich keine Rezession geben.

Wie steht es um die Schweizer Wirtschaft?

Wie der internationale Vergleich zeigt, steht es um die Schweizer Wirtschaft nicht schlecht. Hier spielt der starke Schweizer Franken eine tragende Rolle.

Die übrigen Währungen wie der Dollar und auch der Euro wurden gegenüber dem Franken schwächer. Die Schweiz kann deshalb beispielsweise günstiger Öl oder andere Produkte aus der EU importieren. Straumann sagt: «Die Aufwertung des Schweizer Frankens hat den Anstieg der Importpreise gedämpft.»

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