Für BLICK öffnet Serafe erstmals die Türen
So tickt die neue Gebühren-Eintreiberin

Ab 1. Januar 2019 übernimmt die Serafe AG die Aufgaben der Billag. Das Erbe könnte leichter sein. Für BLICK hat Serafe-Chef Werner Krauer erstmals die Türen geöffnet.
Publiziert: 15.10.2018 um 11:29 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2019 um 18:02 Uhr
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Er tritt das schwere Erbe der «Billag» an
2:11
«Serafe AG»-Chef Krauer:Er tritt das schwere Erbe der «Billag» an
Konrad Staehelin (Text) und Thomas Meier (Fotos)

Hätte man es sprachlich ganz genau genommen, hätte das Stimmvolk am 4. März nicht die No-Billag-Initiative mit 71,6 Prozent versenkt, sondern die No-Serafe-Vorlage. Denn die Gebühreneintreiberin Billag lag da schon seit einem Jahr auf dem Sterbebett. Selbst bei einem Volks-Ja zu No Billag wäre keine einzige zusätzliche Rechnung von der Billag AG in den Briefkästen gelandet.

Schon am 7. März 2017 hatte das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) entschieden: Die Billag würde auf den 1. Januar 2019 nach 21 Jahren ihren Auftrag verlieren, die Rundfunkgebühren einzutreiben.

Neuer Herr über die Rechnungen: Werner Krauer.
Foto: Thomas Meier
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Ganz nüchtern

An eben die Serafe (Schweizerische Erhebungsstelle für die Radio- und Fernsehabgabe.) Die Betonung liegt auf dem ersten E, das zweite wird ausgesprochen. Und so nüchtern der Name ist auch der Auftritt. Schaltete die Billag lustige TV-Werbespots und inszeniert sich farbig, ist Serafe schwarz-weiss.

Liegen die Büros der Billag im Zentrum von Freiburg, befinden sich die der Serafe in Fehraltorf ZH, einem 6500-Einwohner-Ort irgendwo zwischen lieblicher Oberland-Gemeinden, wo man sich noch Grüezi sagt, und modernem Agglo-Pendler-Schlafort mit Schnellstrasse. Und Industriegebiet, wo Serafe die Büros hat. Die Nachbarn sind eine Bautechnik-Bude und eine Firma für Türautomation.

Vor wenigen Tagen haben die ersten der zukünftig 25 Mitarbeiter hier ihre Arbeitsplätze bezogen. Geschäftsführer Werner Krauer (52) empfängt BLICK als erstes Medium in den Räumen, von wo aus er ab kommendem Januar bis zu 1,2 Milliarden Franken für die SRG eintreiben wird. Und 81 Millionen für die privaten Rundfunkstationen im sogenannten Gebührensplitting. Plus ein paar Zerquetschte für Aufgaben des Bakom.

Im Januar verschickt Serafe 3,5 Millionen Briefe

1990 hat Krauer – verheiratet, ein Sohn – hier die Aktienmehrheit der Secon AG übernommen, einer Inkassofirma für Krankenkassen. Weil die Secon meinte, mit ihrer Software auch die Rundfunkgebühren effizient eintreiben zu können, gründete sie 2016 eine Tochterfirma, die Serafe, bewarb sich an der öffentlichen Ausschreibung um den Gebühren-Auftrag. Und stach Anfang 2017 überraschend die Billag aus.

Die meisten Arbeitspulte sind noch leer. In der einen Ecke liegen noch Zügelkartons. Gerade sind Vertreter der Post im Haus, mit denen Krauers Mitarbeiter Details zum Versand besprechen. Schliesslich erhalten im Januar 3,5 Millionen Schweizer Haushalte einen Brief von ihm.

«Ganz anderes System»

Wie geht man damit um, eine der unbeliebtesten Firmen im Land zu beerben? Unter anderem, indem man eine Sicherheitsschleuse einbaut. «Man kennt das von den Krankenkassen», erklärt Krauer. 

Krauers Kommunikationschef Erich Heynen (56) wird deutlicher: «Ich will nicht den Teufel an die Wand malen. Aber wir sind uns selbstverständlich bewusst, dass wir Rechnungen und Mahnungen verschicken – und keine Teddybären.»

Man weiss bei der Serafe, dass es schwierig wird, sich als Billag-Nachfolgerin ein anständiges Image aufzubauen. Auch oder gerade, weil die Billag nicht aus eigenem Verschulden bei vielen unbeliebt war. Also soll alles neu sein, anders als zuvor. Ganz bewusst. Oder welche andere 25-Mann-Firma hat einen eigenen Kommunikationschef?

Der gmögige Krauer schaut, dass das Geschäft läuft, der bissigere Heynen, dass man gegen aussen gut dasteht. Also zum Beispiel nicht zu explizit über die Billag spricht.

«Es ist sicher nicht unsere Rolle, das Image unserer Vorgängerorganisation zu kommentieren», sagt Krauer. Vorgängerorganisation sagt er, nicht Billag. Das ist die Sprachregelung hier. Auch der Begriff Gebühren ist tabu – zu Billag-kontaminiert. Stattdessen spricht Krauer von Abgaben.

Es wird wohl keiner übernommen

«Nach dem Volks-Ja zum neuen RTVG im Juni 2015 arbeiten wir nach einem komplett anderen System.» Die Billag hatte 35 Mitarbeiter, die in den Haushalten kontrollierten, die Serafe braucht das nicht. Von den Billag-Angestellten wird wohl keiner übernommen. Krauer: «Es will kaum einer von Freiburg ins Zürcher Oberland zügeln.»

Zudem ist auch das Geschäft ein anderes. Bearbeiteten viele der 240 Billag-Angestellten die Fälle noch persönlich, wird hier fast alles automatisiert ablaufen. Die nötigen Daten dazu erhält Serafe von den Gemeinden und Kantonen. Wichtig: Die sensiblen Angaben dürfen nicht an die Mutterfirma Secon AG im Stock darüber fliessen. Darum beschäftigt die kleine Serafe neben einem Chef für die Öffentlichkeitsarbeit auch eine Beauftragte für Datenschutz, die vom Bakom kontrolliert wird.

Eine Datenschützerin, ein penibel nüchterner Auftritt – es geht also um Vertrauen. Krauer: «Ich bin zuversichtlich, dass wir nicht zu einer der unbeliebtesten Firmen im Land werden.» Und Kommunikationschef Heynen führt an, dass das Volk die Serafe im Grundsatz schon akzeptiert habe: «71,6 Prozent haben Nein zu No Billag gesagt. Das ist mehr, als 1989 die Armee-Abschaffung ablehnten.»

Das ändert sich nach Billag für die Konsumenten

Zahlte der normale Haushalt bisher gut 450 Franken für Radio und Fernsehen, beträgt die Rechnung ab 2019 nur noch 365 Franken. Der Bundesrat wird den Betrag ab 2020 alle zwei Jahre überprüfen – mit dem Ziel, ihn weiter zu senken.

Daten fliessen automatisch

Anders als bei der Billag muss sich bei der Schweizerischen Erhebungsstelle für die Radio- und Fernsehabgabe für Privathaushalte (Serafe) keiner anmelden oder eine Adressänderung bekannt geben, wenn er umgezogen ist. Denn die Ämter liefern die Daten automatisch an die Serafe. Diese wird im Januar eine erste Rechnung und eine Erklärung dazu an alle 3,5 Millionen Haushalte verschicken.

Gezahlt wird aber gestaffelt, so teilt sich die Serafe ihre Arbeit übers ganze Jahr auf. Ein Zwölftel der Haushalte – zufällig ausgewählt – muss 365 Franken aufs Mal bezahlen. Bei allen anderen wird ein Teilbetrag auf der Rechnung stehen. Den Rest bezahlen sie dann mit einer späteren Rechnung in einem anderen Monat im Jahr 2019. Danach aber gibts nur noch eine Rechnung pro Jahr – oder auf Wunsch auch vierteljährlich.

Kontrolleure nur noch vom Bakom

Drei Ausnahmen gibts ab 2019 noch fürs Nichtzahlen. Die erste gilt für Haushalte, deren Bewohner alle taubblind sind. Zweitens für jene, in denen mindestens eine Person Ergänzungsleistungen bezieht. Und drittens für jene, die kein Empfangsgerät besitzen – also weder Handy, TV, Radio oder Computer. Diese Möglichkeit besteht bis 2023. Wer zur dritten Gruppe gehört, könnte allerdings von einem der zehn Kontrolleure des Bundesamts für Kommunikation (Bakom) Besuch kriegen.

Diese arbeiten heute schon für das Bakom. Ihre Aufgabe bisher: Die 35 Kontrolleure zu unterstützen, die bis Anfang September dieses Jahres für die Billag im Aussendienst unterwegs waren. Diese nämlich durften ihren Zugang zu den Haushalten nicht erzwingen – die Bundesangestellten schon.

 

Zahlte der normale Haushalt bisher gut 450 Franken für Radio und Fernsehen, beträgt die Rechnung ab 2019 nur noch 365 Franken. Der Bundesrat wird den Betrag ab 2020 alle zwei Jahre überprüfen – mit dem Ziel, ihn weiter zu senken.

Daten fliessen automatisch

Anders als bei der Billag muss sich bei der Schweizerischen Erhebungsstelle für die Radio- und Fernsehabgabe für Privathaushalte (Serafe) keiner anmelden oder eine Adressänderung bekannt geben, wenn er umgezogen ist. Denn die Ämter liefern die Daten automatisch an die Serafe. Diese wird im Januar eine erste Rechnung und eine Erklärung dazu an alle 3,5 Millionen Haushalte verschicken.

Gezahlt wird aber gestaffelt, so teilt sich die Serafe ihre Arbeit übers ganze Jahr auf. Ein Zwölftel der Haushalte – zufällig ausgewählt – muss 365 Franken aufs Mal bezahlen. Bei allen anderen wird ein Teilbetrag auf der Rechnung stehen. Den Rest bezahlen sie dann mit einer späteren Rechnung in einem anderen Monat im Jahr 2019. Danach aber gibts nur noch eine Rechnung pro Jahr – oder auf Wunsch auch vierteljährlich.

Kontrolleure nur noch vom Bakom

Drei Ausnahmen gibts ab 2019 noch fürs Nichtzahlen. Die erste gilt für Haushalte, deren Bewohner alle taubblind sind. Zweitens für jene, in denen mindestens eine Person Ergänzungsleistungen bezieht. Und drittens für jene, die kein Empfangsgerät besitzen – also weder Handy, TV, Radio oder Computer. Diese Möglichkeit besteht bis 2023. Wer zur dritten Gruppe gehört, könnte allerdings von einem der zehn Kontrolleure des Bundesamts für Kommunikation (Bakom) Besuch kriegen.

Diese arbeiten heute schon für das Bakom. Ihre Aufgabe bisher: Die 35 Kontrolleure zu unterstützen, die bis Anfang September dieses Jahres für die Billag im Aussendienst unterwegs waren. Diese nämlich durften ihren Zugang zu den Haushalten nicht erzwingen – die Bundesangestellten schon.

 

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