Gestrandeter Hanoi-Hotelier sitzt in Winterthurer Hotel fest
Fritz Schenkel lebt seit letztem Frühling in Zimmer 406

Asien ist seit Jahrzehnten sein Zuhause. Doch statt in seinem Hotel in Vietnam fristet der Schweizer Hotelier Fritz Schenkel seit einem Jahr sein Dasein in einem Winterthurer Hotelzimmer.
Publiziert: 24.04.2021 um 13:19 Uhr
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Aktualisiert: 24.04.2021 um 15:51 Uhr
Ulrich Rotzinger

Schweizer Hoteliers haben in der asiatischen Hotelbranche grosse Trümpfe. Sie gelten als diszipliniert, zielstrebig und zuverlässig. Die Asiaten schätzen ihr Auge fürs Detail. Nicht zuletzt ist es die helvetische Mentalität, die für Dienstleistungen in der Hotelbranche prädestiniert erscheint.

So ein Hotelier ist Fritz Schenkel (69). Gemäss seinem Profil auf der Netzwerkplattform Linkedin ist er aktuell General Manager vom Kempinski Hotel in Shenyang, China. Und wie der «Landbote» berichtet, betreute er zuletzt von Hanoi aus ein Hotelprojekt in Nha Trang im Süden von Vietnam. Dort warte man auf den Schweizer Hotelier bereits ein gutes Jahr. Doch Schenkel sitzt wegen der Corona-Pandemie fest. Und zwar im Zimmer 406 des Park Hotel Winterthur.

Dort lebt der Hotelier aus Hanoi seit letztem Frühling, berichtet die Regionalzeitung weiter. Schenkel kam im Februar 2020 in die Schweiz, die Wohnung seines jüngeren Bruders aufzulösen, der im Juli 2019 überraschend verstarb.

Park Hotel Winterthur: Das ist das Zuhause von ...
Foto: Zvg
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Kein Schnickschnack im Zimmer, die Koffer gepackt

Zwei gepackte Koffer stehen neben der Tür, vier weitere stehen an der Wand neben seinem Bett. Sonst ist im Zimmer kein persönlicher Schnickschnack auszumachen. Der Journalistin fällt ein «akkurat gefaltetes Pyjama und ein unberührter Obstteller» auf. In seinem Beruf müsse man immer auf Stand-by sein. «Vielleicht kann ich in 14 Tagen schon abreisen», scheint sich Schenkel selbst Mut zu machen.

Bei der vietnamesischen Botschaft in Bern lief er die letzten Monate über auf. Ein Arbeitsvisum? Fehlanzeige. «Wir sind auf der schwarzen Liste, weil wir zu viele Corona-Fälle haben», sagt Schenkel dem «Landboten». Phasenweise war er der einzige Gast im Park Hotel. Wie sieht sein typischer Tag aus? Start immer am gleichen Tisch im Restaurant. Ein Joghurt, dazu Kaffee mit kalter Milch.

Der gestrandete Hotelier lässt sich keinesfalls gehen, kleidet sich so, als ob er selbst hier in der Schweiz das Hotel führt. «Als Hotelier besitze ich kein Casual Wear.»

Dank E-Mail in Kontakt mit vietnamesischen Angestellten

Kontakt hält er zu den Mitarbeitenden in Vietnam mittels E-Mail. Das macht er meist nach dem Frühstück, besetzt dazu die Internet-Ecke im Hotel. Darum kämpfen muss er nicht bei der aktuellen tiefen Belegung des Hotels.

Mittags gibts was vom Take-away. Schenkel ist gemäss eigenen Angaben überall Stammgast. Nachmittags mietet sich der gelernte Baur-au-Lac-Koch manchmal ein Auto und fährt zum Zeitvertreib in der Gegend um Winterthur herum.

Abends, im Zimmer, schaltet er den TV an. Ein Must: die «Tagesschau» oder «Mini Schwiiz, dini Schwiiz».

Immerhin: An den Wochenenden ist wieder etwas los in seinem Hotel. Schenkel spricht von zwischen 40 und 50 Gästen, die jeweils ein Zimmer buchten, um mal wieder auswärts zu essen. Am Sonntag sei der Spuk dann wieder vorbei, ab Montag sei es wieder gespenstisch leer.

Was er für sein Zimmer im Park Hotel zahle, will der «Landbote» wissen. Über 200 Franken koste es normalerweise pro Nacht, aber er zahle den halben Preis. «Das ist sehr anständig», sagt Schenkel, der dem Hoteldirektor hoch anrechnet, dass er das Hotel offen liess.

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