«Ich gehe da nie mehr hin»
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Schwyzer enttäuscht:«Ich gehe da nie mehr hin»

Gesundheitsdirektor Damian Meier über die Rolle des Kantons Schwyz
«Je weniger staatlicher Einfluss, desto besser»

Das Spital Einsiedeln steht – erneut – in der Kritik. Nun äussert sich der zuständige Schwyzer Gesundheitsdirektor Damian Meier zu den Vorgängen am Spital, den kantonalen Inspektionen – und der Zukunft der Schwyzer Spitallandschaft.
Publiziert: 22.11.2023 um 00:56 Uhr
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Aktualisiert: 22.11.2023 um 06:27 Uhr
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Sarah FrattaroliStv. Wirtschaftschefin

«Der heutige Tag läuft etwas anders als geplant», sagt der Schwyzer Gesundheitsdirektor Damian Meier (49) mit einem Schmunzeln, als er Blick am Dienstag kurzfristig zum Interview empfängt. Das Büro des FDP-Politikers liegt im Kantonshauptort Schwyz, rund eine halbe Autostunde vom Spital Einsiedeln entfernt, das dieser Tage erneut in die Negativschlagzeilen geraten ist. Meiers Büro bietet Sicht auf die Mythen – doch an diesem regnerischen Nachmittag verstecken sich die Berggipfel hinter den Wolken.

Blick: Was lösen die Schlagzeilen zum Spital Einsiedeln bei Ihnen aus?
Damian Meier:
Das erfüllt mich mit Sorge und beschäftigt mich. Die Gesundheitsversorgung ist zentral und für die Menschen emotional. Wobei ich auch sagen muss, dass wir über die Situation im Spital Einsiedeln Bescheid wissen. Das kam für uns nicht überraschend. Und wir haben in gewissen Punkten einen etwas anderen Eindruck.

Welchen?
Die kritische Medienberichterstattung letzten Sommer – auch im Blick – bewog uns, im November 2022 eine erste umfassende Inspektion im Spital Einsiedeln zu machen. Wir sind als Kanton nicht Miteigentümer der drei Akutspitäler in unserem Kanton. Aber wir nehmen über die Leistungsaufträge Einfluss. Und wir haben die Aufsicht. Wenn wir von Missständen hören, sind wir gefordert. Mittels der ersten umfassenden Inspektion im November 2022 sind wir tätig geworden.

Der Schwyzer Gesundheitsdirektor Damian Meier ist wegen der Negativschlagzeilen zum Spital Einsiedeln besorgt.
Foto: Sarah Frattaroli
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Wie genau haben Sie das Spital inspiziert?
Das haben Fachleute gemacht, unsere eigenen und externe. Sie haben sich die Abläufe angeschaut, mit Schlüsselpersonen gesprochen, sich Dokumentationen zeigen lassen, Stichproben gemacht. 

Sie haben nach der Inspektionen einen 130-seitigen Bericht verfasst, den Sie unter Verschluss halten. Was steht da drin?
Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, kann ich sagen, dass wir vom Spital Einsiedeln in gewissen Punkten Nachbesserungen verlangt haben. Wichtig ist aber zu betonen: Es waren keine Punkte, die sofortiges Handeln verlangten. Im Zentrum steht für uns die Patientensicherheit. Wir sind nicht auf Dinge gestossen, die die Patientensicherheit gefährdet hätten.

Dennoch haben Sie dem Spital einen ganzen Katalog an Massnahmen auferlegt. Wurden diese umgesetzt?
Wir haben dem Spital Fristen gesetzt und Rapporte verlangt. Diesen November haben wir eine Folge-Inspektion vorgenommen. Wir stecken noch mitten in der Detailauswertung. Was ich jetzt schon sagen kann: Auch diesmal sind wir nicht auf Sachverhalte gestossen, die eine sofortige Intervention erfordert hätten.

Steht zur Debatte, dem Spital Leistungsaufträge zu entziehen?
Wir befinden uns gerade mitten im Prozess der Neuvergabe der Leistungsaufträge bis 2025. Da werden wir natürlich diskutieren, ob die Spitäler die Leistungsaufträge, die sie beantragt haben, auch so erbringen, wie wir uns das vorstellen.

Politiker riskieren bei Spitalschliessungen den Kopf

Der Schwyzer Gesundheitsdirektor Damian Meier (49) dürfte alles daran setzen, dass das Spital Einsiedeln erhalten bleibt – interne Kritik hin oder her. Spitalschliessungen kommen bei der Bevölkerung für gewöhnlich schlecht an. In anderen Kantonen wurden Regierungsräte für Spitalschliessungen schon abgewählt. So büsste in St. Gallen im Jahr 2004 etwa der damalige CVP-Regierungsrat Anton Grüninger seinen Posten ein, weil die Spitäler Altstätten, Flawil und Wattwil zugehen sollten. Seine Abwahl hat die Spitalschliessungen verzögert, aber nicht verhindert.

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel des Kantons Zürich: Die damalige Gesundheitsdirektorin Verena Diener (74) schloss ab 1996 zehn Regionalspitäler, darunter jene in Thalwil, Pfäffikon und Dielsdorf. Die Spitalschliessungen sorgten zwar für Kritik – dennoch schaffte Diener 1999 die Wiederwahl in den Regierungsrat.

Der Schwyzer Gesundheitsdirektor Damian Meier (49) dürfte alles daran setzen, dass das Spital Einsiedeln erhalten bleibt – interne Kritik hin oder her. Spitalschliessungen kommen bei der Bevölkerung für gewöhnlich schlecht an. In anderen Kantonen wurden Regierungsräte für Spitalschliessungen schon abgewählt. So büsste in St. Gallen im Jahr 2004 etwa der damalige CVP-Regierungsrat Anton Grüninger seinen Posten ein, weil die Spitäler Altstätten, Flawil und Wattwil zugehen sollten. Seine Abwahl hat die Spitalschliessungen verzögert, aber nicht verhindert.

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel des Kantons Zürich: Die damalige Gesundheitsdirektorin Verena Diener (74) schloss ab 1996 zehn Regionalspitäler, darunter jene in Thalwil, Pfäffikon und Dielsdorf. Die Spitalschliessungen sorgten zwar für Kritik – dennoch schaffte Diener 1999 die Wiederwahl in den Regierungsrat.

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Einsiedeln hat wohl schlechte Karten, den Leistungsauftrag im Bereich Geburtshilfe erneut zu erhalten, nachdem die Geburtsabteilung dieses Jahr monatelang geschlossen ist?
Das kann ich so pauschal nicht bestätigen. Aber selbstverständlich werden wir gerade im Bereich der Geburtshilfe genauer hinschauen und uns fragen: Ist wirklich der Fachkräftemangel Grund für die Schliessung, oder sind es andere Gründe?

Wäre es nicht besser, wenn sich die drei Akutspitäler im Kanto weniger gegenseitig konkurrenzieren würden? Dass der Kanton also allen Spitälern unterschiedliche Leistungsaufträge erteilt?
Es gilt die freie Arzt- und Spitalwahl. Nicht der Kanton entscheidet, wo welche Leistung erbracht werden soll, sondern der Markt. Am Schluss entscheiden die Patienten, ob es drei Spitäler braucht oder nicht.

Halten Sie sich da nicht etwas vornehm zurück?
Nein. Der Bundesgesetzgeber hat es so vorgesehen. Ich erachte den Kanton Schwyz als vorbildlich. Je weniger staatlicher Einfluss, desto besser. Und überhaupt: Wenn, dann müsste man die Spitalplanung doch überkantonal betrachten. 

Sind Sie hierzu im Austausch mit den Nachbarkantonen?
Natürlich. Im Bereich der Psychiatrie gibt es ein Vorzeigeprojekt: Die Kantone Uri, Zug und Schwyz haben sich dafür zusammengeschlossen. In Oberwil am Zugersee gibt es eine stationäre Klinik für die Bevölkerung aller drei Kantone. Daneben gibt es ambulante Einrichtungen in den drei Kantonen. Möglicherweise könnten wir diesen Weg in Zukunft auch im klassischen Spitalwesen beschreiten, gerade in Anbetracht des Fachkräftemangels.

Unser Gesundheitssystem gehört zu den teuersten der Welt. Die Leute ächzen unter der Prämienlast. Können wir es uns wirklich leisten, an einem Spital wie Einsiedeln festzuhalten?
Das Kostenrisiko liegt beim Spitalbetreiber. Er bleibt auf den Kosten sitzen, wenn er teurer geschäftet, als er dies über die Tarife wieder reinholen kann. Wir bügeln als Kanton keine Defizite aus.

Fänden Sie persönlich es denn schlimm, wenn das Spital Einsiedeln – oder eines der anderen Spitäler im Kanton – schliesst?
Selbstverständlich, die Spitäler sind zentrale Arbeitgeber für die entsprechenden Regionen. Aber die Frage nach einer Schliessung stellt sich aus meiner Optik heute nicht.

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