Revolution aus Zug
Mit 10-Sekunden-Test ans Openair Gampel?

Der Corona-Test zum Blasen könnte bald kommen. Die Zuger Firma Smellcells lässt die entsprechende Technologie in den USA prüfen und hofft auf die FDA-Zulassung. Das BAG ist interessiert – die Eventbranche auch. Besonders das Openair Gampel.
Publiziert: 11.05.2021 um 10:41 Uhr
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Aktualisiert: 12.05.2021 um 22:18 Uhr
Fabian Vogt, Nicola Imfeld

Weltweit forschen Wissenschaftler an einer Alternative zum PCR-Test. Dieser gibt bisher mit Abstand am zuverlässigsten Aufschluss über eine Coronavirus-Infektion. Doch er ist auch kostspielig, aufwendig und unangenehm. In der Schweiz gibts immerhin schon Alternativen in Form von Antigen- und Schnelltests. Doch das Nasenbohren bleibt uns nicht erspart.

Jetzt aber steht der Corona-Blastest in den Startlöchern. Die Schweizer Firma Smellcells arbeitet mit einem US-Partner an einer Lösung, die virale Infektionen in Echtzeit erkennen soll. Ergebnisse zur Zuverlässigkeit teilt das Zuger Unternehmen noch keine mit. In den USA würden derzeit klinische Studien mit der Technologie stattfinden und man sei zuversichtlich, dass eine Notfallzulassung der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA «in absehbarer Zeit» erteilt wird. Anschliessend soll der Blastest auch in der Schweiz eingesetzt werden können, mit Swissmedic sei man in Kontakt.

Tausende Menschen in kurzer Zeit testen

Falls das Produkt erlaubt wird, wird die bisherige Testerei vereinfacht. Personen blasen in ein Gerät und wissen innerhalb von zehn Sekunden, ob sie mit Corona infiziert sind. Das könnte besonders für Grossveranstaltungen eine grosse Hilfe sein. Tausende Menschen könnten in kurzer Zeit getestet werden – beispielsweise bei der Eingangskontrolle – und nur hereingelassen werden, wenn sie negativ sind. Dafür analysiert Smellcells sogenannte flüchtige organische Verbindungen in der Atemluft. Das Resultat wird anschliessend in einer App anonym angezeigt.

Corona-Blastest aus der Schweiz. Entwickelt von der Zuger Firma Smellcells.
Foto: zvg
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Blick weiss: Grosses Interesse daran hat das Openair Gampel. Als einziges der grossen Festivals hat man die Hoffnung auf eine Ausgabe im Jahr 2021 noch nicht aufgegeben und das Openair auf den 2. bis 5. September verschoben. Die Hoffnung: Dann mit 10'000 Besuchern feiern zu können. «Wir stehen seit Monaten mit Smellcells in Kontakt», sagt Roman Pfammatter, operativer Leiter des Openair Gampel VS. Die Möglichkeit, sich vor Ort testen zu lassen, sei essenziell, um das Festival wie geplant durchführen zu können. «Für Geimpfte und Genesene gibt es bis dahin hoffentlich das Impfzertifikat. Aber Junge werden wohl kaum geimpft sein, mit dem Blastest hätten auch sie die Chance, ans Gampel zu kommen». Zwar würden auch noch andere Lösungen geprüft, aber Smellcells wäre die präferierte Option, wenn es «so schnell und zuverlässig funktioniert, wie die Firma das ankündigt».

Blastest statt Sektorenpflicht

Sollte dieses oder eine ähnliche Technologie am Festival eingesetzt werden können, hofft Pfammatter, dass Bund und Kantone keine weiteren Auflagen machen werden. Ansonsten sei es trotz aller Euphorie schwierig, das Festival durchzuführen. «Wenn wir Sektoren einführen müssen, Maskenpflicht, eine Sperrstunde oder Verpflegung im Sitzen, kann dieser Event kaum funktionieren.»

Auch internationale Firmen arbeiten am Blastest, die nicht nur schneller, sondern auch günstiger als PCR-Tests sein sollen. Das Unternehmen Breathomix aus Holland hat bereits mehrere hundert Geräte in staatlichen Test-Centern im Einsatz. Die Firma Silver Factory Technology aus Singapur hat einen Atemtest entwickelt, der wie ein Alkoholtest funktionieren soll. Ab Juni will das Unternehmen 200'000 Stück pro Monat produzieren. Firmen aus den USA und aus Israel sind ebenfalls weit fortgeschritten in der Forschung.

So funktioniert der Corona-Atemtest

Egal, welche Firma letztlich das Rennen macht – die Technik ist überall dieselbe: Die Geräte analysieren Biomarker in der Atemluft. Wie im Urin scheidet der Körper auch über den Atem Abbauprodukte aus. «Jede Krankheit hat einen metabolischen Fingerabdruck, den sie im Atem hinterlässt», erklärt Renato Zenobi, Professor für analytische Chemie an der ETH Zürich, gegenüber SRF. Finden Forscher den «Fingerabdruck» einer Krankheit, also die Kombination bestimmter Biomarker, können Analysegeräte diese immer wieder erkennen.

Reif für den Einsatz sind die Atemtests noch nicht. Jetzt müssen sie sich erst in grossen Studien beweisen. Doch Forscher Renato Zenobi ist zuversichtlich. «90 bis 95 Prozent Treffsicherheit sind mit Atemdiagnostik durchaus realistisch», sagt er.

Das BAG ist interessiert

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) beobachtet die Entwicklung bei den Atemtests, wie man SRF mitteilt. Man erwäge, diese auch in der Schweiz einzusetzen. Dafür brauche der Hersteller aber erst eine CE-Zertifizierung und unabhängige klinische Studien, die eine hohe Genauigkeit beweisen.

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