Saudis fahren Mega-Projekt «The Line» zurück
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Wegen Geldproblemen?Saudis fahren Mega-Projekt «The Line» zurück

Haben Saudis zu hoch gepokert?
Kronprinz stösst mit seinen Wahnsinnsprojekten an Grenzen

Rückschlag für den saudischen Kronprinzen: Die linienförmige Megastadt «The Line» wird bei weitem nicht so schnell fertiggestellt sein, wie ursprünglich geplant. Auch weitere Projekte der saudischen «Vision 2030» werden nicht bis 2030 fertig.
Publiziert: 12.04.2024 um 12:24 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2024 um 16:50 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

«The Line», die linienförmige Megastadt im Herzen des saudischen Megaprojekts Neom, nimmt auf Satellitenbildern bereits sichtbar Gestalt an. Der Bau ist längst in Gang, im Gegensatz zu diversen Neom-Projekten, die es bislang erst auf dem Reissbrett gibt.

Das Megaprojekt stösst allerdings an erste Grenzen. Die Pläne werden nun massiv nach unten korrigiert, weiss «Bloomberg». Die US-Nachrichtenagentur stützt sich auf Neom-internen Dokumente, die ihr vorliegen. «The Line» wird demnach bis 2030 erst 2,4 Kilometer lang sein und rund 300'000 Menschen beherbergen. Der ursprüngliche Plan sah bis 2030 rund 1,5 Millionen Einwohner vor, bis zur Fertigstellung 2045 sogar 9 Millionen Einwohner. Das Bauwerk soll dereinst 170 Kilometer lang, 500 Meter hoch und 200 Meter breit werden.

Damit nicht genug: Einige der anderen angekündigten Grossprojekte werden laut Insidern nicht rechtzeitig bis 2030 vollendet. «Oxagon» sollte ursprünglich 2024 bereit sein, das Skiresort «Trojena» im Jahr 2026. Daraus wird offenbar nichts. Immerhin soll das Luxusresort am Roten Meer namens «Sindalah» noch in diesem Jahr eröffnen.

Die linienförmige Stadt wird in Etappen gebaut – bis 2045 sollen 170 Kilometer fertiggestellt sein.
Foto: AFP
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Was ist passiert?

Die grosse «Vision 2030» der Saudis ist das Werk von Kronprinz Mohammed bin Salman, kurz «MBS». Er will damit das zuvor eher diskrete, touristisch kaum erschlossene Land an die Weltspitze katapultieren: Im Tourismus, in der Technologie, im Sport. Vor allem will MBS damit die Abhängigkeit seines Landes vom Öl reduzieren. Es ist kein Zufall, dass der Kronprinz das Projekt erstmals im Jahr 2014 vorstellte, als der Ölpreis um 45 Prozent einbrach und ein empfindliches Loch in die Saudi-Kassen riss.

Inzwischen erzielte Saudi-Aramco wieder jährlich dreistellige Milliardengewinne. Der staatliche «Public Investment Fund» (PIF) von Saudi-Arabien, aus dem über die Hälfte der Kosten der «Vision 2030» finanziert wird, ist prall gefüllt. Dennoch zeigt sich jetzt, dass der Geldtopf von MBS nicht unerschöpflich ist. Bereits im Februar berichtete das «Wall Street Journal», dass Saudi-Arabien für die Umsetzung der hochtrabenden Pläne Kredite aufgenommen habe. Ebenso sei der Verkauf von Anteilen an der staatlichen Saudi Aramco – die grösste Erdölfördergesellschaft der Welt – geplant.

«The Line» kostet allein schon rund 500 Milliarden Dollar. Für sämtliche Projekte der «Vision 2030» sind rund 100 Billionen Dollar budgetiert. Zahlreiche externe Investoren mischen mit, offenbar aber noch nicht genügend viele. Dazu zahlt Saudi-Arabien ausländischen Beratern offenbar riesige Saläre. Zu hoch gepokert?

Wie weiter?

Das neuste Budget für Neom steht noch nicht fest. Das Projekt wird gewiss nicht abgebrochen, aber deutlich verlangsamt. Dazu regt sich wieder verstärkt Kritik: 20'000 Menschen wurden für den Bau von Neom zwangsweise umgesiedelt – einige, die sich dagegen wehrten, hat Saudi-Arabien laut «Amnesty International» hingerichtet. Und MBS muss sich den Vorwurf realitätsfremder Pläne gefallen lassen.

Weder MBS noch Vertreter von Neom oder des PIF haben sich zu den Bloomberg-Recherchen geäussert. Bis zur Ankündigung des nächsten luxuriösen Puzzleteils im Neom-Wahnsinnsprojekt dürfte aber nicht lange auf sich warten lassen: Die von Saudi-Arabien «reservierten» Projektnamen sind noch längst nicht ausgeschöpft. Für die Umsetzung seiner «Vision 2030» wird MBS alle Hebel in Bewegung setzen und Rückschläge wie jetzt beiseite wischen.

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