Happige Vorwürfe an Versicherer von CEO Ernst Kohler
Sind Rega-Gönner die Geprellten?

Die Rega steht unter Druck. Das Geschäft mit Rückführungen von kranken oder verletzten Personen in die Schweiz harzt. Verantwortlich für das schlechte Geschäft seien Versicherer, sagt Rega-CEO Ernst Kohler.
Publiziert: 13.06.2016 um 14:37 Uhr
|
Aktualisiert: 11.09.2018 um 05:06 Uhr

Der Rega-Chef lehnt sich weit aus dem Fenster. Ernst Kohler wirft Versicherern vor, sich gezielt aus der Verantwortung zu stehlen und Profit auf dem Rücken von Rega-Gönnern zu erwirtschaften. Sein gepfefferter Vorwurf: «Einzelne Versicherer suchen nach rechtlichen Schlupflöchern, um sich immer weniger oder gar nicht an den Repatriierungskosten beteiligen zu müssen.» So formuliert es der Rega-Chef in der aktuellen Ausgabe des Kundenmagazins «1414».

Ernst Kohler, CEO der Rega (Schweizerische Rettungsflugwacht), im Rega Center am Flughafen Zürich in Kloten.
Foto: KEYSTONE/Christian Beutler

Konkret geht es Kohler um die Rückführung von im Ausland erkrankten oder verunfallten Personen. Für die Rega ist dies ein wichtiger Ertragspfeiler. Und ein Markt, in dem heftig um Anteile gerungen wird.

Die Konkurrenz ist gross. Und die Versicherer wählen längst nicht mehr automatisch die Nummer 1414, wenn ein Versicherter im Ausland in Not geraten ist und heimgeflogen werden muss. Auch der TCS betreibt eine Luftambulanz-Flotte. Das spürt die Rega – der Druck auf die Geschäftssparte Repatriierung ist hoch, was sich auch in der Jahresrechnung spiegelt: Unter dem Strich resultierte 2015 ein Betriebsverlust von über sieben Millionen Franken. Hauptproblem sind laut Kohler die hohen Betriebskosten für Flugzeuge, Infrastruktur am Boden, Einsatzzentrale und qualifiziertes Personal.

Eine Rückführung schlägt schnell mit 45'000 Franken zu Buche. Davon kann die Rega aber nur 40 Prozent bei den Kassen verrechnen. Den Rest muss sie selber tragen.

Groupe Mutuel: «Von rechtlichen Schlupflöchern kann keine Rede sein»

Die Kassen lassen sich den Vorwurf Kohlers nicht gefallen. Statt alle unter Generalverdacht zu stellen, soll die Rega sagen, welches die schwarzen Schafe sind, findet Swica-Sprecherin Silvia Schnidrig. Rufe ein Rega-Gönner direkt bei der Rega an und werde zurückgeflogen, ohne die Kasse zu informieren, könne es sein, dass die Kosten nicht übernommen werden. Schnidrig: «Das ist dann das Problem der Rega.» In diesem Fall kommt die Flugwacht für die Kosten selber auf.
Die Groupe Mutuel hält Kohlers Vorwurf für «pure Polemik». Von rechtlichen Schlupflöchern, wie im Rega-Magazin erwähnt, könne keine Rede sein. Die Frage sei, wer für die Kosten einer Rückführung aufkomme, wenn im Vorfeld keine medizinische Abklärung erfolgt sei und kein Entscheid vorliege.

Foto: EQ Images

Groupe Mutuel gibt den schwarzen Peter zurück. «In der Vergangenheit ist es mehrmals vorgekommen, dass die Rega Rechnung gestellt hat, ohne dass ein medizinisches Attest vorlag», sagt der Sprecher des Versicherers, Yves Seydoux. «Die Rega muss die Mitglieder klar informieren.»

Doch es gibt auch Versicherer, welche Rückführungskosten «anstandslos» begleichen. So etwa die Axa Winterthur: «Wir stützen die von den Rega-Ärzten gefällten Transportentscheide für unsere Versicherten und übernehmen die von der Rega in Rechnung gestellten Transportleistungen vollumfänglich.»

Kohler macht sich dennoch Gedanken um die Zukunft der Rettungsflugwacht: «Wenn es die Rega auch in zwanzig Jahren noch geben soll, dann müssen wir uns gegen diese bedrohlichen Tendenzen wehren.»
Sonst drohe ein Grounding.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.