Hier boomts dank 2G-Regel
«Frappant viele zusätzliche Buchungsanfragen erhalten»

Mehr und mehr Beizen und Restaurants bewirten nur noch Geimpfte und Genesene. Sie bereuen ihren Entscheid nicht. Im Gegenteil. Blick zieht eine erste 2G-Zwischenbilanz.
Publiziert: 11.12.2021 um 00:19 Uhr
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Aktualisiert: 13.12.2021 um 13:12 Uhr
Patrik Berger und Sarah Frattaroli

Beizer, Hoteliers und Barbetreiberinnen haben einige schlaflose Nächte hinter sich. Schuld daran war 2G. Wie reagieren ungeimpfte Kunden darauf, wenn sie plötzlich vor verschlossenen Türen stehen? Rentiert sich das Geschäft noch, wenn man nur Geimpfte und Genesene bedient?

Heinz Hunkeler (47), Hoteldirektor des Kulm Hotel St. Moritz GR, hat als einer der Ersten sein traditionsreiches Luxushotel komplett auf 2G umgestellt. Reisende, aber auch das Personal, müssen entweder genesen oder geimpft sein und dies mit dem Covid-Zertifikat belegen können. «Wir haben durchwegs positive Reaktionen erhalten», sagt er zu Blick. Viele seien erleichtert ob der 2G-Regel. «Unsere Kundschaft, insbesondere die aus Übersee und dem Ausland, ist geimpft oder genesen», so Hunkeler.

Das Vorpreschen von Hunkeler hat sich gelohnt. Wegen der 2G-Regelung habe es nicht einmal eine Handvoll Annullierungen gegeben. «Es ist aber frappant, wie viele zusätzliche Buchungsanfragen wir erhalten haben», freut sich der Hotelier. Viele Hotels würden gerne seinem Beispiel folgen.

Das Kulm ist eines der besten Häuser in St. Moritz.
Foto: Zvg
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Kaum genügend geimpfte Angestellte

«Knacknuss ist aber, dass man nicht genügend geimpfte Angestellte findet», sagt er. «Das verstärkt den eh schon bestehenden Mangel an Fachkräften zusätzlich.» Viele kleinere Betriebe könnten nicht einfach so auf 2G umstellen. «Ich gehe davon aus, dass sich noch andere Hotels vor allem im oberen Preissegment anschliessen werden», sagt Andreas Züllig (62), Präsident von Hotelleriesuisse.

Hunkeler hat Glück. Sein Team zieht voll mit. Von den 340 Mitarbeitenden sind 330 geimpft oder genesen. Für die wenigen Ausnahmen habe man Lösungen wie etwa Homeoffice gefunden, damit sie nicht in Kontakt mit Gästen oder anderen Mitarbeitern kommen. «Druck haben wir nicht ausgeübt auf unser Personal.»

Nicht immer wieder testen lassen

Ähnlich positiv tönt es im Viersternehotel Ambassador in Zermatt VS. Die Infrastruktur des Hauses und die aktuellen Vorgaben des Bundes hätten sie zu 2G gezwungen. «Das Handling im Betrieb mit den PCR- und Schnelltests war nicht optimal», sagt Nathalie Grisoni (55), die das Haus mit einem Management-Mandat führt. «Unsere Gäste bleiben während den Sportferien und über die Feiertage sieben bis zehn Tage bei uns.» Mit 2G müssten sich Gäste und Angestellte nicht immer wieder testen lassen.

Sie hätten durchwegs positiv auf die Einführung von 2G reagiert. «Ein paar Annullierungen gab es deswegen», sagt sie. «Aber auch gleich wieder neue Reservierungen.» Einige Absagen seien aber auch den hohen Infektionszahlen der Schweiz geschuldet.

Kein Problem gab es mit den Angestellten: «Unsere langjährigen Mitarbeiter haben sich schon nach der letzten Wintersaison entschieden, sich impfen zu lassen.» Sie seien also alle geimpft. «Neulinge ziehen mit und respektieren diesen Entscheid», so Grisoni.

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«Endlich reden Sportler wieder miteinander!»

Auch im Mittelland strahlt Ayhan Türküm (43), Betreiber der Phoenix Fitness AG. Er freut sich über 2G. «Niemand hat reklamiert. Im Gegenteil, die Kunden sind glücklich, dass sie wieder ohne Maske trainieren können», sagt Türküm. «Sie schätzen die klaren Regeln und geniessen das uneingeschränkte Training.»

Die Stimmung im Gym in Dättwil AG sei viel besser. «Endlich reden die Sportler wieder miteinander!» Sie würden sich wieder viel freier und motivierter von ihren Trainern betreuen lassen, weiss Türküm.

Angst, mit seinem Entscheid Ungeimpfte auszuschliessen, hat er nicht. «Im Fitnesscenter nebenan können Ungeimpfte weiterhin trainieren.» Türküms Team ist geimpft. Und es verkauft bereits wieder neue Fitnessabos. «Das Geschäft zieht wieder an!»

Basler Clubs ziehen ins Exil

2G bringt derzeit aber auch noch allerlei Kuriositäten mit sich. Im Basler Club Das Viertel etwa stehen die Discokugeln am Wochenende still. Nebenan, im Club Elysia, darf getanzt werden – und zwar ohne Maske und mit Drink in der Hand. Zwischen den beiden Clubs liegt gerade einmal ein Kilometer – und eine Kantonsgrenze.

Basel-Stadt ist strikter als der Bund, hält auch bei 2G-Veranstaltungen an Sitz- und Maskenpflicht fest. Nicht so Basel-Land, wo der Club Elysia liegt. «Das ist doch realitätsfern», ärgert sich Jean-Marc Lüthy (48) vom Verein Kultur & Gastronomie, der das Basler Nachtleben vertritt. «Der Flickenteppich führt zu mehr Mobilität, weil die Leute in Nachbarkantone ausweichen.»

Eventhalle im Nachbarkanton

Er scheint recht zu behalten. Das Viertel nimmt die Quasi-Schliessung nicht einfach hin, sondern zieht kurzerhand ins Exil. Geschäftsführer und Mitinhaber Valentin Aschwanden (37) hat eine Eventhalle ennet der Kantonsgrenze gemietet. Ein Buebetrickli? «Überhaupt nicht! Es ist das kleinere Übel. Ich habe die Verantwortung für über 40 Mitarbeiter, und wenn der Bund und weitere 25 Kantone zum Schluss kommen, dass zurzeit eine 2G-Veranstaltung möglich ist, dann müssen wir diese Gelegenheit wahrnehmen», wehrt er sich.

Die anstehenden Events, darunter ein Konzert des deutschen Erfolgsmusikers Jan Blomqvist (39), sind teilweise ausverkauft. «Eine Absage würden wir finanziell – ohne die Zusicherung finanzieller Unterstützung durch den Kanton – schlicht nicht verkraften», so Aschwanden.

«Es läuft geschmeidig»

Die Geschäfte in der Zürcher Bar Campo von Milan Marquard (34) gehen gut. Der Geschäftsleiter von fünf hippen Zürcher Bars hat sich nur kurz überlegt, an gewissen Tagen auch noch auf 3G zu machen. Zu verwirrend!

«Uns geht es auch um die Haltung. Wir finden 2G eine gute Sache. Hoffentlich animiert es die Leute zum Impfen», hofft Marquard. «Es läuft geschmeidig. Klar, es gibt sicher Einzelne, die nicht einverstanden sind. Aber das ist die Ausnahme.» Nur etwas nervt ihn: «Dass wir den Unterschied zwischen 2G und 3G in der App manuell kontrollieren müssen, ist etwas mühsam.»

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