Immer mal wieder das Interieur wechseln
Ab sofort vermietet Ikea seine Möbel

Ikea-Weltpremiere in der Schweiz: Der Möbelriese lanciert ein Abo für Büromöbel – und kurbelt damit die Subscription Economy weiter an. Das berichtet die «Handelszeitung».
Publiziert: 21.06.2019 um 13:47 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2020 um 14:42 Uhr
Andreas Güntert («Handelszeitung»)

Der Satz war kurz. Die ­wenigen Worte, die Jes­per Brodin im September 2018 der «NZZ am Sonntag» diktierte, lauteten so: «Wir entwickeln ein Konzept, um Möbel zu vermieten.» Die Neuigkeit raste um die Welt und machte Schlagzeilen von Malmö bis Mumbai.

Seit den famosen Worten des Ikea-Big-Bosses wurde es ruhig um die Idee. Jetzt zeigt sich: Im Stillen haben die Schweden auf weltweiter Ebene an ihrem Projekt gearbeitet. Und: ­Zuerst läuft das Thema Miet-Commerce in der Schweiz an, wie Ikea-Sprecher Aurel Hosennen Recherchen der «Handelszeitung» bestätigt: «Zuallererst wird die Möbelmiete in der Schweiz lanciert, das ist eine Ikea-Weltpre­miere, die diese Woche beginnt.»

Anders als erwartet

Allerdings spielt der gelb-blaue Riese das Thema Möbelmiete zu Beginn anders als erwartet. Anders und kleiner. Ging die Weltöffentlichkeit davon aus, dass nun Klassiker wie Billy-Regal, Klippan-Sofa oder Pax-Schranksystem an jedermann und jedefrau vermietet würden, konzentriert sich Ikea vielmehr auf ausgesuchte Sortimente und Kundenkreise. Die Möbelmiete werde in verschiedenen Märkten auf unterschiedliche Art getestet, sagt Hosennen; in den Niederlanden etwa mit Studierenden, weitere Testgruppen seien in Schweden und Polen geplant.

Ab sofort kann man bei Ikea Büromöbel mieten.
Foto: Getty Images
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Erstes Zielpublikum in der Schweiz sind Firmenkunden. Dabei werden nicht Einzelmöbel vermietet, sondern ganze Pakete. Ikeas Einstieg in ein Abomodell (Subscription Economy) sei nicht als zeitlich ­limitierter Pilotversuch zu verstehen, sondern als definitiver Schritt in ein neues Feld, sagt Hosennen: «Wir sind im stetigen Beta-Prozess. So wie eine Software ständig Updates erhält, wollen wir das Möbelabo ständig verbessern.»

Wer länger mietet, bezahlt weniger

Der Nutzen für das eigene Unternehmen sieht man bei den Schweden im Herantasten an ein neues Modell: «Per Möbelabo können wir den Ansatz der Zirkularwirtschaft ausprobieren. Wenn die Kunden das Abo beenden, nehmen wir das vermietete Mobiliar zurück und führen es über das Programm ‹Second Life› dem Wiederverkauf zu.»

Der Nutzen für die Kunden: Ihr Kapital ist nicht gebunden, sie bleiben bezüglich Möblierung flexibel und können dabei auch auf Personalfluktuation reagieren. Letzteres dürfte vor allem von Startups geschätzt werden, die ihre Personalplanung oft nicht genau einschätzen können. Grundlegendes Prinzip des Programms: Je länger die Miete dauert, desto günstiger wird sie.

Für ihr Schweizer Premiereprogramm stapelt Ikea-Schweiz-Länderchefin Simona Scarpaleggia fürs Erste einmal tief: Aktuell werden zwanzig KMU und Startups in der deutschen Schweiz für die Büromöbelmiete gesucht.

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde in der «Handelszeitung» veröffentlicht. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.handelszeitung.ch.

Dieser Artikel wurde in der «Handelszeitung» veröffentlicht. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.handelszeitung.ch.

Zwar bieten in der Schweiz heute schon einige kleinere Player Büro-möbelmiete an. Mit dem Einstieg von Ikea könnte das grundlegende Modell des Miet-Commerce aber stark an Fahrt aufnehmen, glaubt Thomas -Rudolph vom St. Galler Forschungszentrum für Handelsmanagement: «Mainstream wird dieser Dienst wohl nicht so schnell. Aber wenn eine Top-of-Mind-Marke wie Ikea ins Thema Möbelabo einsteigt, kann dies den ganzen Sektor beleben.»

Möbel nur für einige Saisons

Für das Ikea-Angebot spreche zudem, dass es als Rundum-sorglos-Paket daherkomme: «Wenn Leistungen wie Lieferung und Montage inbegriffen sind, spielt natürlich der Aspekt Bequemlichkeit. Ein gewisser Teil der Ikea-Kundschaft legt darauf bestimmt Wert.» Bei einem Teil der Konsumenten könne auch die Idee punkten, dass man Möbel quasi als modisches Produkt mieten und sich einige Saisons damit umgeben könne.

Thomas Rudolph zeichnet zusammen mit Severin Bischof als Autor der kürzlich erschienen Studie «Subskriptionen und Abomodelle für den Schweizer Handel». Wo Bischof eine Herausforderung sieht für den schwedischen Riesen: «Das Problem bei physischen Produkten wie Möbeln: Sie können nicht gleichzeitig von mehreren Konsumenten genutzt werden, weshalb nicht im selben Ausmass Skaleneffekte zur Wirkung kommen wie bei digitalen Gütern. Auch wenn die Möbel anschliessend von weiteren Kunden genutzt werden können.»

So funktioniert Ikeas Schweizer Mietplan:

Paket: Vermietet werden nicht Einzelmöbel, sondern Business-pakete in zwei Themen-feldern. Thema eins: Arbeitsplätze mit Bürostuhl, Bürotisch, -Korpus, Schrank sowie smartem -Beleuchtungssystem per App oder Fernsteuerung. Thema zwei: Sitzungszimmer.

Abstufung: Bezüglich Arbeitsplatz stellt Ikea Schweiz sechs verschiedene Pakete zur Auswahl, die bezüglich Stil und Standard voneinander abweichen. 18 verschieden grosse Pakete sind es für Sitzungszimmer.

Rechnung: Für das günstigste Arbeitsplatzpaket (Warenwert 950 Franken) beträgt die Miete im ersten Jahr 70 Franken pro Monat. Mindestlaufzeit: zwölf Monate. Im zweiten Jahr reduziert sich die Monatsmiete auf die Hälfte (35 Franken), die Kündigungsfrist beträgt noch zwei Monate. Lieferung und Montage sowie Rückbau und Rücklieferung sind inbegriffen.

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