In vielen Spitälern werden Eingriffe zu selten vorgenommen
Zu tiefe Fallzahlen gefährden Patienten

Eine Auswertung von Santésuisse zeigt: Es gibt viele Spitäler, die zu tiefe Fallzahlen bei verschiedenen Eingriffen aufweisen. Das ist nicht zum Wohl der Patienten.
Publiziert: 08.09.2024 um 14:59 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Viele Schweizer Spitäler erreichen Mindestanzahl an Eingriffen nicht
  • Santésuisse fordert nationale Spitalplanung zur Verbesserung der Qualität
  • Nur 30 von 76 Kliniken erfüllen Mindestfallzahl bei Wirbelsäulenchirurgie
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

«Je häufiger ein Eingriff gemacht wird, desto eher gelingt er, das belegen zahlreiche Studien», sagt Santésuisse-Direktorin Verena Nold (62) im Interview mit der «SonntagsZeitung». Das Problem: Oft ist das Gegenteil der Fall. Viele Schweizer Spitäler haben die empfohlene Mindestanzahl an chirurgischen Eingriffen nicht erreicht.

Das zeigt eine neue Analyse des Krankenkassenverbands Santésuisse mit Daten aus dem Jahr 2022, wie die «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche» schreiben. Bei einzelnen der 21 untersuchten Eingriffe erreichte demnach weniger als die Hälfte der Spitäler die empfohlene Mindestfallzahl. 76 Spitäler hätten beispielsweise eine spezialisierte Wirbelsäulenchirurgie durchgeführt. Doch nur 30 Kliniken machten so viele Eingriffe in diesem Bereich, wie es die Mindestfallzahl vorsehen würde.

Nur einmal reicht nicht

Es gibt sogar Spitäler in denen einzelne Eingriffe nur einmal im Jahr durchgeführt werden. Bei der erstmaligen Einsetzung einer Knieprothese ist zum Beispiel eine Mindestfallzahl von 50 Eingriffen pro Jahr empfohlen. «Einmal pro Jahr ist viel zu wenig», so Nold. «Wenn eine Operation misslingt und man das Implantat wieder herausnehmen muss, ist das schmerzhaft und kann langfristige negative Folgen haben.» 

Eine Auswertung zeigt: Bei einzelnen Eingriffen erreichen viele Spitäler die notwendigen Fallzahlen nicht.
Foto: Keystone
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Das Argument einzelner Spitäler, dass für selten durchgeführte Operationen erfahrene Belegärzte zugezogen werden, lässt die Santésuisse-Direktorin nicht gelten: «Es ist nicht nur der Operateur, der zählt. Das ganze Team entscheidet, ob das Resultat gut ist oder nicht. Das fängt bei der Anästhesieärztin an und geht weiter mit dem Operations-Pflegepersonal bis hin zu den Assistenzärzten.» 

Nicht die Distanz zählt

Nold kritisiert, dass die Spitäler eine zu grosse Leistungspalette anbieten würden, statt sich zu spezialisieren. Deshalb spricht sie sich für eine nationale Spitalplanung aus. Allerdings scheiterten bislang sämtliche Bemühungen in diese Richtung oft am lokalen Widerstand von Bevölkerung und Politik. Die Erkenntnis, dass im Gesundheitswesen vor allem die Qualität und nicht die Distanz zum nächsten Spital über das Wohl der Patienten entscheidet, hat sich in der kleinräumigen Schweiz noch nicht durchgesetzt. 

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