Ist das Projekt überhaupt bewilligungsfähig?
Widerstand gegen Sawiris Yachthafen am Urnersee wächst

Hat die Urner Regierung bei Samih Sawiris Yachthafenprojekt beide Augen zugedrückt? Recherchen werfen rund um das Projekt im Kanton Uri zahlreiche Fragen auf. Ist das Tourismusdorf überhaupt bewilligungsfähig?
Publiziert: 07.04.2024 um 19:17 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2024 um 11:15 Uhr
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Der ägyptische Investor Samih Sawiris (67) weiss, wie die Schweiz tickt und wie man Menschen für sich gewinnt. Bei der Präsentation des Tourismusdorfs samt Hafen, Ferienwohnungen und Hotel, das er im historischen Industriegebiet Isleten auf dem Gebiet der Gemeinde Seedorf UR bauen möchte, setzt er auf Romantik. Er erzählt, wie er den schönen Flecken Land auf einer Schifffahrt zum ersten Mal erblickte und sich direkt in die Isleten verliebt hat. Die Anekdote erzählt er im April 2022 vor mehreren Hundert Einwohnern in der Rollhockeyhalle in Seedorf. «Seit 14 Jahren träume ich schon von diesem Projekt», sagt Sawiris damals.

Doch der Widerstand gegen diesen Traum wächst. Nach den vielen kritischen Stimmen aus der Bevölkerung hat Sawiris sein Marinaprojekt erst kürzlich um 30 Prozent verkleinert. Der Plan ist klar: Sawiris will die Bevölkerung mit einem grösseren, öffentlich zugänglichen Seeufer für sich gewinnen. Doch stattdessen wird das Projekt zum immer grösseren Politikum.

Regierung hat den Weg für Projekt geebnet

Gewichtige Namen aus dem Kanton Uri melden sich unter anderem in Leserbriefen in der Lokalzeitung zu Wort und sagen, dass auch das kleinere Projekt nicht bewilligungsfähig ist. Die «SonntagsZeitung» hat in einer Recherche die Frage aufgeworfen, wie die Urner Regierung hinter dem Projekt stehen kann, obwohl namhafte Umweltrechtler und Raumplaner grosse Zweifel an der Bewilligungsfähigkeit hegen. Dabei zeigt sich, wie gross das Machtnetz des ägyptischen Immobilienentwicklers im kleinen Bergkanton ist.

Samih Sawiris hat auf der Isleten am Urnersee Grosses vor.
Foto: keystone-sda.ch
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Gemäss den Recherchen spielt dabei auch die ehemalige Urner Regierungsrätin und heutige Ständerätin der Mitte-Partei Heidi Z'graggen eine wichtige Rolle. Sie ist eng mit Sawiris verbunden und machte das Isleten-Projekt erst möglich. Sie machte damals den Gemeinden Bauen und Seedorf eine Fusion schmackhaft. Durch die Gemeindefusion fiel der Zweitwohnungsanteil unter 20 Prozent, wodurch die Einschränkungen des Zweitwohnungsgesetzes für neue Ferienwohnungen wegfielen.

Nur sanfter Tourismus möglich?

Z'graggen sagt gegenüber der «SonntagsZeitung», dass sie von Sawiris, der heutigen Regierung oder auch Sawiris rechter Hand, Isidor Baumann (63), der damals mit ihr Teil des Regierungsrats war, nie danach gefragt worden sei, ob das Projekt bewilligungsfähig sei. Sie habe jedoch in einem Gespräch zwischen der Kantonregierung und den Urner National- und Ständeräten darauf hingewiesen, dass das Projekt «sehr anspruchsvoll» sei. Schliesslich liege das Gebiet im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung.

Seitens des Kantons und den Gemeinden Seedorf und Isenthal stösst das redimensionierte Projekt auf Zustimmung. Der Regierungsrat erkenne hinsichtlich der wirtschaftlichen und touristischen Potenziale der Projektidee einen echten Mehrwert für Uri, sagte Regierungsrat Daniel Furrer (Mitte, 52) vor wenigen Wochen. Dabei dürfte sich die Regierung seit Jahren bewusst sein, dass das Grossprojekt auf der Isleten wegen der gesetzlichen Rahmenbedingungen kaum umsetzbar ist.

So kam ein Raumplanungsbüro 2020 in einem Bericht, der der «SonntagsZeitung» vorliegt, zum Schluss: «Mögliche neue Bauten und Anlagen sind sorgfältig in die Landschaft einzubetten. Das Gebiet eignet sich weder als reiner Wohnschwerpunkt noch für arbeitsplatzintensive Nutzungen.» Das Gebiet eigne sich für Nutzungen in den Bereichen sanfter Tourismus, Naherholung, Sport oder Kultur und im untergeordneten Mass auch für Erstwohnungen und Kleingewerbe. Sawiris Pläne gehen da in eine ganz andere Richtung.

Nur sanfter Tourimus möglich?

Nachdem Sawiris das Land erworben hat, verabschiedete der Regierungsrat im März 2022 einen neuen Bericht, in dem kein Wort mehr von sanftem Tourismus steht. Die Rede ist nun von «möglichst touristisch bewirtschaftete Wohnungen». Die landschaftlichen Qualitäten müssten respektiert und die Schutzziele des Bundesinventars geschützter Landschaften dürften nicht beeinträchtigt werden, heisst es zwar weiter. Wie das geschehen soll, bleibt jedoch offen.

Stattdessen schlug Justizminister Furrer an Informationsveranstaltungen von Sawiris die Werbetrommel für das Projekt. Auch Sawiris rechte Hand Isidor Baumann habe es unterlassen, umweltrechtliche Abklärungen zu machen, so die Recherchen.

Sawiris Einfluss in höchste Regierungs- und Wirtschaftskreise im Kanton liegt auf der Hand. Mit seinem Grossprojekt in Andermatt hat er dem Kanton Uri einen grossen wirtschaftlichen Aufschwung gebracht. Die wachsende Attraktivität Andermatts hat aber auch Schattenseiten, wie die massiv gestiegenen Mietpreise für die Bevölkerung. An der Veranstaltung vom April 2022 in Seedorf kam das deutlich zur Geltung. Immer wieder kam dort die Frage auf, was der einfache Bürger von dem Marina-Projekt habe?

Grüne halten an Abstimmung fest

Der wachsende Widerstand gegen das Projekt dürfte im Kanton Uri gerade auch die Grünen freuen. Diese haben sich auch gegen das redimensionierte Marina-Projekt ausgesprochen. Es unterscheide sich nur wenig von der Projektidee aus dem Jahr 2022.

Im Zentrum stünden noch immer ein Yachthafen im Landesinnern, ein Hotel, Appartements und Villen, die den grössten Teil des Jahres leer stünden und vor allem als Kapitalanlage für Vermögende aus dem In- und Ausland dienten, wie die Grünen Uri in einer Mitteilung schreiben.

Laut der Grünen handelt es sich beim Vierwaldstättersee um ein Landschaftsschutzgebiet von nationaler Bedeutung. Folglich gehöre auch Isleten dazu.

Die Grünen Uri halten an ihrer hängigen Volksinitiative «Isleten für alle» fest, welche eine sinnvolle Umnutzung der bestehenden Gebäude ermögliche, wie es heisst. Beispielsweise in eine Jugendherberge, ein Hotel oder ein Restaurant. Auch der Campingplatz und der bestehende und geschützte Obstgarten könnten erhalten bleiben. Über deren Gültigkeit der Initiative wird die Regierung im August 2024 befinden. Zu einer Abstimmung könnte es voraussichtlich im November kommen.

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