IWP-Studie mit hartem Verdikt: Zahlungen schaden unserem Wohlstand
Bund könnte bei Subventionen Milliarden einsparen

Ineffizient, falsche Anreize und sogar schädlich für die Wirtschaft: Eine neue Studie stellt vielen Subventionszahlungen in der Schweiz ein schlechtes Zeugnis aus.
Publiziert: 16.05.2023 um 01:47 Uhr
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Aktualisiert: 17.05.2023 um 15:13 Uhr
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Die Schweiz wirft Milliarden an Steuergeldern aus dem Fenster: Zu diesem harten Verdikt kommt das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) der Universität Luzern in seinem erstmals erstellten Subventionsreport. 2022 zahlte der Bund Subventionen in Höhe von 48,5 Milliarden Franken. Bei 38 Milliarden Franken leuchtet bei der Subventionsampel des IWP ein gelbes oder rotes Licht auf. Diese Zahlungen sind aus wirtschaftlicher Sicht also mindestens fragwürdig oder sogar überflüssig – weil sie «mehr Schaden als Nutzen generieren», wie das als wirtschaftsliberal geltende IWP schreibt. Die Studienautoren sehen bei diesen «schädlichen Bundessubventionen» Einsparpotenzial in Milliardenhöhe.

Grosse Sorgen bereitet den Autoren auch der Trend. «Die Subventionen steigen seit Jahren immer weiter an, dabei müsste der Bund wegen des steigenden Haushaltsdefizits ja eigentlich Geld sparen», sagt Martin Mosler (32), Co-Autor der Studie. Der Bund rechnet in den nächsten Jahren mit einer Finanzierungslücke von zwei bis drei Milliarden pro Jahr. Mosler: «Mehr Schulden machen geht nicht und auch eine Steuererhöhung dürfte beim Stimmvolk auf zu grossen Widerstand stossen.» Deshalb bleibe nur die Kürzung von Ausgaben.

Ja zu Subventionen für Bauern – aber wie viel und wofür?

Besonders schlecht eingesetzt werden die Subventionsgelder gemäss IWP im Bereich «Landwirtschaft und Ernährung», der vom Bund jährlich 3,6 Milliarden Franken erhält. Ein grosser Teil fliesst in Form von Direktzahlungen und soll etwa zur Versorgungssicherheit des Landes oder zur Pflege des Kulturlandes beitragen. Die IWP-Studie kommt jedoch zum Schluss, dass diese Ziele meist weit verfehlt werden. «Bei der Selbstversorgung erreicht die Schweiz gerade mal 50 Prozent und ist auf offene Grenzen angewiesen. Und die Zahlungen sorgen auch kaum für mehr Landschaftsschutz, sondern sind vor allem Industriepolitik», so Mosler.

Diese Studie schleckt keine Kuh weg.
Foto: Thomas Meier
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Diese Politik komme die Schweizer Haushalte teuer zu stehen: So liegen die Lebensmittelpreise kaufkraftbereinigt knapp 70 Prozent über dem EU-weiten Durchschnitt, beim Fleisch sind es sogar 130 Prozent. Dies, obwohl Subventionen bei Schweizer Landwirtschaftsbetrieben deutlich mehr zu den Einnahmen beitragen als im EU-Schnitt. «Es gibt durchaus Argumente dafür, dass die Landwirtschaft Subventionen erhält. Doch hier besteht ein grosses Einsparpotenzial. Die Bauern profitieren hier von einer erfolgreichen Lobbyarbeit», sagt Moser.

Direktor des Bauernverbands ist empört

Beim Direktor des Schweizer Bauernverbands löst die IWP-Studie grosses Kopfschütteln aus. «Was die Landwirtschaft betrifft, zeichnet sich dieser Bericht durch eklatante Unkenntnis aus. Der universitäre Elfenbeinturm hat etwas für die Delete-Taste verfasst», sagt Martin Rufer (46). Einerseits sei die autarke Selbstversorgung kein Ziel der Agrarpolitik oder der Direktzahlungen. «Damit zeigt sich, dass das IWP bei ihrem Subventionsreport von völlig falschen Annahmen ausgeht. Ihre Beurteilung der Zahlungen an die Landwirtschaft sind absurd. Die Direktzahlungen schaden der allgemeinen Wohlfahrt der Schweiz in keiner Art und Weise», führt Rufer aus.

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Auch im Bereich «Wirtschaft» leuchtet die IWP-Subventionsampel dunkelrot auf. So bedienen sich an den 430 Millionen Franken für energetische Gebäudesanierungen laut IWP oft Trittbrettfahrer. Bis zu 50 Prozent der Subventionsempfänger würden ihre Häuser und Wohnungen nämlich auch ohne das geschenkte Steuergeld energetisch sanieren, wie eine Befragung aus dem Jahr 2019 zeigt.

Auch Rentner zahlen für Arbeitslose

Die meisten Subventionen fliessen mit 23,5 Milliarden Franken in die soziale Wohlfahrt. Mosler nennt das Beispiel der Arbeitslosenversicherung (ALV): «Dort schiesst der Bund jährlich etwa 550 Millionen ein. Warum aber sollten Rentnerinnen und Rentner, welche diese Leistung gar nicht beziehen können, hier mitzahlen?» Aus Sicht des IWP sollte die ALV vollständig über Prämienzahlungen finanziert sein. «Das wäre auch sozialpolitisch fair», sagt Mosler.

Steigen die Subventionen im einen Bereich, fehlt das Geld schliesslich andernorts. So sind die Ausgaben für «Bildung und Forschung» in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Andernorts sei der Abbau von Subventionen jedoch politisch schwierig. Mosler: «Die Politik hält sich oft zurück, weil man sich bei den Betroffenen rasch unbeliebt macht.»

Diese Zahlungen sollten geprüft oder gestrichen werden

Hier soll gestrichen werden

Beim IWP kommt man zum Schluss, dass viele Subventionen in der Landwirtschaft der Schweizer Wirtschaft schaden. So setze beispielsweise die Förderung der Milch- und Viehwirtschaft falsche Anreize und sei auch ökologisch nicht sinnvoll. Zudem fliesse viel Geld in klimapolitische Massnahmen, die wegen des Zertifikatehandels am Ende kaum einen Effekt habe – oder von denen unnötigerweise, reiche Haushalte profitieren. Auch die Filmförderung kriegt ihr Fett weg: «Warum sollten rein ökonomisch betrachtet Filme gegenüber anderen Freizeitaktivitäten von Joggen bis Kegeln bevorzugt werden?», fragen sich die Studienautoren.

Das sollte man unter die Lupe nehmen

Die Bundeszuschüsse bei den Sozialversicherungen wie AHV oder IV nehmen kontinuierlich zu. Höhere Prämien und damit ein Ausbau des Verursacherprinzips könnte gemäss IWP helfen. Grosse Fragezeichen setzt das IWP auch über die Finanzierung im Verkehr: Die gute Infrastruktur sei ein Standortvorteil. Die intensive Doppelförderung von Strasse und Schiene berge aber Einsparpotenzial. Die Investitionstöpfe würden zum Teil Projekte fördern, deren volkswirtschaftlicher Nutzen zweifelhaft sei.

Hier ist jeder Franken Gold wert

Am richtigen Ort investiert, können Subventionen für die Wirtschaft einen grossen Nutzen entfalten: So beurteilt das IWP gerade Ausgaben für Bildungs- und Forschungseinrichtungen wie Universitäten oder die höhere Berufsbildung mehrheitlich positiv. Aber auch der Bereich Sicherheit mit Militär, Polizei, Strafvollzug oder Grenzkontrollen erhält grünes Licht. Selbiges gilt für den Bereich Umwelt und Raumordnung. Zu diesem gehören unter anderem der Schutz vor Naturgefahren, die Finanzierung von Nationalpärken oder die Sanierung von Altlasten.

Hier soll gestrichen werden

Beim IWP kommt man zum Schluss, dass viele Subventionen in der Landwirtschaft der Schweizer Wirtschaft schaden. So setze beispielsweise die Förderung der Milch- und Viehwirtschaft falsche Anreize und sei auch ökologisch nicht sinnvoll. Zudem fliesse viel Geld in klimapolitische Massnahmen, die wegen des Zertifikatehandels am Ende kaum einen Effekt habe – oder von denen unnötigerweise, reiche Haushalte profitieren. Auch die Filmförderung kriegt ihr Fett weg: «Warum sollten rein ökonomisch betrachtet Filme gegenüber anderen Freizeitaktivitäten von Joggen bis Kegeln bevorzugt werden?», fragen sich die Studienautoren.

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Die Bundeszuschüsse bei den Sozialversicherungen wie AHV oder IV nehmen kontinuierlich zu. Höhere Prämien und damit ein Ausbau des Verursacherprinzips könnte gemäss IWP helfen. Grosse Fragezeichen setzt das IWP auch über die Finanzierung im Verkehr: Die gute Infrastruktur sei ein Standortvorteil. Die intensive Doppelförderung von Strasse und Schiene berge aber Einsparpotenzial. Die Investitionstöpfe würden zum Teil Projekte fördern, deren volkswirtschaftlicher Nutzen zweifelhaft sei.

Hier ist jeder Franken Gold wert

Am richtigen Ort investiert, können Subventionen für die Wirtschaft einen grossen Nutzen entfalten: So beurteilt das IWP gerade Ausgaben für Bildungs- und Forschungseinrichtungen wie Universitäten oder die höhere Berufsbildung mehrheitlich positiv. Aber auch der Bereich Sicherheit mit Militär, Polizei, Strafvollzug oder Grenzkontrollen erhält grünes Licht. Selbiges gilt für den Bereich Umwelt und Raumordnung. Zu diesem gehören unter anderem der Schutz vor Naturgefahren, die Finanzierung von Nationalpärken oder die Sanierung von Altlasten.

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