Erster Mieter wirft den Bettel hin
Bevorteilt die Mall of Switzerland die Migros auf Kosten der Kleinen?

Die deutsche Kaffee-Kette Coffee Fellows steigt als erster Mieter in der Mall of Switzerland aus ihrem Vertrag aus. Das Shoppingcenter habe sich nicht an diesen gehalten – jetzt knallts.
Publiziert: 17.07.2018 um 12:19 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 21:11 Uhr
Konrad Staehelin

Stunk in der Mall of Switzerland: Die Schweizer Franchisenehmerin der deutschen Kaffee-Kette Coffee Fellows hat im Streit mit dem Einkaufszentrum in Ebikon LU die Luzerner Anwaltskanzlei Schenkel & Serrago Rechtsanwälte AG eingeschaltet. Der Laden ist geschlossen, dafür ein Rechtsstreit eröffnet. Das schreibt die «Luzerner Zeitung». 

Hintergrund: Coffee Fellows ist seit der Mall-Eröffnung vor acht Monaten dort eingemietet, sieht jetzt jedoch den Vertrag verletzt. Denn: Dieser garantiert laut Anwalt Mario Schenkel (34), im Bereich Erdgeschoss Ost exklusiv Gastronomie betreiben zu können. Nun biete jedoch auch die Migros gleich vis-à-vis Gastronomie an.

Mall machte nichts dagegen

«Die Migros hat Tische und Stühle aufgestellt», sagt Schenkel. «Wir haben mehrere Abmahnungen an die Center-Leitung geschickt, nichts ist passiert. Meine Klientschaft fühlt sich entsprechend nicht ernst genommen. Darum sind wir der Meinung, dass der Vertrag fristlos aufgelöst werden kann.» Nun ist ein Gesuch bei der Schlichtungsstelle Miete und Pacht des Kantons Luzern hängig.

Seit acht Monaten offen: Die Mall of Switzerland hat nicht nur Freunde.
Foto: Siggi Bucher
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Ist das Problem nicht einfach, dass die Umsätze nicht stimmten und man nun so schnell wie möglich aus dem Vertrag raus will? Schenkel verneint. «Die wichtigste Klausel des Vertrages wird nicht respektiert. Mit so einem Vertragspartner will Coffee Fellows nicht weiter zusammenarbeiten, Umsatzzahlen hin oder her.» Man kann aber davon ausgehen: Wäre die Filiale eine Goldgrube gewesen, hätte wohl niemand diesen Vertrag aufgegeben.

Der Frage, die sich aufdrängt: Hat das Mall-Management die Migros bevorteilt und ein Auge zugedrückt? Der orange Riese ist schliesslich Ankermieter im Center.

Im Mall of Switzerland gibt es Platz für 150 Retail- und Gastronomiebetriebe. Dazu kommen Kinos, Modeschauen, Ausstellungen.
Foto: Anja Wurm
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Centerleiter Jan Wengeler sagt zu BLICK: «Wir haben die Entwicklung in diesem konkreten Fall nicht erwartet. Es ist aber ein bekanntes Phänomen, dass es in Einkaufscentern in den ersten Monaten des Bestehens zu Wechseln kommen kann. Zu den juristischen Begleitumständen wollen wir uns nicht äussern.»

Von der Migros selbst steht aktuell ein Statement noch aus.

Emmen Center ist ganz nahe

Neben der Coffee Fellows hat auch der Kosmetikladen «Obey your Body» seit Anfang Monat geschlossen. Dort sind laut «Luzerner Zeitung» aber immer noch Produkte aufgestellt. Wengeler dazu: «Es handelt sich um eine temporäre Schliessung – wir rechnen mit einer kurzfristigen Öffnung.» 

Die Mall of Switzerland wurde im November 2017 als zweitgrösste Mall im Land eröffnet und kämpfte von Anfang an mit der Skepsis von vielen. Hauptgründe dafür: Einerseits liegen nicht nur die Städte Zug und Luzern in unmittelbarer Nähe, sondern auch das Emmen Center in Emmen LU, nur zehn Minuten im Auto entfernt und seit Jahrzehnten eine Shopping-Institution in der Innerschweiz.

Zauberwort Erlebnis-Shopping

Hinzu kommt das generelle Problem der stationären Handels: Das Internet mit starken Playern aus dem In- und Ausland wie Zalando oder auch Digitec-Galaxus fressen den Geschäften, die ihre Waren an Ort und Stelle anbieten, seit Jahren die Umsätze weg. Hinzu kommt der starke Franken: Warum in einem Schweizer Geschäft posten, wenn man eine Autostunde entfernt im grenznahen Ausland viel tiefere Preise bekommt?

Die Chefs der Mall of Switzerland versuchen diese Faktoren mit neuen Konzepten zu besiegen. Das Zauberwort: Erlebnis. So gibt es nicht nur zahlreiche Gastro-Angebote im Einkausfzentrum – mit dem Schluss-Frust von Coffee Fellows jetzt halt eines weniger – sondern auch ein ganzes Gebäude, das nur für Freizeiterlebnisse da ist. Dort ist zum Beispiel das Pathé-Kino eingemietet. Und ab September wird dann dort die Surf-Welle, die eigentlich schon bei der Eröffnung im November hätte stehen sollen, eröffnet.

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