Kakeibo hilft nachhaltig sparen
Die Finanzen im Griff dank japanischer «Milchbüechli»-Methode

Im neuen Jahr setzt man sich oft neue Ziele für die Zukunft. Wer nachhaltig sparen will, dem hilft eine alte Tradition aus Japan: Kakeibo.
Publiziert: 04.01.2024 um 19:32 Uhr
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Olivia Ruffiner
Handelszeitung

Die Korken knallen, die Gläser klirren. Vor lauter freudiger Erwartung auf das kommende Jahr nimmt man sich fest vor, an der eigenen Gesundheit, Fitness oder an den Finanzen zu arbeiten. Einem Sparkurs unterziehen sich zum anstehenden Jahreswechsel aufgrund der konjunkturellen Lage und der durch die Teuerung steigenden Lebenshaltungskosten wohl mehr Menschen als auch schon. Für Unterstützung kann dabei die japanische Budgetierungsmethode namens «Kakeibo» sorgen.

Ein Kakeibo, zu Deutsch «Haushaltsbuch», ähnelt in der Struktur einem herkömmlichen «Milchbüechli», ist aber auch eine Finanzphilosophie, mit der man das eigene Ausgabeverhalten reflektiert. Die Methode zielt auf einen achtsamen und bewussten Umgang mit dem eigenen Geld ab – und alles, was man dafür braucht, ist Stift und Notizheft.

Im Kakeibo notiert man sich sein Einkommen für den Monat und setzt sich Sparziele. Dann zeichnet man die einzelnen Ausgaben des laufenden Monats auf und kategorisiert diese in vier Bereiche. Zugleich notiert man auch, was alles eingenommen wird. Diese Ausgaben werden monatlich analysiert und mit den im Vornherein gesetzten Sparzielen abgeglichen. Ein Eckpfeiler der Kakeibo-Methode ist die Selbstreflexion des eigenen Ausgabeverhaltens. 

Von Hand notieren: Ein essenzieller Bestandteil der Kakeibo-Methode.
Foto: Getty Images
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Artikel aus der «Handelszeitung»

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Ein Kakeibo starten

Natürlich können heutzutage alle Ausgaben digital aufgezeichnet und mittels Algorithmen automatisch kategorisiert werden – manche Banken haben das bereits in ihren E-Banking-Portalen fix integriert. Das Kakeibo lebt aber von der handschriftlichen Notation, die zu einer eindringlicheren Auseinandersetzung mit dem eigenen Geld führt.

Anhand einer fiktiven Person wird klarer, wie ein Kakeibo geführt wird. Die Schweizerin Sina hat sich vorgenommen, ein Kakeibo zu starten, um effizient für eine Japan-Reise zu sparen. Als Erstes schreibt Sina auf, wie viel Geld sie diesen Monat einnimmt: Ihren Lohn, aber auch Einnahmen aus Nebenverdiensten und Dividendeneinnahmen. Wichtig: Bei der Kakeibo-Methode muss sie von diesem Gesamtbetrag bereits Fixkosten wie Miete, Hypothek oder die monatliche Einzahlung in die Säule 3a abziehen. Im nächsten Schritt wird das Sparziel festgelegt: Wie viel wird sie diesen Monat zur Seite legen zu können, was erhofft sie sich? Dieser Betrag kann variieren, sollte aber jeweils im realistischen Bereich liegen.

Dann startet Sina in den Monat: Ab jetzt notiert sie sich ihre Ausgaben und kategorisiert diese. Bei einem Kakeibo gibt es vier Hauptgruppen, nach denen im besten Fall jede noch so kleine Ausgabe sortiert wird. Unter «Notwendiges» trägt Sina alle Kosten ein. Darunter fallen beispielsweise Essen, benötigte Kleidung und Hygieneprodukte. Umgekehrt hält sie unter «Optionales» alles fest, wofür sie zusätzlich Geld ausgab – ein Restaurantbesuch oder ein schickes Paar Schuhe vielleicht. Besucht sie in diesem Monat eine Theateraufführung, geht ins Kino oder kauft sich ein neues Buch, erfasst sie diese Ausgabe in der Kategorie «Kultur». Zuletzt gibt es die Kategorie «Unvorhergesehenes». Sie steht für Ausgaben, mit denen Sina diesen Monat nicht gerechnet hat: ein Zahnarztbesuch oder die Rechnung für die Autoreparatur. 

Ist der Monat um, sieht sich Sina ihre Ausgaben an und zieht sie vom Einkommen ab – der Restbetrag kommt im besten Fall an das festgelegte Sparziel heran. In diesem Schritt der Selbstreflexion ist es Sinas Aufgabe, sich zu fragen, was sie im nächsten Monat besser machen kann, wo sie noch Sparpotenzial hat und welches Ausgabeverhalten sie allenfalls auch beibehalten sollte. Diese gezogenen Schlüsse notiert sie und formuliert zugleich ein neues Sparziel für den kommenden Monat. Es ist zudem eine Hilfe, wenn man sich wie Sina eingangs ein übergeordnetes Sparziel notiert: Hochzeit, eine Reise oder den Erwerb einer Immobilie beispielsweise.

In Japan kümmern sich die Frauen um die Finanzen

Das Kakeibo ist traditionellerweise ein von japanischen Frauen geführtes Haushaltsbuch. Als Schöpferin der Kakeibo-Methode gilt die japanische Journalistin Motoko Hani, die 1904 in einer Frauenzeitschrift erstmals über diese Art der Budgetierung berichtete. Denn: Seit dem zwölften Jahrhundert gelten Japans Frauen als Finanzmanagerinnen im Haus. 

Noch Mitte der 1970er-Jahre hätten rund 97 Prozent der in der Stadt lebenden und 66 Prozent der auf dem Land lebenden Hausfrauen das Haushaltsbudget verwaltet, schreibt die Soziologin Dorothea Robins-Mowry in ihrem Buch «Frauen des modernen Japans». Eine aktuelle Studie der Professorinnen Beyda Çineli von der Universität Köln und Ryota Mugiyama von der Gakushuin University in Japan bestätigt, dass in rund 50 Prozent der japanischen Haushalte die Finanzen noch immer eine zentrale weibliche Aufgabe sind. Diese klassische Rollenverteilung weicht allerdings immer mehr auf, weil japanische Frauen zunehmend berufstätig werden. 

Ob in Japan oder in der Schweiz: Die Kakeibo-Philosophie bietet sich über Grenzen hinaus als Alternative zu digitalen Budgetmethoden an. Besonders in einer digitalen Welt, in der sich mit wenigen Klicks der virtuelle Warenkorb füllt, hilft es, mit Stift und Papier sein Ausgabeverhalten zu hinterfragen. Es ist eine ganz simple analoge Methode im Kontrast zum digitalen Kaufrausch im Online-Shop. Probiere es doch im neuen Jahr mal aus.

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