Kampf der digitalen Banken spitzt sich zu
Wie die Neobank Yuh ihre Konkurrenz abhängt

Die Neobank Yuh boomt mit über 200'000 Kundinnen und Kunden. Tendenz steigend. Dass sie der Konkurrenz trotzt, ist kein Zufall. Wir erklären dir, was hinter Yuhs Erfolgskurs steckt.
Publiziert: 14.08.2024 um 11:47 Uhr
|
Aktualisiert: 14.08.2024 um 14:02 Uhr
holger_alich.jpg
Holger Alich
Handelszeitung

Auf dem Markt für digitale Banklösungen haben zuletzt Pleiten, Pech und Pannen für Schlagzeilen gesorgt: Vergangene Woche überraschte der Detailhändler Coop mit der Ankündigung, seine App Finance+ dichtzumachen – nach nicht einmal einem Jahr.

Auch Radicant, die neu gegründete Onlinebank der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB), kommt nicht vom Fleck. Im Mai schrieb die BLKB 22 Millionen auf das Initialinvestment von 90 Millionen ab. Ende Juni wies Radicant ganze 80 Millionen Franken Kundenvermögen aus. Und die UBS will die Neobank der Credit Suisse, CSX, abwickeln – obwohl diese bisher als Erfolg gilt.

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

Kundenzahl wächst um 60 Prozent

Die Neobank Yuh startet dagegen voll durch: Das Gemeinschaftsunternehmen von Swissquote und Postfinance ging vor gut drei Jahren an den Start und hat mittlerweile 235'000 sogenannte Yuhser, wie die Swissquote im Zuge der Bekanntgabe der Halbjahresergebnisse bekannt gab. Allein im ersten Halbjahr wuchs die Kundenzahl um fast 60 Prozent.

Das Gesicht hinter Yuh: CEO Markus Schwab erklärt, warum die Neobank so erfolgreich ist.
Foto: Boris Baldinger
1/5

Auch das Volumen der Kundenvermögen kann sich sehen lassen: Die Nutzerinnen und Nutzer der Bank-App haben auf den Konten und Depots bei Yuh insgesamt 2 Milliarden Franken liegen.

«Unser Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen war im ersten Halbjahr positiv. Im kommenden Jahr wollen wir ein positives Nettoergebnis ausweisen», sagt nun Yuh-Chef Markus Schwab der «Handelszeitung». «Als Neobank sind wir damit nach nur 3,5 Jahren in den schwarzen Zahlen.»

Das sind die Erfolgsfaktoren

Dabei gab es zu Beginn durchaus kritische Stimmen: Yuh starte reichlich spät, war eines der Argumente. «Gegen die agileren Fintechs wird Yuh fürs Erste einen schweren Stand haben», kommentierte die «Finanz- und Wirtschaft».

Was macht Yuh besser als die Konkurrenz? «Der Erfolg von Yuh basiert auf mehreren Faktoren», sagt Benjamin Manz, Geschäftsführer des Vergleichsdienstes Moneyland. «Die Preise fürs Banking und Trading sind sehr günstig, die App ist einfach zu bedienen, und das Trading-Angebot ist gerade für Einsteigerinnen und Einsteiger interessant, weil man auch kleine Summen zu geringen Gebühren investieren kann.»

Auch Yuh-Chef Schwab und Swissquote-CEO Marc Bürki verweisen darauf, dass Yuhs komplettes Produktangebot ein wichtiger Erfolgsfaktor sei. Anders als Finance+ von Coop bietet Yuh neben dem Zahlungsverkehr und den Vorsorgelösungen eben auch Anlagegeschäfte an. «Mit Zahlungsverkehr allein gewinnt man heute weder neue Kundschaft noch Geld», sagt Schwab.

Gute App-Bedienbarkeit ist entscheidend

Diese breite Aufstellung mache Yuh auch weniger anfällig für die Börsen- und Zinszyklen, so der Yuh-Chef. «Unser Einnahmeprofil ist ausgeglichen; Zinseinnahmen, Anlagegeschäft, Währungstransaktionen sowie Kartengeschäft sind die vier Ertragssäulen.» Läuft es mal im Anlagegeschäft nicht so gut, legen die Menschen ihr Geld auf Sparkonti an.

Laut Manz ist ein gutes Produktangebot allein aber ebenfalls noch kein Erfolgsgarant. Wichtig für den Erfolg von Yuh sei auch, dass die App einfach zu bedienen sei. Ein Punkt, der laut den App-Bewertungen von Finance+ von Coop offenbar ein Problem darstellte.

Mit der Postfinance und der Swissquote verfügt Yuh zudem über starke Partnerinnen. Auch dieser Punkt ist aber allein kein Matchwinner, denn hinter Radicant steht mit der BLKB eine grundsolide Staatsbank, und der Detailhandelsriese Coop hat ebenfalls tiefe Taschen.

Gründer rühren die Werbetrommel

Yuh gelang das Kunststück, die Stärken der Partner zu nutzen, ohne sich von den Müttern vereinnahmen zu lassen.

Beispiel: Gerade zum Start haben die Postfinance und die Swissquote ihre neue Neobank mit reichlich Marketingrummel bekannt gemacht. Laut Swissquote-Chef Bürki liessen sich die Gründungspartner das einen einstelligen Millionenbetrag kosten. Coop hat dagegen für die eigene Finanz-App hauptsächlich in den Coop-Läden und allenfalls in den Medien geworben.

Zudem konnten bestehende Kunden und Kundinnen von Postfinance und Swissquote einfach und schnell zur Yuh-Kundschaft wechseln, ohne einen aufwendigen Onboarding-Prozess mit neuer Ausweiskontrolle durchlaufen zu müssen. «Das hat Yuh in der Startphase geholfen, aber jetzt kommen die meisten Neukunden und Neukundinnen aus dem Markt und haben keine Beziehung zur Swissquote oder zur Postfinance», relativiert Swissquote-Chef Bürki.

Radicant leistet sich neue IT-Plattform

Anders als bei Radicant und bei Finance+ steuern Swissquote und Postfinance bei Yuh nicht nur Geld, sondern auch Technik und Know-how bei: Die Handelsplattform ist jene der Swissquote, bei der Betrugsbekämpfung hilft die Postfinance. «Wir haben mithilfe der Gründungspartner Synergien genutzt und keine komplett neue Bankenplattform gebaut. Das spart Millionen», sagt Yuh-Chef Schwab.

Radicant dagegen hat eine eigene, teure Banklizenz erworben. Zudem haben die Macher auf Basis der Cloud-Dienste eine komplett neue Bank-IT gebaut. Das erklärt die hohen Anfangsinvestitionen von rund 90 Millionen Franken.

Was der Aufbau von Yuh gekostet hat, will Swissquote-Chef Bürki nicht verraten. Er lässt aber durchblicken, dass Yuh um einiges billiger war als das Radicant-Projekt der BLKB.

Starke Gründerpartner können jedoch auch ein Problem sein, wenn sie sich zu stark einmischen. Diesen Punkt betonen sowohl Bürki als auch Yuh-Chef Schwab: Yuh sei als Start-up gegründet worden und werde auch so geführt – die Joint-Venture-Partner halten sich aus dem operativen Geschäft raus. «Das ermöglicht schnellere Entscheidungen. So haben wir unter anderem als erste Neobank nach der Zinswende positive Sparzinsen angeboten», sagt Schwab.

Yuh prüft Einstieg ins Kreditgeschäft

Bis Ende Jahr will er die Kundenzahl auf 260'000 steigern – was angesichts der aktuellen Wachstumszahlen eher konservativ wirkt. Und 2025 werde Yuh auch unter dem Strich schwarze Zahlen schreiben – genau so, wie es vor gut drei Jahren geplant war.

«Auf der Produktseite fehlen uns noch Kredite, vor allem Hypotheken. Immobilienfinanzierungen per App abzuschliessen, dafür ist der Markt meiner Meinung nach noch nicht reif. Aber das Kreditthema bleibt auf unserer Agenda», sagt der Yuh-Chef.

Dringend scheint ein weiterer Produktausbau nicht – denn Yuh wächst auch so ansehnlich.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.