Konto-Information ohne Sicherheitsfragen
Banken setzen auf automatische Stimmerkennung

Die Identifizierung von Kunden am Telefon erfolgt zunehmend durch Computer. Das spart Zeit – wirft aber im Hinblick auf Datenschutz auch Fragen auf.
Publiziert: 22.08.2021 um 12:58 Uhr
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Aktualisiert: 24.08.2021 um 10:25 Uhr
Thomas Schlittler

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Wer bei der Hausbank anruft, kommt in der Regel nicht daran vorbei, solche Fragen zu beantworten. Sie sollen Kunden identifizieren und Missbrauch verhindern.

Auf Fragerei wird immer häufiger verzichtet

Doch immer mehr Schweizer Finanzinstitute verzichten auf diese Fragerei. Der Grund: Sie haben ihre Callcenter mit Stimmerkennungs-Software ausgerüstet.

Wer seine Hausbank anruft, kommt in der Regel nicht daran vorbei, zur Identifizierung persönliche Fragen zu beantworten. Doch immer mehr Schweizer Finanzinstitute verzichten auf diese Fragerei. Der Grund: Sie haben ihre Callcenter mit Stimmerkennungs-Software ausgerüstet.
Foto: Shutterstock
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Ist die Stimme erst einmal gespeichert und der entsprechenden Bankkundin zugeordnet, erkennt der Computer sie beim nächsten Anruf automatisch.

Menschliche Stimme ist einzigartig

Während die Kundin also ihr Anliegen schildert, wird die Stimme mit dem hinterlegten Profil verglichen – und Mitarbeitende können im Fall der Übereinstimmung sofort Auskunft geben. Missbrauch ist praktisch ausgeschlossen. Die menschliche Stimme ist einzigartig und unverwechselbar wie ein Fingerabdruck.

Die Migros Bank hat das neue System vor einem Jahr eingeführt. Mittlerweile ist für 23'000 Kundinnen und Kunden ein Stimmprofil angelegt. Dieser Wert soll in den kommenden Monaten noch weiter gesteigert werden.

Positive Entwicklung?

Die Bank mit ihren rund 800'000 Klienten zieht eine positive Bilanz. «Das Feedback der Kunden ist gut», sagt ein Sprecher zu SonntagsBlick. Die Identifikationsfragen würden häufig als lästig wahrgenommen und ihr Sinn in Zweifel gezogen. Die Identifikation mittels Stimmbiometrie dagegen empfänden die Kunden als praktisch und zeitsparend – nicht zuletzt, weil die bisherige Identifikation im Schnitt rund 60 Sekunden dauerte.

Die Postfinance setzt bereits seit drei Jahren auf automatische Stimmerkennung. Wie viele Stimmen in dieser Zeit gespeichert wurden, will der Staatsbetrieb nicht verraten. Die Medienstelle beteuert aber, dass die Stimmerkennung auf hohe Akzeptanz stosse: «Die Erfahrungen seit der Einführung zeigen, dass die Stimmerkennung dem Bedürfnis unserer Kunden entspricht.» Die Ablehnungsrate bewege sich im tiefen einstelligen Prozentbereich.

Auch Bank Cler setzt auf Stimm-Erkennung

Angesichts dieser Resümees überrascht es nicht, dass sich auch andere Banken für die automatische Stimmidentifizierung interessieren. Die Bank Cler – bis 2017 Bank Coop genannt – hat die Stimmerkennung zur Kundenidentifikation im Juni dieses Jahres eingeführt. «Wir sind somit noch in der Anfangsphase. Was wir jedoch bereits jetzt sagen können, ist, dass rund 75 Prozent der angesprochenen Kunden der Stimmerkennung zustimmen», so eine Sprecherin.

Bei der Credit Suisse ist die neue Technologie ebenfalls ein Thema. Die Grossbank teilt mit: «Wir prüfen derzeit Stimmerkennungslösungen, bei denen unsere Kunden nach ausdrücklicher Einwilligung künftig vom vereinfachten telefonischen Identifikationsprozess profitieren können.»

Wie stehts um den Datenschutz?

Der Hinweis auf «ausdrückliche Einwilligung» kommt nicht von ungefähr. Die biometrische Authentifizierung via Spracherkennung ist nämlich nicht ganz unumstritten. Betreffend Datenschutz sind noch Fragen offen.

Das Büro von Adrian Lobsiger, dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB), hält diesbezüglich fest: «Biometrische Erkennungssysteme sind zulässig, wenn sie die Prinzipien des Datenschutzgesetzes erfüllen, insbesondere die Prinzipien der Verhältnismässigkeit und der Zweckbindung.»

Biometrische Daten sind besonders schützenswert

Konkret bedeutet dies: Es dürfen nicht mehr Daten als nötig bearbeitet werden – und sie dürfen nicht für andere Zwecke verwendet werden als jene, für die eine Einwilligung vorliegt.

Im totalrevidierten Datenschutzgesetz, das der Bundesrat vor wenigen Wochen in die Vernehmlassung geschickt hat, werden biometrische Daten zudem als besonders schützenswert klassiert. «Das bedeutet, dass es für deren Bearbeitung die explizite Einwilligung der betroffenen Personen braucht», heisst es dort.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beobachtet die Erhebung biometrischer Daten ebenfalls mit Argusaugen. AI-Sprecher Beat Gerber fordert, dass eine Erfassung biometrischer Datennur erfolgen darf, wenn die betroffenen Personen angemessen darüber informiert worden sind. «Dies ist bei der Stimmerkennung umso wichtiger, da ohne vorherige Aufklärung für die betroffene Person nicht ersichtlich ist, dass ihre biometrischen Daten erfasst werden.» Personen, die dies nicht wünschen, müssten zudem die Möglichkeit haben, die Authentifizierung durch eine Alternative ohne Speicherung biometrischer Daten vorzunehmen.

Kunden müssen zustimmen

Die betroffenen Schweizer Banken versichern unisono, dass sie all diese Forderungen im Hinblick auf den Datenschutz erfüllen. «Kundinnen und Kunden müssen ausdrücklich der Stimmerkennung zustimmen und können ihre Zustimmung auch jederzeit widerrufen», schreibt die Migros Bank.

Postfinance wiederum betont, dass es jedem Kunden jederzeit offen stehe, nicht über den Stimmabdruck, sondern weiterhin über die Abfrage von persönlichen Angaben authentifiziert zu werden.

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