Korruption steht im Raum
Fürstlicher Streit um Immobilien und Macht in Monte Carlo

In Monaco wird auf höchster Ebene gezankt. Mit Auswirkungen auf den Casinobetreiber SBM, an dem LVMH beteiligt ist.
Publiziert: 08.12.2023 um 20:25 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2024 um 17:27 Uhr
Holger Alich
Handelszeitung

Das Fürstentum Monaco und die Fürstenfamilie, angeführt vom Regenten Albert II., zählen zum Inventar der Klatschpresse. Doch seit zwei Jahren hält ein Politikskandal den Ministaat in Atem, der mittlerweile die Justiz in Paris und Monaco beschäftigt und den auch die internationale Wirtschaftspresse interessiert. Zurzeit decken sich der Fürst und seine früheren engsten Mitarbeitenden mit Strafanzeigen ein.

Mit im Strudel: die Société des Bains de Mer – kurz SBM. Die an der Euronext kotierte Gesellschaft ist quasi das Vehikel, mit dem sich auch Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen am Reichtum des Fürstentums beteiligen können, denn die Gesellschaft betreibt die beiden Casinos des Fürstentums sowie Hotels und Luxusrestaurants. 64 Prozent des Kapitals wird vom Fürstentum kontrolliert. Im ersten Halbjahr (Stichtag Ende September) setzte die SBM rund 446 Millionen Euro um und verdiente 112 Millionen. Die Geschäfte laufen also gut.

Nun kommt Unruhe auf. Denn der frühere SBM-Grossaktionär und Immobilienmilliardär Patrice Pastor hat bei der französischen Börsenaufsicht AMF eine Beschwerde eingelegt: So soll die SBM Interessenkonflikte ihrer Verwaltungsräte nicht sauber kommuniziert haben. Zudem soll die Berufung des aktuellen Chefs der SBM, Stéphane Valeri, unsauber abgelaufen sein. Die SBM bestreitet das.

Fürst Albert von Monaco ist mit seinen früheren Vertrauten im Clinch.
Foto: imago images/PanoramiC
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Die Vorgeschichte: Im Herbst 2021 geht die Webseite mit dem Namen «Les Dossiers du Rocher» (Felsen-Dossiers; der Begriff «Felsen» ist ein Synonym für Monaco) live. Auf ihr werden Tausende gehackte E-Mails und Dokumente von vier einflussreichen Männern des Fürstentums geleakt: Claude Palmero, der frühere Vermögensverwalter der Fürstenfamilie, Thierry Lacoste, Jugendfreund und Anwalt von Fürst Albert, Laurent Anselmi, früherer Kabinettschef von Albert sowie Didier Linotte, Präsident des obersten Gerichtshofs Monaco.

Wer steckt hinter den Leaks?

Der Vorwurf: Alle vier hätten ihren Einfluss genutzt, um sich zum Beispiel bei Immobilienprojekten die Taschen vollzustopfen und Gefolgsleute zu platzieren – auf Kosten des Fürstentums. Der Vorwurf der Korruption steht im Raum. Alle vier beteuern ihre Unschuld und wehren sich mit Anzeigen wegen Verleumdung. Im Sommer hat Fürst Albert durchgegriffen und unter anderem seinen langjährigen Vermögensverwalter Palmero rausgeworfen. Vor kurzem legte das Fürstenhaus mit einer Strafanzeige gegen ihn nach.

Letztlich geht es bei diesem Streit um Monacos dickste Wiese: den Immobilienmarkt. Der Quadratmeter kostet hier im Schnitt rund 50’000 Euro. Das Erschliessen neuer Grundstücke durch Meeresaufschüttungen und den Verkauf von Wohnungen auf diesen neuen Grundstücken gilt daher als eine Art Gelddruckmaschine.

Daher wird hinter den Leaks der monegassische Immobilienmilliardär Pascal Pastor vermutet – was dieser verneint. Dieser soll sauer sein, dass die Viererbande aussichtsreiche Immobilienprojekte der Konkurrenz zuschanzte.

Beschwerde bei der Börsenaufsicht

Der Zank greift nun auf die kotierte SBM über. Im Juni reichte Pastor eine Beschwerde bei der französischen Börsenaufsicht AMF ein. Der damalige Verwaltungsrat und Anwalt des Fürsten, Thierry Lacoste, habe Vergütungen von Auftragnehmern der SBM erhalten, ohne diesen Interessenkonflikt offenzulegen, lautet ein Vorwurf.

Pastor war mit 5 Prozent einer der wichtigen Aktionäre der SBM, zu denen auch der französische Luxusriese LVMH zählt. Im Herbst 2022 wollte Pastor in den Verwaltungsrat von Monacos wichtigster Firma einziehen, was Lacoste und seine Verbündeten aber verhindert hätten. Stattdessen wurde Stéphane Valeri Verwaltungsrat, der frühere Parlamentspräsident. Anfang Jahr übernahm Valeri als Delegierter des Verwaltungsrates die operative Führung des Konzerns.

Pastor vermutet nun, dass auch Valeris Berufung auf das umstrittene Netzwerk seiner Gegner zurückgeht. Quellen aus dem Umfeld von Pastor nennen als Indiz für diese These den zeitlichen Ablauf eines umstrittenen Immobilienprojektes namens «Esplanade des Pêcheurs», bei dem Valeri eine Rolle gespielt haben soll.

Der Immobilienmarkt des Fürstentums zählt zu den teuersten der Welt.
Foto: Keystone

Verdächtiger Zeitablauf

Das Projekt, bei dem unter anderem 23 Wohnungen sowie Geschäfte und ein Museum entstehen sollen, wurde an Pastors Konkurrenten Caroli übertragen. Bei dem Projekt tritt der Staat Monaco den Baugrund an den Immobilienentwickler ab. Für diese Privatisierung war ein Parlamentsbeschluss nötig. Dieser erfolgte im Juli 2022, als Valeri noch Parlamentspräsident war. Im September wurde er Verwaltungsrat bei der SBM, Anfang 2023 dann operativer Chef des Casinobetreibers.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Ist der prestigeträchtige Posten der Dank dafür, dass Valeri das heikle Gesetzesvorhaben durch das Parlament brachte? Darauf angesprochen, spricht die SBM von «unbegründeten Vorwürfen» und von «reiner Desinformation». Valeri sei vom gesamten Verwaltungsrat – und damit auch von den Vertretern und Vertreterinnen des Fürstentums – im Januar zum neuen Delegierten des Verwaltungsrates gewählt worden. Allerdings amtete damals noch Thierry Lacoste im VR als Vertreter des Fürstentums, den Job verlor er dann im Zuge der Enthüllungen.

Von einer Beschwerde bei der Pariser Börsenaufsicht AMF hat die SBM laut einer Sprecherin zudem keine Kenntnis. Die AMF selbst äussert sich auf Anfrage nicht dazu.

Und wie steht der Luxusriese LVMH und SBM-Aktionär zu den Vorwürfen? Das Imperium von Bernard Arnault will sich offenbar nicht in die Schlammschlacht hineinziehen lassen – und schweigt. Mehrere Mails und SMS mit Bitte um Stellungnahme blieben ohne Antwort.

Der Kampf zwischen dem Milliardär Pastor und seinen Gegnern ist ein Kampf um Macht, Geld und Einfluss. Ein Thema, das zu schade ist, um nur in der Regenbogenpresse abgehandelt zu werden.

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