Lehrberufe im Digitalisierungs-Check
Ist mein Job noch sicher?

Die Digitalisierung macht vor keiner Branche Halt. Auch in vielen der klassischen Schweizer Lehrberufe läuft bereits vieles automatisiert. Doch ein Überblick zeigt: Wer einen Beruf wählt, der Fingerspitzengefühl voraussetzt, hat gute Aussichten.
Publiziert: 14.09.2017 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:00 Uhr
In dieser Pizzeria in Pakistan serviert eine Roboter-Frau.
Foto: AP
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Viele Lehrling stellen sich heute diese bange Frage: «Gibt es den Beruf, den ich gerade erlerne, in 20 Jahren überhaupt noch?» In den nächsten Jahrzehnten werden Computer und Roboter zahlreiche menschliche Tätigkeiten übernehmen, sind sich Experten sicher. Wer hat da langfristig Zukunftschancen, wer nicht?

Eine verlässliche Antwort auf die Frage gibt es nicht. Dass es längst Rasenmäh-Roboter gibt, wissen wir alle. Aber Computer mit grünem Daumen, die selbständig Unkraut jäten und anpflanzen? Das gesamte Management eines Gartens wirkt dann doch zu kompliziert. Nur: Wie lange noch?

Kristallkugel der Branchen-Zukunft

Vor einigen Monaten hat der deutsche TV-Sender ARD in Kooperation mit verschiedenen Fachstellen eine Themenwoche unter dem Motto «Zukunft der Arbeit» durchgeführt. Ein Teilprojekt: der Job-Futuromat, eine Kristallkugel der Branchen-Zukunft. 

Für rund 4000 Berufe wurden dort die wichtigsten Fähigkeiten erfasst. Die Hauptfrage: Wie viele dieser Tätigkeiten könnten schon heute automatisiert abgewickelt werden? Das Tool versteht sich nicht als Prognose, dennoch gibt es einen Überblick darüber, welche Rolle die Digitalisierung in welchem Beruf spielt – und spielen wird.

Fingerspitzengefühl und Kreativität

11 junge Schweizerinnen und 27 junge Schweizer vertreten die Schweiz Mitte Oktober bei den WorldSkills, einer Berufs-Weltmeisterschaft, in Abu Dhabi. Ihre Lehren haben sie vor wenigen Monaten abgeschlossen, sie gehören zu jenen Menschen, die sich fragen, welche Aussichten sie langfristig haben. Den meisten gibt der Job-Futuromat eine positive Antwort.

Generell zeigt sich, dass Fingerspitzengefühl und Kreativität gefragt bleiben werden. Denn die sind des Roboters Defizite. Ideale Voraussetzungen für Nils Bucher aus Sarnen OW und Benjamin Räber aus Herlisberg LU. Sie beide treten an den WorldSkills als Landschaftsgärtner-Team an.

Computer oder Roboter können nur 14 Prozent ihrer Fähigkeiten bereits übernehmen, urteilt das Programm. Plattenlegen, Terrassen-, Wege- oder Stufenbau, Erdbewegung und Baumpflege – alles bislang nicht automatisierbar. Anbauen/Anpflanzen – das geht aber schon, so der Befund. Das Ende dieses Jobs ist noch lange nicht absehbar. Ähnlich sieht die Analyse bei Berufen wie Maurer, Plattenleger, Gipser oder Zimmermann aus. Sie kommen allesamt auf 0 bis 15 Prozent.

Die Schweizer Berufsnati

Das duale Berufsbildungssystem in unserem Land ist einzigartig. Junge Schweizer Berufsleute stellen das an Meisterschaften immer wieder unter Beweis. Elf Goldmedaillen holte das SwissSkills-Team, das im Oktober 2017 in Abu Dhabi an der Berufs-WM antrat. Der nächste Grossanlass steht im September 2018 auf dem Programm: die SwissSkills 2018 in Bern, bei welchen in 75 Berufen Schweizer Meisterschaften durchgeführt werden.

Das duale Berufsbildungssystem in unserem Land ist einzigartig. Junge Schweizer Berufsleute stellen das an Meisterschaften immer wieder unter Beweis. Elf Goldmedaillen holte das SwissSkills-Team, das im Oktober 2017 in Abu Dhabi an der Berufs-WM antrat. Der nächste Grossanlass steht im September 2018 auf dem Programm: die SwissSkills 2018 in Bern, bei welchen in 75 Berufen Schweizer Meisterschaften durchgeführt werden.

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Analysieren muss immer noch der Mensch

In anderen Bereichen laufen schon viel mehr Schritte automatisiert. Vor einigen Wochen besuchte Blick.ch den Automobil-Mechatroniker und WorldSkills-Teilnehmer Riet Bulfoni in Scoul GR. Er lässt sich derzeit zum Diagnostiker weiterbilden. In der Garage zeigte er eines der wichtigsten Werkzeuge bei seiner Arbeit: eine Art Scan Tool, welches das Auto unter die Lupe nimmt und die Probleme erfasst. Einen Reim auf die angezeigten Daten muss sich freilich immer noch das menschliche Hirn machen. 

Bei den verschiedenen Auto-Berufen kommt der Job-Futuromat auf 50 oder mehr Prozent der Aufgaben, die automatisierbar sind. Dazu gehören auch Karosseriearbeiten. Sorgfältig ausbeulen kann der Computer indes noch nicht. Auch dazu fehlt ihm das Fingerspitzengefühl.

Die Kassiererin wäre wegautomatisierbar

Köche können – nach ihrem langen Arbeitstag – immer noch etwas ruhiger schlafen. Verlässliche Geschmacksknospen hat der Computer noch nicht entwickelt. Bei den WorldSkills tritt Evelyne Tanner aus Egnach TG an.

29 Prozent ihrer Tätigkeiten könnte – gemäss Job-Futuromat – eine Maschine erledigen. Nämlich jene, in denen es um Planung geht: Kalkulation, Menü-Erstellung, Arbeit nach Rezeptur. Dazu kommt ein eher schwammig formulierter Punkt: Grundwissen in Patisserie und Desserts. Die Künstliche Intelligenz, die abschmecken kann, die muss zuerst noch erfunden werden.

Bei der Restaurantfachfrau lautet das Resultat: 17 Prozent. Servieren sei noch nicht möglich, urteilt die Analyse-Site. Auch wenn der Service-Roboter aus Pakistan (im Bild oben) anderes zu beweisen scheint.

100 % automatisierbar sind heute laut Analyse 317 Berufe. Darunter etwa: Kassierer/in. Gibt es in Zukunft tatsächlich nur Selbst-Scan-Kassen oder benötigen wir das menschliche Gegenüber einfach? Die Zeit wird es zeigen. (tri)

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