Medien
Nationalrat will Print- und Onlineförderung gemeinsam angehen

Der Nationalrat will die Förderung von klassischen Print- und neuen Onlinemedien gemeinsam angehen. Er hat am Donnerstag eine Teilung der Vorlage, wie es die Kommission forderte, knapp abgelehnt.
Publiziert: 10.09.2020 um 09:32 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2020 um 10:49 Uhr
Sollen in Zukunft neben klassischen auch digitale Medien gefördert werden? Der Nationalrat sagt grundsätzlich Ja. Er hat eine Teilung des Medienförderungspakets abgelehnt. (Themenbild)
Foto: CHRISTIAN BEUTLER

Der Entscheid in der grossen Kammer fiel mit 109 zu 84 Stimmen bei einer Enthaltung. Nun muss sich die Fernmeldekommission des Nationalrats erneut mit der Vorlage befassen. Sie hat den Auftrag, das vom Bundesrat unterbreitete und vom Ständerat bereits angenommene Massnahmenpaket zugunsten der Medien integral vorzuberaten.

Durchgesetzt hat sich der Antrag der Kommissionsminderheit mit Stimmen von SP, Grünen, GLP und einer Mehrheit der Mitte-Fraktion. Sie sind der Ansicht, dass sich die Medienförderung stärker an der wachsenden digitalen Mediennutzung ausrichten soll. «Wir zweifeln daran, dass eine Förderung für Onlinemedien auf anderem Weg vorangetrieben wird», sagte Isabelle Pasquier-Eichenberger (Grüne/Genf). Vom Strukturwandel in der Branche seien alle Kanäle betroffen, also sollten auch alle Kanäle unterstützt werden.

SVP und FDP setzten sich für eine separate Behandlung der Print- und Onlineförderung ein. Sie zweifelten daran, dass die vorgesehene Förderung von Onlinemedien verfassungskonform ist. «Es geht nicht, dass wir Gesetze beschliessen, für die wir keine verfassungsmässige Zuständigkeit haben», sagte Gregor Rutz (SVP/ZH).

Die erstmalige Förderung von Onlinemedien müsse gut überlegt sein, sagte auch Christian Wasserfallen (FDP/BE). Es brauche mehr Anhörungen, alternative Unterstützungsmodelle müssten geprüft werden. Um bei den unumstrittenen Teilen der Vorlage keine Zeit zu verlieren, sei eine Aufschnürung sinnvoll.

In der vorberatenden Kommission hatte diese Argumentation noch eine knappe Mehrheit überzeugt. Für eine Aufschnürung des Pakets hatte sich auch die Staatspolitische Kommission (SPK) in einem Mitbericht ausgesprochen.

In der Zwischenzeit hat der Wind gedreht. Die Lobby-Offensive von verschiedenen Medienverbänden scheint ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. Diese warnten davor, mit einer Aufsplittung des Pakets die gesamte Vorlage zu gefährden. Neben der SVP, die eine staatliche Unterstützung der Medien aus grundsätzlichen Überlegungen ablehnt, drohten auch die linken Vertreterinnen und Vertreter mit einem Nein in der Gesamtabstimmung, falls die Onlineförderung ausgenommen würde.

Die Mitte-Fraktion spielte das Zünglein an der Waage. Eine Mehrheit unterstützte den Rückweisungsantrag. «Ein Paket soll nicht unnötig aufgeschnürt werden», sagte Martin Candinas (CVP/GR). Zudem sei die vom Bundesrat konzipierte Onlineförderung durchdacht. Die Angebote blieben unabhängig, es gebe keine Leistungsaufträge.

«Eine Medienförderung im Jahr 2020, welche keine digitalen Medien berücksichtigt, wäre nicht zeitgemäss», sagte SP-Fraktionssprecher und Ex-Journalist Matthias Aebischer (SP/BE). Nur die gedruckte Presse zu fördern, sei reine Strukturerhaltung, sagte Katja Christ (GLP/BS). «Das sollte auch ein Parlament erkennen, das mit einem Durchschnittsalter von über 55 Jahren dem täglichen Gang an den Briefkasten noch etwas abgewinnen kann.»

Grundsätzlichen Widerstand gegen die Medienförderung gab es nur von der SVP. Rutz bezeichnete die Vorlage als «Sammelsurium verschiedenster Anliegen» und als «schönen Geschenkkorb, wo für jeden Geschmack etwas drin ist».

Die übrigen Fraktionen sehen aber Handlungsbedarf. «Medien sind die vierte Gewalt im Staat, sie überwachen und informieren», sagte Kommissionssprecher Philipp Kutter (CVP/ZH). Die Branche habe ein Problem: «Die Leserinnen und Leser gewöhnen sich nur langsam daran, dass auch digitale Medienkanäle kostenpflichtig sind.» Dieser Strukturwandel müsse gebremst werden, es brauche eine Unterstützung durch den Staat.

Nach der Rückweisung an die Kommission behandelt der Nationalrat die Vorlage wohl in der Wintersession ein nächstes Mal. Frühestens im Frühling 2021 könnte das Medienpaket bereinigt werden, eine Inkraftsetzung wäre nach den gängigen Fristen frühestens per Anfang 2022 realistisch.

Der Zeitplan ist nicht unerheblich. Die Corona-Pandemie hat den Strukturwandel in der Medienbranche weiter beschleunigt. Viele Zeitungen kämpfen ums Überleben, hunderte Stellen wurden in den kommenden Monaten und Jahren abgebaut.

Der Bundesrat hat das Massnahmenpaket zugunsten der Medien bereits vor der Corona-Krise geschnürt. Dieses besteht aus drei Säulen. Erstens wird eine Postgesetzrevision beantragt, über welche die bereits bestehende indirekte Presseförderung erweitert werden soll. Hiermit soll die gedruckte Presse umfassender unterstützt werden, und es sollen mehr Titel von ermässigten Zustelltarifen der Post profitieren.

Dafür ist eine Erhöhung der Förderung um 20 auf neu 50 Millionen Franken pro Jahr vorgesehen. Der Ständerat und die vorberatende Nationalratskommission wollen auch eine Förderung der Frühzustellung von Zeitungen und damit auch der Sonntagspresse ins Massnahmenpaket aufnehmen. Das kostete den Bund zusätzliche 40 Millionen Franken pro Jahr. Die Verbands- und Mitgliederpresse soll neu jährlich 30 statt 20 Millionen Franken erhalten.

Zweitens sollen über eine Revision des Radio- und TV-Gesetzes neue Massnahmen finanziert werden, die dem ganzen Mediensystem zugutekommen. Darunter fallen unter anderem die Unterstützung für die journalistische Ausbildung und für die Nachrichtenagenturen sowie ein Fördertopf für IT-Projekte im Sinne von Branchenlösungen. Dafür sind 2 Prozent aus der Radio- und Fernsehabgabe vorgesehen, rund 30 Millionen Franken pro Jahr. Dieser Teil ist unumstritten.

Drittens legt der Bundesrat ein neues Gesetz für die Förderung von Onlinemedien vor. Damit sollen publizistische Bezahlangebote, die einen professionellen digitalen Service-public-Journalismus bieten, für zehn Jahre unterstützt werden. Hierfür sind 30 Millionen Franken pro Jahr veranschlagt. Die Modelle sind indirekt ausgestaltet, auf Leistungsaufträge wird verzichtet. Die redaktionelle Freiheit bleibt laut dem Bundesrat gewahrt.

(SDA)

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