Milliarden-Medis unter Druck
Warum beim Pharmagiganten Novartis Zittern angesagt ist

Novartis hat gute Zahlen für das erste Halbjahr präsentiert. Chef Vas Narasimhan hat die Jahresziele nach oben korrigiert. Doch es ziehen dunkle Wolken auf.
Publiziert: 19.07.2023 um 00:14 Uhr
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Aline LeutwilerFreie Journalistin Politik und Wirtschaft

Novartis-Chef Vas Narasimhan (46) muss abliefern. Unklarheiten über die Zukunft der Tochter Sandoz und Pech in der Medikamenten-Pipeline haben in den vergangenen Monaten den Druck auf den Topmanager steigen lassen. Da kommen ihm die Halbjahreszahlen, die am Dienstag besser als prognostiziert ausgefallen sind, gelegen. Der Umsatz der ersten sechs Monate: 26,6 Milliarden Dollar – im Jahresvergleich ein Plus von fünf Prozent.

Narasimhan doppelt nach, erhöhte die Zielsetzungen für das Gesamtjahr. Nun erwartet der Amerikaner ein Umsatzwachstum von knapp zehn Prozent. Die Aktionärsherzen höher schlagen lässt auch die Ankündigung eines weiteren Aktienrückkaufprogramms. So legte die Novartis-Aktie am Dienstag stark zu – ein Befreiungsschlag für Narasimhan?

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Vielleicht. Wären da nicht dunkle Wolken an der Patentfront für bisherige Milliarden-Bringer unter den Medikamenten. Wachstumstreiber sind vor allem das Herzmittel Entresto, die Krebstherapien Pluvicto und Kisqali sowie der MS-Mittel Kesimpta.

Novartis liefert gute Zahlen zum ersten Halbjahr 2023 ab.
Foto: keystone-sda.ch
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«Wir werden Berufung einlegen, weil wir denken, mit unseren Argumenten doch gewinnen können.»
Novartis-Chef Vas Narasimhan
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Doch ausgerechnet das Milliarden-Medikament Entresto dürfte Narasimhan nun Kopfschmerzen bereiten. Vor einigen Tagen hat das US-Bezirksgericht in Delaware ein zentrales Patent des Herzmedikaments für ungültig erklärt. «Wir werden Berufung einlegen, weil wir denken, mit unseren Argumenten doch gewinnen können», versicherte Narasimhan an der gestrigen Medienkonferenz.

Doch auch die Patente des Bestsellers Cosentyx drohen auszulaufen. Solange es geht, wird Novartis versuchen, sich auf dem rechtlichen Weg zu wehren. Sobald der Schutz für Entresto und Cosentyx wegfällt, sind Generika-Hersteller zur Stelle, um den milliardenschweren Markt zu erobern. Mit dem jüngsten Gerichtsentscheid dürfte es früher so weit sein als bislang angenommen.

Projekte der Medi-Pipeline gestrichen

Narasimhan braucht folglich neue Milliarden-Medis, um seine Wachstumsversprechen einlösen zu können und seinen Platz an der Konzernspitze zu sichern. In den vergangenen Jahren kaufte der Pharmariese daher emsig kleine Pharmafirmen und Medikamente, um neue Produkte auf den Markt zu bringen. Ausgerechnet dieses Jahr musste der Novartis-Chef aber zahlreiche Projekte zur Entwicklung neuer Arzneien aus eigener Küche streichen. Novartis führt nur noch 136 Projekte, statt ursprüngliche 150 durch.

Das Unternehmen am Rheinknie ist damit nicht allein. Einige Pharmagiganten haben dieses Jahr den Rotstift gezückt. Grund für die Entwicklung sind neue Regulationen in den USA und Europa. Die Vereinigten Staaten, der wichtigste Markt, möchten Big Pharma zum Sparen zwingen und die Hürden für neue Medikamente erhöhen.

Ob die verbleibenden 136 potenziellen Medikamente, die noch in Studien getestet werden, so grosse Kassenschlager wie Entresto werden, steht heute noch in den Sternen. Und so bleibt Novartis-Boss Narasimhan weiter unter Erfolgsdruck.

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