Millionen für Energiehändler
Bei Axpo verdienen einzelne Trader mehr als der CEO

Bei der Axpo, die vorwiegend den Kantonen gehört, kassieren nicht die Chefs am meisten, sondern die Top-Händler. Die Millionen-Gehälter werden im Geschäftsbericht des Stromkonzerns jedoch verschwiegen.
Publiziert: 25.12.2022 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 25.12.2022 um 08:49 Uhr
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Für Axpo-Chef Christoph Brand (53) war 2022 ein Jahr zum Vergessen. Zwar erwirtschaftete er mit seinem Unternehmen im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinn von fast 600 Millionen Franken. In Erinnerung bleiben wird aber die Tatsache, dass der grösste Stromkonzern des Landes wegen Liquiditätsengpässen den Bund um Hilfe rufen musste. Der Grund: Axpo musste für den Stromhandel an der Börse zusätzliche Sicherheiten hinterlegen, nachdem die Energiepreise in ungeahnte Höhen geschossen waren.

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Axpo-CEO Christoph Brand:«Wir wollen uns vor dem Extrem-Szenario schützen»

Bis jetzt musste Axpo die notfallmässig beantragte Kreditlinie von bis zu vier Milliarden Franken nicht in Anspruch nehmen. Dennoch hat der Energieriese mit der Aktion viel Vertrauen verspielt – auch bei den Aktionären. Die Eignerkantone Zürich, Aargau, Zug, Schaffhausen und Glarus haben diese Woche beschlossen, die Geschäftsführung der Axpo durch eine externe unabhängige Stelle prüfen zu lassen. Ein krasses Misstrauensvotum gegenüber der Konzernleitung.

Die Axpo-Eignerkantone Zürich, Aargau, Zug, Schaffhausen und Glarus haben diese Woche beschlossen, die Geschäftsführung der Axpo durch eine externe unabhängige Stelle prüfen zu lassen. Im Fokus der Untersuchung stehen unter anderem die Trading-Aktivitäten im In- und Ausland.
Foto: Keystone
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Im Fokus der Untersuchung stehen unter anderem die Trading-Aktivitäten im In- und Ausland. Im Kern dürfte es um folgende Frage gehen: Dienen die Handelsgeschäfte der Axpo, die in den vergangenen Jahren stark ausgebaut wurden, tatsächlich noch der Versorgungssicherheit in der Schweiz? Oder wurde die Staatshilfe auch deshalb nötig, weil der Energiekonzern mittlerweile zockt wie eine Investmentbank?

Auf Wall-Street-Niveau

Die Resultate der Prüfung sollen im Frühling 2023 vorliegen. Eines steht aber schon jetzt fest: Zumindest was die Vergütung betrifft, müssen sich die Axpo-Trader gegenüber ihren Kollegen an der Wall Street nicht verstecken. In Gesprächen mit ehemaligen Kadermitarbeitern der Axpo hat SonntagsBlick erfahren, dass die Tophändler mehrere Millionen Franken verdienen können – und damit auch mehr als CEO Brand, der im vergangenen Geschäftsjahr auf ein Salär von etwas mehr als einer Million Franken kam.

Axpo bestreitet diese Informationen auf Anfrage von SonntagsBlick nicht. Die Medienstelle betont aber, dass die Vergütung der Händler «ergebnisbezogen» erfolge. «Das beinhaltet auch, dass sie über ein Malussystem an Verlusten partizipieren», sagt eine Sprecherin. Weiter hält das Unternehmen fest, dass die Geschäftsleitung und der CEO derzeit keine variablen Lohnkomponenten erhielten.

Zu weiteren Details der Arbeitsverträge und Lohnzahlungen einzelner Mitarbeitenden will sich Axpo «aus Gründen des Persönlichkeitsrechtes und -schutzes» nicht äussern. «Solche Informationen sind vertraulich», so die Medienstelle.

Unbeantwortet lässt das Unternehmen deshalb auch die Frage, wie viele Toptrader es bei Axpo gibt, die pro Jahr mehr als eine Million Franken verdienen können und ob und bei welchem Millionenbetrag die Gesamtvergütungen der Axpo-Trader gedeckelt sind.

Das Finanzportal «Inside Paradeplatz» schrieb Mitte September, dass es laut Insidern 15 Axpo-Trader gebe, die eine Million Franken und mehr verdienten. Vergangene Woche legte das Medium nach und verkündete, dass «die besten Trader von Helvetiens Stromriesen» gar individuelle Bonusansprüche von 30 bis 40 Millionen Franken hätten.

Die Zahl der 15 Händler lässt Axpo unkommentiert. Dass für einzelne Angestellte Vergütungen von 30 bis 40 Millionen Franken möglich seien, dementiert das Unternehmen jedoch. «Die Behauptung, es gäbe ergebnisbezogene Vergütungen im zweistelligen Millionenbereich, ist falsch», sagt eine Sprecherin.

Im Umkehrschluss bedeutet diese Formulierung jedoch auch: Vergütungen von bis zu 9,9 Millionen Franken sind nicht ausgeschlossen.

Bei den meisten Firmen undenkbar

Die Tatsache, dass bei Axpo einzelne Angestellte teilweise mehr verdienen als die Mitglieder der Konzernleitung, ist aussergewöhnlich und bei den meisten anderen Firmen undenkbar. Ein ehemaliger Kadermitarbeiter des Stromkonzerns erklärt diese Besonderheit gegenüber SonntagsBlick damit, dass Axpo einerseits ein öffentliches Unternehmen sei, das grossmehrheitlich den Kantonen gehöre, im Kampf um die besten Energie- und Rohstoffhändler jedoch mit privaten Konzernen wie Glencore und Konsorten konkurrenziere. «Dementsprechend muss Axpo auch vergleichbare Löhne bezahlen. Denn diese Leute kommen nicht für ein Butterbrot zur Arbeit.»

Die Axpo in der gleichen Liga wie Glencore? Die Medienstelle empfindet das nicht als Kompliment und wehrt sich gegen diesen Vergleich. «Wir orientieren uns an Firmen aus der Elektrizitätswirtschaft», betont eine Sprecherin.

Ein Blick auf das Berufsnetzwerk Linkedin zeigt, dass einige Mitarbeiter der Axpo-Trading-Abteilung früher tatsächlich bei Alpiq oder BKW gearbeitet haben. Mindestens ebenso oft heissen die ehemaligen Arbeitgeber aber BP, Mercuria, Trafigura, Vitol – oder Glencore. Hinzu kommen globale Finanzinstitute wie J. P. Morgan, UBS oder die Zurich Versicherung.

Auch die Vielfalt der Arbeitsorte ist beeindruckend: im Trading-Room im beschaulichen Baden AG ist nur ein Teil der Axpo-Angestellten zu Hause. Andere sitzen verteilt in ganz Kontinentaleuropa und auch in London, New York und Singapur.

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