Nach Crowdinvesting von 1,43 Millionen
Patrizia Laeris Finanzplattform liegt weit hinter den Wachstums-Zielen zurück

Mit optimistischen Prognosen konnte das Zürcher Startup viele Investorinnen gewinnen. Nun zeigen Zahlen: Es läuft nicht gut.
Publiziert: 17.06.2024 um 12:06 Uhr
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Aktualisiert: 17.06.2024 um 16:48 Uhr
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Tina Fischer
Handelszeitung

Schwarzer Hintergrund, ein Kreis, ein Strich und zwei grosse «XX» als Augen – so präsentiert sich die jüngst lancierte Finanz-App des Startups Ellexx. Die von der ehemaligen CNN-Moderatorin Patrizia Laeri, der Anwältin Nadine Jürgensen und der Designerin Simone Züger gegründete Finanzplattform will Frauen rund um das Thema Finanzen informieren und ihnen ermöglichen, ihr Geld anzulegen.

Der Start der App verlief erfolgreich, das Startup freut sich über viele Downloads. Sie sei der «nächste Innovationsschritt», werde den gesellschaftlichen Wandel beschleunigen und endlich die wirtschaftliche Abhängigkeit der Frauen beenden, schreibt Laeri in einer Mitteilung. Die App also als vielversprechende Zukunft der Jungfirma. Wie aber laufen die Geschäfte des prominenten Finanz-Startups bis jetzt? 

Prognostizierte Umsatzziele nicht erreicht

Fakt ist: Ellexx hängt deutlich hinter den eigenen Zielen zurück. Das zeigen Dokumente, die der «Handelszeitung» vorliegen. Etwas mehr als ein Jahr ist es her, seit Ellexx mittels Crowdinvesting 1,43 Millionen Franken aufnehmen konnte. Innert zweieinhalb Tagen knackte das Startup die Millionenmarke, 1379 Personen investierten in die Plattform. 85 Prozent des Geldes kam von Frauen.

Die drei Gründerinnen von Ellexx: Nadine Jürgensen (links), Patrizia Laeri (Mitte), Simone Züger (rechts).
Foto: ZVG
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Artikel aus der «Handelszeitung»

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Grundlage für das Crowdfunding war ein sogenannter «Plausibilitätsbericht» der Zürcher Venture-Boutique BV4. Laut dem Bericht prognostiziert das Startup für das Jahr 2023 einen Umsatz von 1 Million Franken, bis im Jahr 2026 solle der Umsatz 26,3 Millionen erreichen.

Davon ist Ellexx weit entfernt, wie Zahlen zeigen, die unlängst an einer Investorinnen-Konferenz präsentiert wurden. Demnach hat Ellexx im Jahr 2023 gerade mal einen Umsatz von knapp 300'000 Franken geschafft – das ist mal knapp ein Drittel des prognostizierten Werts.

Foto: Handeslzeitung

Auf Anfrage heisst es vonseiten Ellexx, dass sich der BV4-Bericht auf den Businessplan von Ende 2022 stütze, «unter der Annahme, dass Ellexx mit dem Crowdinvesting 3 Millionen Franken erreicht.» So wäre ein grösseres Budget für Marketing, Sales und die Expansion vorgesehen gewesen. «Da das Fintech mit dem Crowdinvesting knapp die Hälfte erreicht hat, musste auch die Umsatzerwartung entsprechend gesenkt werden.» Oder anders gesagt: Auch die Kapitalerhöhung verlief weniger gut als erhofft.

Aber selbst wenn man dieser Argumentationslinie folgt, werden die selbstgesteckten Ziele immer noch verfehlt. Demnach ergibt ein um 50 Prozent tieferer Erlös aus dem Crowdinvesting Umsatzziele, die entsprechend um 50 Prozent nach unten angepasst werden müssen, also ein Umsatz von 500'000 Franken im Jahr 2023. Die realen Einnahmen lagen aber 40 Prozent unter diesem Ziel.

Ellexx gesteht in ihrem Statement ein, dass das Wachstum zwar langsamer als Anfang Jahr vorgesehen verlief, aber trotzdem stetig sei. «Ellexx konnte seinen Umsatz im Geschäftsjahr 2023 verdoppeln, während die Aufwände um weniger als 30 Prozent angestiegen sind.» Zuletzt standen den 297'701 Franken Umsatz Personalkosten von mehr als einer Million Franken gegenüber, laut eigenen Aussagen an der Investorenkonferenz beschäftigt Ellexx elf Vollzeitangestellte.

Die Verluste nagen auch an den Reserven. Ende 2023 verfügte Ellexx noch über 622'034 Franken Eigenkapital, was letztes Jahr dem Personalaufwand von sieben Monaten entsprach. Selbst wenn der Umsatz im laufenden Jahr deutlich höher ausfiele und die Sachkosten trotz App-Lancierung im Rahmen blieben, wären die Reserven irgendwann aufgebraucht. Ellexx gibt keine konkrete Antwort auf die Frage, ob bereits neue Kapitalerhöhungen geplant sind, teilt aber mit: «Nach dem Funding ist vor dem Funding.»

Aktienprodukt unter Druck

Unterdurchschnittlich entwickelten sich auch die Renditen der Kundinnen und Kunden. Das zeigt der Blick auf das von Ellexx vertriebene Anlageprodukt: Der auf Aktien basierende Ellexx Gender Basket, der in «frauenfreundliche und nachhaltige Firmen» investiert, machte im September 2022 die Baisse voll mit. Danach blieb das Plus im Börsenaufschwung aber deutlich unterdurchschnittlich.

Verglichen mit dem Swiss Market Index oder dem Börsenindex Euro Stoxx 50 schnitt der Ellexx-Basket deutlich schlechter ab: Der SMI erreicht heute wieder den Stand von November 2021, der Euro Stoxx 50 hat sogar um 15 Prozent zugelegt. Der Ellexx Gender Basket dagegen liegt mit zuletzt gut 86 Franken immer noch 14 Prozent unter seinem Ausgabekurs.

Foto: Handeslzeitung

Von Seiten Ellexx heisst es, dass «professionelle und aussagekräftige Vergleiche von Produkte-Performances erst ab einem Zeithorizont von fünf Jahren möglich» seien. Als Grund für die Underperformance nennt das Unternehmen den Ausbruch des Ukraine-Krieges, der zu einem schlechten Börsenjahr führte, worunter «insbesondere Finanzprodukte, die umweltfreundliche und sozial verantwortliche Unternehmen bevorzugen, schlechter abschnitten».

Ellexx verweist selber auf den Index MSCI-World-SRI, der Unternehmen mit starker ESG-Performance beinhalte und 2022 rund 22 Prozent verlor. Beim vergleichbaren MSCI-Index ohne Fokus auf Nachhaltigkeit seien es im selben Jahr nur 17,7 Prozent gewesen. Das liege auch daran, dass wegen des Krieges Unternehmen in der fossilen Energiebranche sowie Waffenherstellung einen Aufschwung erlebten und das wiederum die Zahlen des Gender-Baskets trübte.

Ein Blick in die Zahlen zeigt: Der nachhaltige Index hat 2022 mehr verloren als der Gesamtmarkt. In der Erholung hinkt das Aktienprodukt von Ellexx den beiden Vergleichsindizes allerdings hinterher.

Foto: Handeslzeitung

Starke und unterstützende Community

Weniger nachvollziehbar ist der Erfolgsausweis des 3a-Produkts von Ellexx, das zusammen mit Vontobel ausgegeben wird. Am jährlichen 3a-Vergleich der «Handelszeitung» mochte Ellexx nicht teilnehmen. Bislang gab das 3a-Produkt denn auch vor allem wegen seiner Kosten zu reden. Mit direkten Gebühren von 0,48 Prozent und einer Total Expense Ratio inklusive Drittgebühren von 0,74 Prozent liegt Ellexx über günstigen Online-Anbietern wie Viac oder Frankly.

Das Startup Ellexx ist mittlerweile zweieinhalb Jahre alt. Nebst dem Rekord beim Crowdfunding war die Firma bereits für mehrere Awards wie den SEF Women Award nominiert. Ellexx erreicht denn auch durchaus ein interessiertes Publikum und verweist auf die Beachtung in den sozialen Medien: Knapp 20'000 Follower verzeichnet Ellexx auf Instagram, auf Linkedin folgen der Firma 17'000 Followerinnen.

Weniger gross ist jedoch die Zahl der zahlenden Abonnentinnen, diese lag Ende des ersten Quartals bei 1337. Das Onlineinteresse widerspiegelt sich also noch nicht in der Anzahl der gelösten Abos. Um die Geschäftsidee nachhaltig auf die Erfolgsspur zu bringen, wird es für Ellexx entscheidend sein, ihre Fans auch als zahlende Kundinnen und App-Nutzer zu gewinnen.

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