Nachfrage nach Novartis' Aimovig ist hoch
Schmerzhaft teuer

Seit Mitte Juli ist das Migräne-Wundermittel Aimovig in der Schweiz zugelassen, seit Mitte August verfügbar. Noch ist offen, ob die Krankenkassen für das teure Medikament aufkommen müssen. Wer Aimovig will, muss tief in die eigene Tasche greifen.
Publiziert: 01.10.2018 um 04:10 Uhr
|
Aktualisiert: 18.12.2018 um 12:59 Uhr
Christian Kolbe

Seit Ende Juli ist das Migränemittel Aimovig in der Schweiz zugelassen, seit Mitte August ist es in der Schweiz erhältlich. Aimovig vom Schweizer Pharmagiganten Novartis gilt als der grosse Hoffnungsträger für Menschen, die schwer von Migräne geplagt sind.

Kaum war Aimovig in der Schweiz verfügbar, setzte ein Run ein, der bei Medikamenten selten, bei Tech-Gadgets dagegen üblich ist. «Als Aimovig in der Schweiz zugelassen wurde, war es wie bei einem neuem iPhone», erzählt Nicoleta Ionita (32), Neurologin am Kopfwehzentrum Hirslanden in Zürich. «Alle Patienten wollten dieses Medikament haben. Einige standen am ersten Tag vor der Tür, um das Medikament zu bekommen.» Und sie haben es auch bekommen, wenn sie bereit waren, für die Monatsspritze selber zu bezahlen. Das kann langfristig ganz schön teuer werden, rund 600 Franken kostet die Monatsdosis Aimovig.

Wer bezahlt, ist noch offen

Noch ist Aimovig nicht Bestandteil der sogenannten Spezialitätenliste. Dort sind alle Medikamente und Wirkstoffe aufgeführt, die die Krankenkassen in der obligatorischen Grundversicherung bezahlen müssen. Novartis hat ein Gesuch um Aufnahme von Aimovig in die Spezialitätenliste gestellt. Doch bis zur Gutheissung oder Ablehnung kann es noch mehrere Monate dauern. Zum Stand des Verfahrens wollten sich auf Anfrage von BLICK weder Novartis noch das zuständige Bundesamt für Gesundheit (BAG) äussern. 

Neurologin Nicoleta Ionita (32, r.) erklärt Migränepatientin Monika Weichert (54), wie sie das Migränewundermittel Aimovig anwenden könnte.
Foto: PHILIPPE ROSSIER
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Monika Weichert (54) ist Patientin von Neurologin Ionita und leidet seit Jahrzehnten an Migräne, hat pro Woche mehr Tage mit als ohne Kopfweh. «Ich leide häufig an Migräneattacken – das hat mit Lebensqualität nicht mehr viel zu tun.» Die Produktionsplanerin aus dem Kanton Zug, setzt grosse Hoffnungen in Aimovig: «Viele Medikamente, die ich ausprobiert habe, haben mir nicht geholfen. Einzig die Nebenwirkungen haben mich dann noch zusätzlich geplagt.» Damit sei mit dem neuen Migränemittel nun Schluss, erklärt Ionita: «Ein weiterer Vorteil von Aimovig: Es hat fast keine Nebenwirkungen.» 

«Speziell für das Verhindern von Migräneattacken entwickelt»

Dem pflichtet Andreas Gantenbein (42) bei. Auch bei ihm haben sich viele Patienten nach dem Hoffnungsträger für Migränegeplagte erkundigt. Der neurologische Chefarzt der RehaClinic Bad Zurzach zählt weitere Vorteile auf: «Aimovig ist wirklich ein Durchbruch: Erstens in Bezug auf Verträglichkeit und Nebenwirkungen und zweitens, weil es speziell für die Migräneprophylaxe, das verhindern von Attacken, entwickelt wurde.»

Darauf hofft auch Monika Weichert. Sie hat deshalb ein Gesuch für Kostengutsprache bei ihrer Krankenkasse gestellt. Unter bestimmten Voraussetzungen können Krankenkassen die Kosten für Medikamente übernehmen, die nicht auf der Spezialitätenliste stehen. Doch dies muss im Einzelfall geprüft werden.

Mehr Lebensqualität

Das erste Gesuch der Zugerin wurde abgelehnt, ein zweites ist noch hängig. BLICK hat bei CSS, Helsana und Swica nachgefragt: Die Kassen haben Dutzende von Gesuchen erhalten – und alle bisher abgelehnt.

Die Zurückhaltung der Kassen überrascht nicht. Wirkt Aimovig bei einem Migräneopfer, kann die Behandlung schnell einige Hunderttausend Franken kosten. Neurologe Gantenbein hofft aber trotzdem, dass das Mittel bezahlt wird: «Die Behandlung mit Aimovig kostet viel Geld. Aber dem muss man die Einsparungen gegenüberstellen: weniger Kosten für Schmerzmittel und andere Medikamente, weniger Nebenwirkungen und weniger Ausfälle am Arbeitsplatz.» Die sozialen und wirtschaftlichen Kosten von Migräne sind enorm (siehe Box). 

Studien belegen zudem die Wirksamkeit des Medikaments, wie Kopfwehspezialistin Ionita erklärt: «Bei der Hälfte der Probanden hat sich die Zahl der Kopfwehtage mindestens halbiert.» Das würde für ihre Patientin Monika Weichert bedeuten: Nur noch zwei anstatt vier Migräneattacken pro Woche – ein grosser Gewinn an Lebensqualität.

Die besten Ratschläge

Die unterschätzte Volkskrankheit Migräne hat genetische Ursachen und ist darum auch nicht definitiv heilbar. Aber mit Medikamenten, Änderungen im Lebensstil oder Komplementärtherapien lässt sie sich in Schach halten. «Genug Schlaf, aber nicht zu viel, weniger Stress, massvoll Sport und gesunde Ernährung», rät Migränespezialist Reto Agosti vom Kopfwehzentrum der Hirslanden-Klinik. Vorbeugend helfen könnten auch Nahrungsmittelzusätze, Magnesium und Vitamin B2. Wer mindestens einmal pro Woche eine Migräne hat, sollte zur Prophylaxe greifen. «Aber wenn sich eine Attacke ankündigt, zackig die Medikamente einnehmen, warten bringt nichts», sagt Agosti. Gemeint sind rezeptfreie Schmerzmittel aus der Apotheke. Nur mit ärztlich verordneten Tabletten, Spritzen oder Nasensprays lasse sich die Migräneattacke auch nach dem Beginn noch lindern.

Die unterschätzte Volkskrankheit Migräne hat genetische Ursachen und ist darum auch nicht definitiv heilbar. Aber mit Medikamenten, Änderungen im Lebensstil oder Komplementärtherapien lässt sie sich in Schach halten. «Genug Schlaf, aber nicht zu viel, weniger Stress, massvoll Sport und gesunde Ernährung», rät Migränespezialist Reto Agosti vom Kopfwehzentrum der Hirslanden-Klinik. Vorbeugend helfen könnten auch Nahrungsmittelzusätze, Magnesium und Vitamin B2. Wer mindestens einmal pro Woche eine Migräne hat, sollte zur Prophylaxe greifen. «Aber wenn sich eine Attacke ankündigt, zackig die Medikamente einnehmen, warten bringt nichts», sagt Agosti. Gemeint sind rezeptfreie Schmerzmittel aus der Apotheke. Nur mit ärztlich verordneten Tabletten, Spritzen oder Nasensprays lasse sich die Migräneattacke auch nach dem Beginn noch lindern.

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Globuli

Für fast jede Krankheit bietet die Homöopathie Globuli zur Behandlung an. Die winzigen weissen Kügelchen bestehen aus Haushalts-Zucker und hoch verdünnten homöopathischen Wirkstoffen, sogenannten Potenzen. Gerade zur Behandlung von Beschwerden bei Kleinkindern sind Globuli beliebt. Darüber, ob Globuli etwas nützen, gibt es heftigen Streit. Bei klinischen Studien konnte eine Wirksamkeit nie nachgewiesen werden. Darum werden Globuli nicht selten als Glaubuli bezeichnet, weil man an die Wirkung glauben müsse.

Akupunktur

Vor allem bei Arthrose und Migräne sowie Verspannungen greifen Betroffene häufig auf Akupunktur zurück. Mit der Reizung bestimmter Körperpunkte durch Nadelstiche soll Einfluss auf die Regulation des Körpers genommen werden. Was genau bei der Behandlung mit dem Körper passiert, ist jedoch nicht abschliessend geklärt. Dennoch ist die Behandlungsmethode aus der Traditionellen Chinesischen Medizin die wohl am wenigsten umstrittenste alternative Heilmethode. Seriöse Studien bescheinigen ihr eine positive Wirkung.

Bach-Blütentherapie

In den 1930er-Jahren war der britische Arzt Edward Bach überzeugt: Jeder körperlichen Krankheit liege eine seelische Gleichgewichtsstörung zugrunde. Und um dieses Gleichgewicht wieder herzustellen, kochte Bach Blüten- und Pflanzenteile, um deren «Schwingungen» ans Wasser zu übertragen. Diese Blütenessenzen werden in der Phytotherapie als Bach-Blüten verkauft. Seriöse Studien kommen jedoch zum Schluss: Die Bach-Blütentherapie ist unplausibel, das Konzept dahinter wird als pseudowissenschaftlich bezeichnet.

Misteltherapie

In der anthroposophischen Medizin gehört die Misteltherapie zu den am häufigsten verwendeten Verfahren bei der Krebsbehandlung. Der Saft der Mistel soll einen günstigen Einfluss auf die Bekämpfung von Tumoren haben, gar chirurgische Eingriffe bei der Krebsbehandlung obsolet machen, so die Überzeugung von Rudolf Steiner im Jahr 1916. Er ist der Erdenker dieser Therapie. Bislang konnte für keines der Mistelpräparate, die auf dem Markt sind, der Nachweis therapeutischer Wirksamkeit erbracht werden.

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