Foto: imago/Winfried Rothermel

Nachschub an China-Ware stockt
Chinesisches Neujahr verschlimmert Lieferengpässe

Die Preise für Seefracht aus China haben sich in den letzten sechs Monaten verzehnfacht. Die Schiffe sind voll, leere Container kaum noch verfügbar.
Publiziert: 14.02.2021 um 19:06 Uhr
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Aktualisiert: 07.05.2021 um 10:09 Uhr
Die massiven Lieferengpässe für Produkte aus China betreffen viele Produkte aus dem Schweizer Handel.
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Dorothea Vollenweider

Die massiven Lieferengpässe für Produkte aus China betrifft uns alle: Veloteile sind nicht mehr lieferbar, Spielsachen kommen erst verspätet oder gar nicht an, elektronische Geräte werden zur Mangelware, Möbel sind über Nacht vergriffen. Und eine Entspannung ist nicht in Sicht. Denn am 12. Februar startete in China das chinesische Neujahr.

Die Chinesen folgen dem Mondkalender. Darum feiern sie Neujahr nicht am 1. Januar, sondern am 12. Februar. Das Neujahrsfest dauert traditionell 16 Tage.

Chinesen haben während dieser Zeit laut dem Gesetz sieben Tage frei. Heisst: Wenn die Chinesen Neujahr feiern, steht das ganze Land still. Eine Woche lang Totalausfall – alle Fabriken schliessen, die Häfen werden stillgelegt.

Reedereien umschiffen China

«Die Reedereien umschiffen das Land während dieser Zeit», sagt Marek Fausel (44), Vorsitzender Fachbereich Schifffahrt und Vizepräsident von Spedlogswiss, dem Verband schweizerischer Speditions- und Logistikunternehmen.

Damit tritt nun der Fall ein, vor dem sich der Seefrachtexperte bereits Ende Januar fürchtete. «Die Terminals in China sind überfüllt», so Fausel. In Yantian, einem Stadtbezirke von Shenzhen (CHN), sei vor einigen Tagen die Annahme neuer Exportcontainer gestoppt worden.

In Yantian befindet sich ein riesiger Containerhafen; ein wichtiger Knotenpunkt für logistische Aktivitäten. «Die Situation wird sich somit bis weit nach dem chinesischen Neujahr nicht beruhigen», so der Seefrachtexperte.

Verknappung führt zu Preisanstieg

Schon vor dem chinesischen Neujahr war die weltweite Kapazität von 22 Millionen Containern komplett ausgeschöpft. Die Verknappung führte zu horrenden Preisanstiegen.

Laut Spedlogswiss hat sich der Preis für einen Container aus Asien in den letzten sechs Monaten verzehnfacht: Bezahlten Schweizer Firmen vor einem halben Jahr noch 1500 Franken pro Container, sind es heute 15'000 Franken – wenn sie überhaupt noch einen kriegen. Wie sich diese verschärfte Situation nun auf die Preise auswirken wird, bleibt unklar.

Das chinesische Neujahr bedeutet aber nicht nur, dass die Frachtschiffe in den Häfen bleiben. Es heisst auch, dass fürs Erste nichts mehr produziert wird. Und das, obwohl hierzulande gewisse Produkte bereits jetzt fehlen.

Velo und Möbel werden knapp

Velos sind beispielsweise zu einem raren Gut geworden. Auch gewisse Spielwaren sind seit Kurzem vergriffen. Das chinesische Neujahr sorgt in vielen Branchen für Chaos. Und dieser Zustand dürfte noch eine Weile anhalten.

China ist viertwichtigster Zulieferer der Schweiz

Die Bedeutung Chinas als Handelspartner nahm in den letzten Jahren markant zu. 2019 waren die Asiaten laut der Eidgenössischen Zollverwaltung verantwortlich für 20 Prozent aller Importe in das Alpenland. Das Importvolumen aus China betrug 14,9 Milliarden Franken. Während den vergangenen zehn Jahren legten die Lieferungen aus China durchschnittlich um 11,2 Prozent pro Jahr zu, Tendenz weiter steigend. China liegt damit auf Platz vier der wichtigsten Zulieferer der Schweiz – nach Deutschland, Italien und Frankreich. Dorothea Vollenweider

Die Bedeutung Chinas als Handelspartner nahm in den letzten Jahren markant zu. 2019 waren die Asiaten laut der Eidgenössischen Zollverwaltung verantwortlich für 20 Prozent aller Importe in das Alpenland. Das Importvolumen aus China betrug 14,9 Milliarden Franken. Während den vergangenen zehn Jahren legten die Lieferungen aus China durchschnittlich um 11,2 Prozent pro Jahr zu, Tendenz weiter steigend. China liegt damit auf Platz vier der wichtigsten Zulieferer der Schweiz – nach Deutschland, Italien und Frankreich. Dorothea Vollenweider

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Die Büros in China öffnen am 22. Februar wieder. Doch viele Arbeiter kommen laut dem Spielwaren-Importeur Meili Trading aus Wäldi TG erst später wieder zurück zur Arbeit. «Sie beginnen mit der Produktion erst wieder am 1. März», sagt Manfred Meili (65), Mitglied der Geschäftsleitung. Bis alle Arbeiter wieder eingetroffen und die Produktivität wieder auf 100 Prozent hochgefahren, werde es Ende März. «Tatsächlich wird also drei bis vier Wochen nichts produziert», sagt Meili zu BLICK.

Bis dahin heisst es: Teddybären und ferngesteuerte Autos müssen warten. Kommt der hiesige Lockdown dem Spielwaren-Importeur in der aktuellen Situation also fast schon entgegen? Meili winkt ab. «Wenn der Lockdown bis Ende März anhält – was wir nicht hoffen – entspannt das die Lage betreffend Lieferungen an den Kunden zwar», sagt er. «Jedoch ist der Umsatzrückgang enorm.»

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