Nestlé-Präsident dank Experimental-Medikament vom Krebs geheilt
Wie kam Brabeck zur Wunderpille?

Ein nicht zugelassenes Medikament hat Nestlé-Präsident Peter Brabeck das Leben gerettet. Damit ging er ein grosses Risiko ein.
Publiziert: 04.06.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 04:55 Uhr
Guido Schätti

Im Interview mit BLICK liess Brabeck (71) die Katze aus dem Sack: «Wirklich geholfen hat mir eine Phase-II-Medikation», antwortete der Nestlé-Präsident auf die Frage, wie er den Kampf gegen den Krebs gewonnen habe.

Phase-II-Medikation? Das ist der Fachbegriff für ein nicht zugelassenes Medikament. Bis zur Marktzulassung müssen Wirkstoffe mehrere Stufen durchlaufen. Zuerst wird mittels Mikrodosierungen getestet, ob die Arznei für Menschen überhaupt verträglich ist. In Phase II wird die Wirksamkeit abgeklärt. 

Die Risiken sind gross. «Ich würde ein Krebs-Medikament in Phase II nur nehmen, wenn mir entweder sehr viel Geld geboten würde, oder ich sehr verzweifelt wäre», sagt der Berner Immunologe Beda Stadler auf Anfrage. Denn moderne Krebsmedikamente seien derart potent, dass die Verabreichung lebensgefährend sein könne.

Vom Krebs genesen danke einem nicht-zugelassenen Medikament: Nestlé-Präsident Peter Brabeck.
Foto: LAURENT GILLIERON
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Spitäler und Pharma sind froh um Patienten

Im Falle Brabeck war das Präparat die letzte Hoffnung. «Es war eine experimentale Medikation, weil die normalen Protokolle nicht geholfen haben», so der Österreicher. Als der Krebs bei ihm im Januar 2015 diagnostiziert wurde, ging er davon aus, dass die Krankheit nach sechs Monaten überstanden ist. Doch die ersten beiden Medikamente halfen nicht. «Wir mussten etwas versuchen, das noch experimental war», so Brabeck.

Ob man bei einer Phase-II-Studie mitmachen kann, hängt laut Stadler nicht davon ab, ob der Patient arm oder reich ist. «Die Spitäler und die Pharmafirman sind froh um geeignete Patienten.» Entscheidend für den Zugang seien die Wahl des Spitals und die Nähe zur Forschung: «Wer an einem Universitätsspital behandelt wird, hat bessere Chancen», sagt Stadler.

Allerdings sind die Zulassungskriterien für Phase-II-Studien extrem strikt. «Nur wenn ein Patient den im Versuchsprotokoll vorgesehenen Krebs hat, kann er mitmachen», sagt Peter Balzli, Sprecher der Medikamentenzulassungsstelle Swissmedic. Brabeck hatte also grosses Glück, dass er genau ins Raster passte. 

Profitierte Brabeck von Mitgefühlsklausel?

Glück – oder spielten Geld und Einfluss doch eine Rolle? Die Frage ist berechtigt, denn bei Phase-II-Studien erhält nur ein Teil der Patienten das neue Präparat. Der Rest wird mit dem Standardmedikament behandelt. Nur so lässt sich feststellen, ob die neue Substanz besser wirkt als die alte.

Wie kann Brabeck sicher sein, dass er tatsächlich das neue Medikament erhielt und nicht ein altes? Und wollte er das Risiko eingehen, nicht das neue Präparat zu erhalten? 

Hier kommt eine zweite Variante ins Spiel, wie der Top-Manager zum neuen Medikament gekommen sein könnte: Er erhielt zwar ein Phase-II-Medikament, aber nicht im Rahmen eines klinischen Versuches. «Brabeck kannte womöglich einen Arzt oder einen Pharmavertreter, der ihm Zugang zum neuen Medikament verschaffte», sagt Stadler. In diesem Fall hätten Geld und Einfluss die entscheidende Rolle gespielt. Denn der Patient hätte das Medikament selber zahlen müssen.

Ärzte, die nicht zugelassene Medikamente abgeben, bewegen sich auf dünnem Eis. Grundsätzlich ist dies strafbar, es gibt aber Ausnahmen: Wenn die zugelassenen Medikamente bei schwer kranken Patienten versagen, dürfen Ärzte zu nicht zugelassenen Mitteln greifen. Dies ist der so genannte «Compassionate Use» - die Anwendung aus Mitgefühl. Nachdem die ersten beiden Medikamente versagt hatten, könnte Brabeck davon profitiert haben.

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