Jetzt wird es richtig schmutzig zwischen Trump-Anwalt und Novartis
Joe Jimenez zitiert Trump-Anwalt mit einer Lüge

Michael Cohen habe behauptet, er arbeite nicht mehr für den Präsidenten. Doch seltsam: Cohen ist weiter Trumps Anwalt.
Publiziert: 19.05.2018 um 23:59 Uhr
|
Aktualisiert: 14.09.2018 um 16:40 Uhr
Joe Jimenez, bis Januar 2018 Chef von Novartis, bereut heute, dass er das Reputationsrisiko nicht höher bewertet hat als das finanzielle Risiko.
Foto: Valeriano Di Domenico
1/4
Harry Büsser

«Cohen erzählte mir, dass er die Trump-Organisation verlassen hätte und aufgehört habe, für den Präsidenten zu arbeiten», schreibt Joe Jimenez (59), ehemaliger Chef von Novartis, in einer Antwort auf Fragen von SonntagsBlick.

Laut «New York Times» und Bloomberg arbeitet Michael Cohen (51) jedoch weiter als Anwalt von US-Präsident Donald Trump (71). Auch im Weissen Haus weiss man nichts anderes. Einer der beiden – Jimenez oder Cohen – lügt also.

Wegen Zahlungen an die Cohen-Firma Essential Consultants steht Novartis im Verdacht der Bestechung: Der Pharmariese könnte versucht haben, den Präsidenten zu beeinflussen. Je mehr Abstand zwischen Trump und Cohen suggeriert werden kann, desto weniger verdächtig sind die Geldflüsse.

Jimenez unterschrieb, wie er zugegeben hat, den Vertrag mit Cohen Anfang 2017. Schon damals hätte er wissen müssen, auf wen er sich da einlässt: Per Definition könne man seine Ehepartnerin gar nicht vergewaltigen, schrieb Cohen 2015, als er auf den Vorwurf reagierte, sein Klient Trump habe Ex-Frau Ivanka während der Ehe vergewaltigt. Die Aussage machte weltweit Schlagzeilen, auch in Schweizer Medien.

Der «Pitbull» von Trump

Cohen hat sich später zwar dafür entschuldigt, machte aber immer wieder Schlagzeilen: Weil er Gegnern seines Klienten öffentlich im Fernsehen drohte, sie fertigzumachen, ihnen an die Gurgel zu gehen. Er wurde als «Pitbull» von Trump bezeichnet.

Auf Anfrage von SonntagsBlick schreibt Jimenez, er habe Cohen nie persönlich getroffen, mit ihm aber telefoniert. Cohen habe ihm gesagt: «Er sei daran, eine Beratungsfirma zu gründen, um Unternehmen zu helfen, zu verstehen, wie die neue Administration denkt und auf die Politik reagiert.» Danach habe er Cohen «auf einen Standardberatervertrag gesetzt und an ein kleines Novartis-Team übergeben.» Das Papier sicherte Cohen über ein Jahr Monatszahlungen in Höhe von 100'000 Dollar zu.

Erst nach der Vertragsunterzeichnung, im März 2017, hätten die Leute von Joe Jimenez bemerkt, dass Cohen weder vom Pharmamarkt in den USA noch vom politischen Betrieb dort eine Ahnung habe. Jimenez schreibt: «Mein Team machte mir klar, dass Cohen seine Fähigkeiten zu teuer verkauft hatte, und die Qualität seiner Kenntnisse nicht dem entsprach, was wir brauchten.»

Dass er den Vertrag dennoch nicht kündigte, erklärt der Ex-Novartis-Chef so: «Der Rechtsstreit, der bei einer Vertragskündigung fast sicherlich gefolgt wäre, hätte einen ungewissen Ausgang gehabt und wäre kostspieliger gewesen.»

Wo sind die Beweise?

Inzwischen interessiert sich die Schweizer Bundesanwaltschaft für den Fall. Sie stehe im Austausch mit den Kollegen der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt. Es müsste untersucht werden, ob Cohen mit dem Geld Präsident Trump oder einen Beamten aus dessen Administration hätte beeinflussen sollen. Allerdings ist das schwierig zu beweisen (siehe Box).

Sicher ist, dass Essential Consultants, die Firma von Cohen, im US-Wahlkampf 2016 Schweigegeld für die Pornodarstellerin Stormy Daniels (39) bezahlt hat, damit sie sich nicht über ihre Affäre mit Donald Trump äussert.

Jimenez gibt sich heute reuig und bezeichnet es als Fehler, dass der Vertrag mit Essential Consultants nicht im März aufgelöst worden sei: «Wir hätten das Reputationsrisiko über das finanzielle Risiko stellen sollen.»

Es ist bei weitem nicht das erste Mal, dass Novartis unter der Ägide von Jimenez in Verdacht geraten ist: 2017 bezahlte der Pharmakonzern in Südkorea eine Busse von 49 Millionen Dollar wegen der Bestechung von Ärzten. Im Jahr zuvor musste Novartis in China wegen Schmiergeldzahlungen eine Busse von 25 Millionen Dollar zahlen; Korruptionsvorwürfe wurden zudem in Griechenland und der Türkei erhoben.

Lobbying ohne Ende

Unter Jimenez stiegen auch die Lobbyzahlungen in den USA: 8,64 Millionen Dollar hat Novartis dafür im Jahr 2017 aufgewendet, so viel wie nie zuvor.

Aber das ist gemäss Insidern nur die Spitze des Eisbergs. Die tatsächlichen Lobbyzahlungen sollen ein Vielfaches der gemeldeten Summen betragen.

Solche Gelder fliessen in der Regel sehr subtil. Wenn etwa eine Firma einen Thinktank mit einer Viertelmillion Franken unterstützt, geht es häufig überhaupt nicht um Denkarbeit, die dort geleistet wird, sondern darum, die Begegnung mit einer Amtsperson herbeizuführen, die im Beirat der Organisation sitzt. Der Thinktank organisiert dann zweimal im Jahr ein Mittagessen mit der Amtsperson und dem grosszügigen Firmenvertreter.

Wenn es um die Sicherung eines Milliardenmarkts geht, etwa den Absatz eines Blockbuster-Medikaments, lohnt sich eine solche Millionenzahlung allemal.

Wie Bestechung heute funktioniert

Noch in den 90er-Jahren konnten Schweizer Firmen Bestechungsgelder an ausländische Politiker als Aufwand verbuchen und von der Steuer abziehen. Heute ist Bestechung etwas aufwendiger, sagt Lucius Blattner, renommierter Experte in Sachen Korruption. Er ist Partner der Zürcher Kanzlei Tethong Blattner und arbeitet für Unternehmen im In- und Ausland.

«Zur Verschleierung von Bestechungsgeldern können vordergründig offizielle Aufträge an Firmen vergeben werden. Dabei geht es etwa um die Analyse eines Markpotenzials», sagt Blattner. «Die Arbeit wird dann von einem Lehrling oder Junior kostengünstig erledigt, indem etwa Wikipedia oder Ähnliches abgeschrieben wird. Es ist für ­einen Staatsanwalt äusserst schwierig, zu beweisen, dass diese Arbeit nicht so viel wert ist, wie der Auftraggeber zu zahlen bereit war – dass es in Wirklichkeit darum ging, Gelder als angeblich begründete Zahlungen zu kaschieren, die aber letztendlich dazu dienen, eine Amtsperson zu bestechen.»

Noch in den 90er-Jahren konnten Schweizer Firmen Bestechungsgelder an ausländische Politiker als Aufwand verbuchen und von der Steuer abziehen. Heute ist Bestechung etwas aufwendiger, sagt Lucius Blattner, renommierter Experte in Sachen Korruption. Er ist Partner der Zürcher Kanzlei Tethong Blattner und arbeitet für Unternehmen im In- und Ausland.

«Zur Verschleierung von Bestechungsgeldern können vordergründig offizielle Aufträge an Firmen vergeben werden. Dabei geht es etwa um die Analyse eines Markpotenzials», sagt Blattner. «Die Arbeit wird dann von einem Lehrling oder Junior kostengünstig erledigt, indem etwa Wikipedia oder Ähnliches abgeschrieben wird. Es ist für ­einen Staatsanwalt äusserst schwierig, zu beweisen, dass diese Arbeit nicht so viel wert ist, wie der Auftraggeber zu zahlen bereit war – dass es in Wirklichkeit darum ging, Gelder als angeblich begründete Zahlungen zu kaschieren, die aber letztendlich dazu dienen, eine Amtsperson zu bestechen.»

Mehr
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.