Nun muss der Teddy Hochdeutsch sprechen
Das ist Müller – der Riese, der Franz Carl Weber schluckt

Das traditionsreichste Spielwarengeschäft der Schweiz ist neu in deutschen Händen. Blick zeigt, wer hinter dem Deal steckt.
Publiziert: 06.07.2023 um 20:54 Uhr
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Aktualisiert: 06.07.2023 um 21:28 Uhr
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Patrik BergerRedaktor Wirtschaft

Ein deutsches Drogerie-Unternehmen, der Drogeriemarkt Müller, mit 35'000 Mitarbeitern weltweit kauft einen traditionsreichen Schweizer Spielwarenverkäufer wie Franz Carl Weber mit seinen 200 Angestellten. Wirklich? Das kann doch nicht sein, mögen viele sagen. Da kommen unweigerlich Fragen auf. Wer steckt hinter dem Drogeriemarkt-Giganten? Und was will ein Unternehmen, das Shampoos, Deos und andere Haushaltswaren verkauft, mit Spielzeug? Ein Blick in das Müller-Imperium.

Lukrative Margen locken

Die Deutschen halten sich bedeckt. «Wir freuen uns auf die bevorstehende Integration in die Müller-Gruppe und auf die damit verbundene zukünftige Zusammenarbeit», heisst es salbungsvoll. Ohne wirklich viel zu sagen. Der drittgrösste Drogeriemarkt Deutschlands hat sich Franz Carl Weber geschnappt, um im Bereich Spielsachen weiterzuwachsen.

Denn der Markt ist hart umkämpft. Und in Sachen Marge lukrativ. Spielzeuge gehen immer. Auch in Krisenzeiten. «Wegen des unverändert stark wachsenden Online-Geschäftes sind Warenhäuser und Spielwaren-Fachgeschäfte massiv unter Druck. Es ist davon auszugehen, dass es in diesen Segmenten zu weiteren Schliessungen kommen wird», schreibt das Unternehmen in einer Mitteilung.

Erwin Müller, Inhaber der gleichnamigen Drogeriekette.
Foto: Blick
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Müller kann Spielwaren!

Nach Drogerieartikeln und Parfumerieprodukten sind Spielwaren der drittgrösste Umsatzbringer, weit vor anderen Segmenten wie Schreibwaren, Haushalt- oder Multimedia-Artikeln, schreibt die «Handelszeitung». Müller kann mit dem Kauf von Franz Carl Weber sein enormes Einkaufsvolumen im Bereich Spielsachen weiter ausnutzen.

Müller hat mit Spielwaren gegenüber dem Vorjahr stolze sieben Prozent zugelegt: Mit Spielwaren setzte die Gruppe 2022 immerhin 538 Millionen Euro um – also etwa zehnmal so viel wie Franz Carl Weber. Heisst: Müller kann Spielsachen! Dank seiner Grösse, dank Mega-Einkaufsvolumen.

Zurückhaltend, bodenständig, Müller

Doch wer ist der Kopf hinter dem Drogeriemarkt Müller? Erwin Müller (90). 3 Milliarden Dollar schwer. Eine der schillerndsten Figuren des deutschen Detailhandels. Und ein klassisches Kind der Nachkriegszeit. Zurückhaltend, bodenständig. Der gelernte Coiffeur eröffnete 1953 in Unterfahlheim bei Ulm (D) seinen ersten Salon. Es war der Beginn einer steilen Karriere. 1966 richtete er eine seiner Filialen auch zur Parfümerie und zur Drogerie ein. Und legte damit den Grundstein zu seiner Drogeriemarkt-Kette.

1968 war er erstmals gross in den Schlagzeilen. Der Grund: Er öffnete seine Salons auch am Montag. Damals ein Unding! Müller flog hochkant aus der Vereinigung der Coiffeure raus. Dank der Publizität fand er aber einen Partner, der jemanden suchte, der Coiffeursalons mit Drogerie- und Parfümerieabteilungen von Montag bis Samstag betreibt. Das war der Anfang der ersten Filialen von Drogeriemarkt Müller. Seit 2022 führt Müller seine Kette wieder in Alleinregie.

Seit 2005 in der Schweiz

2005 wagte Müller den Sprung über die Grenze in die Schweiz. Seither ist die Kette mit ihren Drogeriemärkten hierzulande aktiv und führt aktuell 60 Läden. Europaweit beschäftigt das Unternehmen 35’000 Angestellte und ist in sieben Ländern tätig. Mit 190'000 Artikeln im Sortiment machten die Deutschen 2020 einen Umsatz von 4,5 Milliarden Euro.

Schwäche fürs Geld

Zuweilen wird der hochanständige Unternehmer schwach. Vor allem, wenn es ums Geld geht. So hat er seine Drogerie-Kette 2015 mit hochriskanten Wetten gegen den Franken in arge Nöte gebracht. Über 200 Millionen Euro standen auf dem Spiel. Müller hatte auf eine Schwäche des Frankens gewettet. Und sich zünftig verschätzt. Denn der Franken hat seither kräftig angezogen.

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