Ohne Kreditgeschäft kein Geld
Ist das Ausland für die Post die Rettung?

Die Post steckt in einem strategischen Dilemma: Serbelt der Geldesel Postfinance, purzelt auch der Gewinn des gesamten Konzerns. Liegt die Rettung gar im Ausland?
Publiziert: 07.03.2019 um 23:06 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2019 um 11:54 Uhr
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Sven Zaugg, Christian Kolbe

Das Katastrophenjahr 2018 hat bei der Schweizerischen Post tiefe Spuren hinterlassen. Das Filialnetz schreibt rote Zahlen. Die Bilanz von Postauto ist nach dem Subventionsskandal tiefrot. Der Versand bei der Briefpost ist weiterhin rückläufig. Und bei der Postfinance sind die Zinserträge dramatisch weggebrochen. Was sogar dazu führen dürfte, dass die Post-Tochter dem Mutter-Konzern keine Dividenden mehr auszahlt.

Immerhin: Unterm Strich ist der Konzerngewinn des gelben Riesen schwarz. Doch auch dieser ist gegenüber dem Vorjahr um 122 Millionen eingebrochen und liegt nun noch bei 405 Millionen Franken.

Noch stehe die Post auf einer soliden finanziellen Basis, sagt Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller (66) bei der Präsentation der Jahreszahlen gestern am Hauptsitz in Bern. Die Zukunft der Post allerdings sieht düster aus. Das Unternehmen steckt in einem strategischen Dilemma: Serbelt der Geldesel Postfinance, purzelt auch der Gewinn des gesamten Konzerns.

Das Kreditverbot soll fallen

Die Forderung der Post an die Politik ist unmissverständlich: «Um Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit von Postfinance langfristig zu gewährleisten, muss das Kredit- und Hypothekarverbot aufgehoben werden», sagt Postfinance-Chef Hansruedi Köng (52). Sonst, so liest man zwischen den Zeilen, geht die Bank den Bach runter.

Der Bundesrat hat einen entsprechenden Richtungsentscheid getroffen, das letzte Wort hat das Parlament. Postfinance verspricht sich von der Aufhebung des Kreditverbots viel: Der Hypothekarmarkt in der Schweiz sei tausend Milliarden Franken gross und wachse jährlich um 30 bis 40 Milliarden, sagt Köng.

Die Zeit drängt. Interims-Konzernchef Ulrich Hurni (59) droht mit Konsequenzen, falls die Politik mit der Aufhebung des Kreditverbots noch länger zögert: «Bislang konnten wir dem Bund als Alleinaktionär jährlich 200 Millionen Franken ausschütten. Diese Summe werden wir in den nächsten Jahren wohl kaum mehr zahlen können.»

Klare Ansage an die Politik

Strategie und politische Ansprüche müssten nun endlich unter einen Hut gebracht werden, so Hurni weiter. Eine klare Ansage an die Politik. Dort ist die Botschaft längst angekommen. «Die Post braucht neue Erträge», sagt der Zürcher SP-Nationalrat Thomas Hardegger (62). «An der Aufhebung des Kreditverbots führt wohl kein Weg vorbei.»

Gleichzeitig macht die Post keinen Hehl daraus, ihr Auslandsengagement intensivieren zu wollen. «Das ist der falsche Weg. Die Post muss ihr Geschäft in der Schweiz stärken», sagt Hardegger. Mehr Freiheit für Postfinance, weniger Abenteuer im Ausland!

Das kommt nicht von ungefähr. Denn auch im Ausland sprudelt das Geld nicht in rauen Mengen. Ein Beispiel dafür ist die international tätige Swiss Post Solutions (SPS): Die Post-Tochter erwirtschaftete 2018 nur einen kleinen Gewinn von 31 Millionen Franken. 

Und beim missratenen Auslandsabenteuer Car Postal France steht gar ein «geordneter Ausstieg» bevor. «Und das lieber heute als morgen», sagt der Aargauer SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner (65): «Car Postal France wird in einem oder zwei Jahren ein weiteres Loch in die Konzernrechnung reissen. Da braucht es dringend einen Abschreiber, um das Kapitel abzuschliessen.»

Lösung liegt nicht im Ausland

Dabei war das Ausland lange Zeit der grosse Hoffnungsträger für neue Geschäfte der Post. 2009 träumte der damalige Post-Präsident Claude Beglé vom Aufbruch nach Fernost: «Die Schweizerische Post muss werden wie Nestlé», propagierte der Manager.

Heute ist die Schweizerische Post in 19 Ländern mit eigenen Niederlassungen tätig. Im internationalen Geschäft fokussiert sich die Post nach eigenen Angaben «auf Wachstumsmöglichkeiten mit bewährten Geschäftsmodellen, die ihr Kerngeschäft unterstützen und entwickeln». Mit anderen Worten: Die Grundversorgung soll mit Auslandsgeschäften querfinanziert werden. 

Für die meisten von BLICK befragten Politiker kann die Lösung für die Ertragsprobleme der Post aber nicht im Ausland liegen. «Der Verwaltungsrat muss seine Strategie überdenken», kritisiert der Solothurner FDP-Nationalrat Kurt Fluri (63). Für ihn geht es um die Frage, ob es betriebswirtschaftlich sinnvoll und politisch akzeptabel ist, das Auslandsgeschäft auszubauen bei gleichzeitigem Abbau in der Schweiz.

Das sieht SVP-Nationalrat Giezendanner (65) ähnlich: «Auslandsgeschäften von halbstaatlichen Unternehmen stehe ich skeptisch gegenüber. Die Post soll sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren.»

Schleppendes Geschäft

Mit dem Kopieren von Nestlé hat es ohnehin nicht geklappt: Der Lebensmittel-Multi erzielt 98,6 Prozent seines Umsatzes im Ausland, die Schweizerische Post deutlich weniger: Auf das Inland entfallen 84,5 Prozent des Konzernumsatzes. 15,5 Prozent werden im Ausland oder grenzüberschreitend erwirtschaftet. Dennoch möchte die Post-Spitze die unternehmerische Freiheit haben, auch weiterhin im Ausland zu geschäften.

Das unterstützt Martin Candinas (38), CVP-Nationalrat aus Graubünden. «Ich habe kein Problem damit, wenn die Post im Ausland aktiv ist. Einzige Bedingung: Das Geschäft muss gewinnbringend sein, damit so das Kerngeschäft in der Schweiz gestärkt wird.»

Allerdings macht Candinas eine wichtige Einschränkung: Arbeit, die auch in der Schweiz erledigt werden kann, darf die Post nicht ins Ausland verlagern.

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