Paul Bulcke kennt seine Frau seit 55 Jahren und arbeitet seit 45 Jahren für Nestlé
Der treuste VR-Präsident der Schweiz

Paul Bulcke zählt zu den bekanntesten Managern der Schweiz. Am Sonntag feiert der Verwaltungsratspräsident von Nestlé seinen 70. Geburtstag. Und verrät Blick, welche Jubiläen er in diesem Jahr sonst noch feiert.
Publiziert: 07.09.2024 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 07.09.2024 um 09:52 Uhr

Auf einen Blick

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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Die Anleger haben nicht immer recht: Als 2007 die Ernennung von Paul Bulcke (69) zum Konzernchef von Nestlé bekannt gegeben wurde, brach der Aktienkurs vorübergehend ein. Als 2016 sein Nachfolger Mark Schneider (58) vorgestellt wurde, jubelten die Investoren.

Schneider ist seit kurzem Geschichte bei Nestlé, Bulcke feierte am letzten Dienstag sein 45-jähriges Dienstjubiläum beim grössten Nahrungsmittelkonzern der Welt. Und sitzt als Präsident von Nestlé weiterhin fest im Sattel. Gegenüber Blick verrät Bulcke, wie es möglich ist, fast ein halbes Jahrhundert lang für eine einzige Firma zu arbeiten. 

Es ist eine Jubiläumswoche für den gebürtigen Belgier, der am Sonntag seinen 70. Geburtstag feiert – und immer noch jeden Tag hoch motiviert, oft mit dem Motorrad, ins Büro nach Vevey VD am Genfersee fährt. «Nestlé ist ein fantastisches Unternehmen. Es wird einem nie langweilig und es ist ein Privileg, für dieses Unternehmen zu arbeiten», sagt Bulcke zu Blick. «Eine Karriere ist nie ein Sprint, sondern ein Marathon. Ich kenne Nestlé gut und solange ich dem Unternehmen dienlich sein kann und dabei Spass habe, bleibe ich gerne dabei.»

Paul Bulcke, Verwaltungsratspräsident von Nestlé, arbeitet seit 45 Jahren für den Nahrungsmittelkonzern.
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Das Gesellenstück

Der Marathon bei Nestlé beginnt für den dreifachen Familien- und siebenfachen Grossvater im Jahr 1979. Schnell steigt der Manager, der sechs Sprachen spricht, innerhalb des Konzerns auf. Verdient sich die Sporen in Peru, Ecuador und Chile ab, wird Länderchef von Portugal, übernimmt Märkte in Ost-Europa. Mit seiner Arbeit beeindruckt Bulcke die Nestlé-Granden Helmut Maucher (1927–2018) und Peter Brabeck-Letmathe (79). 

Ab 2000 räumt Bulcke den drittwichtigsten Markt Deutschland auf und übernimmt nach vier Jahren die Verantwortung für die Märkte in Nord- und Südamerika. Und liefert hier sein «Gesellenstück» ab, wie Maucher es einst formulierte. 

Immer mit an seiner Seite, Ehefrau Marilène, die Bulcke 1976 geheiratet hat. «Nestlé hat meiner Familie und mir viel gegeben. Wir haben in vielen Ländern gewohnt und Erfahrungen gesammelt. Ohne die Unterstützung der Familie hätte ich diesen Job nicht machen können», erklärt der Familienmensch, der auch schon mal den Besuch einer Schulaufführung seines jüngsten Kindes zwischen zwei wichtige Geschäftstermine schob. «An dieser Stelle spreche ich insbesondere meiner Ehefrau Marilène, die ich schon seit 55 Jahren kenne, meinen Dank aus.» 

An der Spitze

Auch das ein Jubiläum. Die beiden wohnten im belgischen Städtchen Roeselare in der selben Strasse, lernten sich kennen, als Bulcke noch zur Schule ging. Die Kinder der Bulckes sind so polyglott wie die Eltern, leben über die ganze Welt verstreut. Gefördert von Maucher und Brabeck-Lethmathe steigt Bulcke 2008 zum CEO von Nestlé auf, wird 2017 Verwaltungsratspräsident.

Kennt also beide Spitzenpositionen in der Wirtschaft: «Das sind unterschiedliche Disziplinen, die eine führt aus, die andere lässt ausführen. Die CEO-Rolle ist intensiv und herausfordernd – heute mehr denn je. Ich liebte die CEO-Rolle. Ich konnte Leute treffen, inspirieren und Dinge umsetzen», blickt Bulcke auf seine Zeit als Konzernchef zurück. «Als Verwaltungsratspräsident trage ich zusammen mit dem Board die Verantwortung für die langfristige Standfestigkeit des Unternehmens, für die strategische Kompetenz und Weitsicht des Verwaltungsrats.» 

Neben Nestlé hat Bulcke die Schweiz zu seiner zweiten Heimat auserkoren. Seit 2018 ist er Bürger von Crésuz FR, wo er ein Haus gebaut hat. Es wird kolportiert, die Einbürgerung sei die härteste Prüfung in seinem an Herausforderungen nicht gerade armen Leben als Top-Manager gewesen.

Bulcke widerspricht, weiss aber sehr wohl um den Wert des roten Passes: «Überhaupt nicht, denn man sollte sich die Staatsbürgerschaft verdienen. Wir fühlen uns hier zu Hause, nicht nur der Landschaft wegen, sondern auch wegen der Werte, für welche die Schweiz steht.» 

Verständnis für die Jugend

50 Jahre Nestlé – das wird selbst ein Paul Bulcke nicht schaffen. Mit 72 Jahren ist auch für die Mitarbeiter in der Teppichetage bei Nestlé aufgrund der Alterslimite Schluss. Allenfalls könnte er noch ein Jahr anhängen, sollte sich die Suche nach einem Nachfolger schwierig gestalten. 

Jahrzehntelang für denselben Arbeitgeber tätig zu sein, ist aus der Mode gekommen: «Das ist schade», bedauert Bulcke. «Trotzdem habe ich Verständnis dafür. Viele jüngere Menschen suchen wie immer eine enge Identifikation mit der Firma. Aber auch die Work-Life-Balance hat an Bedeutung gewonnen.» 

Diese dürfte sich bei Paul Bulcke erst in einigen Jahren einstellen. Dann wird er wieder mehr Zeit haben, um seinen anderen Leidenschaften neben Nestlé zu frönen: Dazu gehören etwa Tennis, Golf, klassische Segelfliegen und Töfffahren. 


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