Phuket wird zur Geisterinsel
Ehepaar Schär mitten im thailändischen Corona-Chaos

Das lang ersehnte Wiedersehen mit der Familie ist plötzlich in Gefahr. Heinz und Warisa Schär erleben, wie das Land die Kontrolle über die eskalierende Corona-Situation verliert.
Publiziert: 28.07.2021 um 16:50 Uhr
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Aktualisiert: 29.07.2021 um 06:38 Uhr
Levin Stamm

Das Ferienparadies von Heinz (55) und Warisa (41) Schär aus Diessbach bei Büren BE wird immer mehr zur Corona-Falle. Seit bald zwei Wochen sitzt das Ehepaar auf der thailändischen Ferieninsel Phuket in Quarantäne – und muss zusehen, wie das Land immer mehr die Kontrolle über die steigenden Corona-Zahlen verliert.

Schärs hatten ihre Reise wegen der drakonischen Einreisebestimmungen während Wochen minutiös geplant. Sie wollten Warisa Schärs Tochter (12) und Sohn (10) aus erster Ehe endlich wieder in die Arme schliessen. Nach eineinhalb Jahren coronabedingter Zwangstrennung.

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Flughafen wie ausgestorben

Doch jetzt hat sich die schlimmste Befürchtung der Schärs bestätigt.
Der Flug zur Familie in den Norden Thailands wurde gestrichen. «Die Fluggesellschaft hat uns nicht einmal informiert. Kein E-Mail, absolut nichts!», ärgern sich Schärs. Erst beim Online-Check-in wird sich das Ehepaar seiner misslichen Lage bewusst.

Da war die Welt noch in Ordnung. Schärs kurz nach der Ankunft am Flughafen von Phuket.
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Auf der Suche nach einem Ersatzflug fährt das Ehepaar auf einem gemieteten Motorrad zum nächstgelegenen Flughafen. Doch: «Kein einziger Flieger stand auf dem Rollfeld. Der Flughafen war wie ausgestorben. Es war unheimlich», sagt Heinz Schär.

Roadtrip quer durchs Land

Soll es mit dem grossen Wiedersehen doch noch klappen, bleibt Schärs nur eine Wahl. «Wir wollen ein Auto mieten und hochfahren», sagen sie. Das Dorf der Familie ist mehr als 1300 Kilometer entfernt. Der Roadtrip quer durchs Land würde gut zwei Tage in Anspruch nehmen.

Noch mehr Angst als die Reise selbst bereitet den beiden aber das Virus. «Wir sind zwar geimpft, der Rest der Familie aber nicht», weiss Warisa Schär. Ihr Vater ist 79, ihr Bruder Hochrisikopatient. Darum will sich das Ehepaar vor der Ankunft ein weiteres Mal testen lassen. Zum fünften Mal auf ihrer Reise.

«Haben es unterschätzt»

Die eskalierende Corona-Situation hat Schärs überrascht. Heinz Schär muss zugeben: «Ich habe unterschätzt, wie schnell sich die Lage zuspitzen kann.» Die Zahl der Neuinfektionen und Hospitalisierungen steigt seit Wochen. Momentan verzeichnet das Land täglich mehr als 15'000 positive Fälle. Die Spitäler sind schon länger am Anschlag, Teile des stillgelegten Hauptstadtflughafens wurden in Behandlungsstationen umfunktioniert.

Nur 17 Prozent der Bevölkerung Thailands haben zumindest den ersten Piks erhalten. Die nötigen Dosen fehlen an allen Enden. Noch besorgniserregender: Die Hinweise häufen sich, dass die Wirksamkeit des meistverwendeten Sinovac-Impfstoffs bereits nach wenigen Monaten wieder nachlässt.

Die USA haben als Hilfe erst kürzlich 1,5 Millionen Impfdosen nach Bangkok fliegen lassen. Auch die Schweiz hat zur Unterstützung rund 100 Beatmungsgeräte und über eine Million Antigentests nach Bangkok geschickt. Grössere Direktieferungen der mRNA-Impfstoffe von den Herstellern werden erst auf Ende Jahr erwartet. «Bis dahin wird Thailand durch die Corona-Hölle gehen», befürchten Schärs.



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