Grosse Umfrage zum Preisrutsch
Lidl läutet Preissenkungsrunde ein – diese Händler ziehen mit

Anzeichen für eine Entspannung sind da, dennoch bleibt der Inflationsdruck hoch. Lidl prescht nun mit einer Preissenkungsrunde voran, um Kundinnen und Kunden zu gewinnen, die stärker aufs Budget schauen müssen. Wie sieht es bei Migros, Coop, Denner und Co. aus?
Publiziert: 29.08.2023 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 29.08.2023 um 17:02 Uhr
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Ulrich RotzingerWirtschaftschef

Früchte, Gemüse, Kartoffeln und Pilze: Hier spüren Haushalte die Teuerung derzeit am stärksten an der Ladenkasse ihres Grossverteilers. Generell gilt, gestützt auf Daten des Bundesamts für Statistik: Nahrungsmittel und Getränke haben sich im Juli gegenüber dem Vorjahresmonat um 5,3 Prozent verteuert. Entwarnung an der Inflationsfront gibt es keine. Dennoch arbeitet Lidl Schweiz an einer «grossflächigen Preissenkung». So heisst es in firmeninternen Unterlagen, die zur Information der Kundschaft vorbereitet werden.

Daraus geht hervor, dass der Discounter seit Jahresbeginn die Ladenpreise von bereits 340 von insgesamt 2000 Produkten gesenkt hat. «Davon ein Grossteil in den vergangenen Wochen», bestätigt Andreas Zufelde (42), Geschäftsleiter Einkauf Lidl Schweiz, Blick-Informationen zur «Preisoffensive». Im Schnitt senkte der Discounter die Preise um 7,5 Prozent seit Jahresbeginn. Die stärkste dauerhafte Preissenkung ist bei den Stängeli-Glacés mit 33,4 Prozent. «Diese Preissenkungen sind erst der Anfang. Wir planen bereits weitere», kündigt Zufelde an.

Kunden haushalten mit dem Budget

Das Unternehmen reagiere damit auf die Entwicklung an den Rohstoffmärkten. Hier zeichneten sich tiefere Preise ab, nachdem die Rohstoffpreise weltweit für lange Zeit nur noch eine Richtung gekannt hatten – nämlich nach oben. Hinzu kämen Effizienzgewinne in der Produktion. Diese Vorteile wolle man nun an die Kundschaft weitergeben.

Gemüse und Früchte erfuhren im Sommer einen Teuer-Schub. Jetzt kündigt Lidl Preissenkungen an.
Foto: Keystone
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Das sagen Detailhändler zu Preissenkungen

Blick fragte bei Migros, Coop, Denner, Aldi und Spar nach, wie stark sie bereits an der Preisschraube drehen. Vorneweg: Die meisten befragten Händler bestätigen, dass sich Kunden stärker auf günstigere Lebensmittel und Eigenmarken stürzen. «Wir spüren eine erhöhte Nachfrage nach unseren Prix-Garantie-Produkten im Tiefpreissegment», heisst es bei Coop. Der Basler Grossverteiler habe in diesem Jahr schon bei «mehreren Hundert Produkten» den Preis gesenkt. Die letzte Preisrunde hat im August bei 200 Artikeln stattgefunden. Ein Standard-Supermarktsortiment von Coop umfasst zwischen 5000 und 40'000 Artikel im Food- und Non-Food-Bereich. Nicht in die Karten blicken lassen sich Spar, Migros und Aldi. Letzterer sagt lediglich, wo Kostenvorteile bei Lieferanten entstünden, gebe man diese an die Kundschaft weiter. So auch Denner. Laut einem Sprecher wurden seit Jahresbeginn über 300 Produkte verbilligt, das entspricht 15 Prozent des Ladensortiments des Discounters. Weitere Preissenkungen seien in Planung. Ulrich Rotzinger


Blick fragte bei Migros, Coop, Denner, Aldi und Spar nach, wie stark sie bereits an der Preisschraube drehen. Vorneweg: Die meisten befragten Händler bestätigen, dass sich Kunden stärker auf günstigere Lebensmittel und Eigenmarken stürzen. «Wir spüren eine erhöhte Nachfrage nach unseren Prix-Garantie-Produkten im Tiefpreissegment», heisst es bei Coop. Der Basler Grossverteiler habe in diesem Jahr schon bei «mehreren Hundert Produkten» den Preis gesenkt. Die letzte Preisrunde hat im August bei 200 Artikeln stattgefunden. Ein Standard-Supermarktsortiment von Coop umfasst zwischen 5000 und 40'000 Artikel im Food- und Non-Food-Bereich. Nicht in die Karten blicken lassen sich Spar, Migros und Aldi. Letzterer sagt lediglich, wo Kostenvorteile bei Lieferanten entstünden, gebe man diese an die Kundschaft weiter. So auch Denner. Laut einem Sprecher wurden seit Jahresbeginn über 300 Produkte verbilligt, das entspricht 15 Prozent des Ladensortiments des Discounters. Weitere Preissenkungen seien in Planung. Ulrich Rotzinger


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Gerade Lidl spürt an den steigenden Discount-Umsätzen, dass Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend mit ihrem Geld haushalten müssen beim täglichen Einkauf. «Höhere Lebenshaltungskosten machen der Bevölkerung aktuell zu schaffen. Die Sorge um steigende Mieten und Krankenkassenprämien treibt um, was wir auch bei unserer Kundschaft spüren», bestätigt Zufelde.

Mehrheitlich betreffen die Lidl-Preissenkungen gekühlte Produkte wie Fertigsalate, Sandwiches, Salatdressings und Frischfleisch. Gefragt nach Preisbeispielen nennt die Presseabteilung des Discounters das Früchte-Müsli, das statt 4.49 nun 3.99 Franken koste und etwa Pfannengemüse (Thai), dessen Preis um 30 Rappen auf 4.69 Franken gesenkt wurde. Auch Frischfleisch wurde billiger: Schweinehals am Stück (Terra Natura) kostet statt 17.90 nun 16.90 Franken pro Kilo.

Kunden reagieren zunehmend preissensibel

Was im Einkaufskorb und schliesslich auf dem Teller landet, wird tatsächlich durch die Teuerung vermehrt beeinflusst. Der Coop-Fleischverarbeiter Bell stellte Anfang August fest, dass die Bevölkerung in der Tendenz auf günstigere Produkte ausweichen würde. Schon im Mai berichtete der Blick gestützt auf eine Umfrage bei den wichtigsten Detailhändlern der Schweiz, dass die Nachfrage nach günstigeren Produkten von Billiglinien wie M-Budget, Prix-Garantie und Eigenmarken der Discounter stetig steige.

Zu diesem Zeitpunkt sorgte Coop mit grossflächigen Werbeanzeigen zu «Marken-Preissenkungen» für Aufmerksamkeit. Die PR-Abteilungen der Händler wissen um die preissensible Kundschaft. Und dass es hier gerade für Discounter etwas zu holen gibt, weiss wohl auch das Management von Lidl Schweiz.

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