Regen zerstört Schweizer Weizen-Ernte
Pfünderli-Krise – jetzt werden Brot und Mehl teurer

Schlechte Ernten von Brotgetreiden in der Schweiz treiben die Preise für Backwaren in die Höhe. Supermärkte wie Coop haben bereits erhöht, die Bäcker ringen noch mit diesem Schritt. Sie haben Angst, Kunden zu verlieren, wenn sie zu stark an der Preisschraube drehen.
Publiziert: 04.10.2024 um 00:49 Uhr
|
Aktualisiert: 04.10.2024 um 09:40 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Brotpreise steigen wegen schlechter Ernte und Mehrkosten
  • Bäcker kämpfen mit hohen Rohstoff-, Personal- und Energiekosten
  • Coop erhöht Brotpreise um 4,5 bis 9,1 Prozent
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Der Detailhändler Coop macht den Anfang mit Preiserhöhungen bei Backwaren.
Foto: Pius Koller
1/8
RMS_Portrait_AUTOR_1058.JPG
Ulrich RotzingerWirtschaftschef

Die Bauern sprechen von einer katastrophalen Ernte. Und bei den Bäckern gehen die Kosten durch die Decke. Im Supermarkt treibt das den Brotpreis bereits in die Höhe. Der Basler Detailhändler Coop warnt: «Die entstandenen Mehrkosten zwingen uns zu Preisanpassungen auf Klein- und Grossbroten». Fünf eigene Grossbäckereien und Hausbäckereien von schweizweit 56 Coop-Supermärkten versorgen die Kundschaft mit Frisch- und Tiefkühlbroten.

Produktbeispiele: Der Preis für Halbweissbrot (1 kg) der Billiglinie Prix Garantie steigt um 20 Rappen auf 2.60 Franken, das Naturaplan Bio-Landbrötli kostet mit 1.30 Franken 10 Rappen mehr als bisher, das Parisette (100 g) verteuert sich ebenfalls um 10 Rappen auf 1.20 Franken. Das sind nur einzelne Beispiele. In Prozent betragen die Preiserhöhungen bei Coop zwischen 4,5 und 9,1 Prozent.

Preisanstieg in den Supermärkten

Die orange Konkurrenz ist derzeit noch am Rechnen. «Die Migros überträgt Änderungen der Einkaufspreise für Rohstoffe oder Kosten systematisch auf den Verkaufspreis in den Regalen», sagt Sprecherin Estelle Hain. «Sobald die Preisfindung mit den Erzeugern abgeschlossen ist, evaluieren wir allfällige Auswirkungen auf die Konsumentenpreise.»

Für eine Erhöhung sprechen laut Detailhändlern die Ernteausfälle beim Brotgetreide, insbesondere Weizen, und Mehrkosten in der landwirtschaftlichen Produktion. 

Die Branchenorganisation Swiss Granum für Getreide, Ölsaaten und Eiweisspflanzen schlägt Alarm. Tiefe Erntemengen beim Brotweizen stellen die Branche entlang der Wertschöpfungskette vor grosse Herausforderungen, heisst es in einer provisorischen Einschätzung von September. Der definitive Bericht liege erst Ende Monat vor. Doch schon heute schätzt Vize-Direktor Thomas Weisflog für Blick: Die Erntemenge von Schweizer Brotweizen und Gerste liegt rund ein Drittel tiefer als im Vorjahr. Beim Raps sind es rund 10 Prozent weniger.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Niederschläge, weniger Sonnentage, Mehrkosten

Zu den Ausfällen und schlechter Kornbildung führte «aussergewöhnliche Witterung im Frühling und Sommer», heisst es im Bericht von Swiss Granum. Damit gemeint: häufige Niederschläge und die im Vergleich zum Durchschnitt der letzten Jahre deutlich geringere Sonnenscheindauer. Diese Ausfälle und Mehrkosten in der Landwirtschaft führte Swiss Granum ins Feld, als sie im Sommer die Richtpreise – auf Druck der Bauern wie auch der Grossverteiler – für die laufende Ernte 2024 erhöht hatte. Im Vergleich zum letzten Jahr, liegen die Ernterichtpreise für Brotweizen um 1.50 Franken und für Roggen um 1 Franken pro 100 kg höher. 

Deutlichere Worte findet Lorenz Hirt. Der Direktor vom Dachverband Schweizerischer Müller bezeichnet die Ernte 2024 als «miserabel». Hirt: «Im vorindustriellen Zeitalter hätte eine solche Ernte in unserem Land zweifellos eine Hungersnot nach sich gezogen.» Auch seine Mitgliedsbetriebe seien mit zusätzlichen Kostentreibern konfrontiert, die die Müllereibetriebe nicht mit eigener Kraft auffangen können, wie Hirt auf Nachfrage von Blick klarstellt. Weil die Margen in seinem Gewerbe seit Jahren schon «eng kalkuliert» seien, «rechnen wir daher von Verbandsseite mit Preisaufschlägen». 

Bäckereien stecken im Preis-Dilemma

Unter den aktuellen Voraussetzungen müssten auch die Mitglieder des Verbands der Bäcker und Konditoren (SBC) die Preisschrauben anziehen. Einige haben es bereits gemacht, andere haben ihre Prozesse optimiert, damit der Schritt vermieden werden konnte. «Nicht nur die höheren Rohstoffpreise, sondern auch die steigenden Personal- und Energiekosten sind für die Betriebe belastend», ergänzt SBC-Direktor Urs Wellauer-Boschung.

Doch einfach die Preise am Brotregal höher anschreiben, das geht auch nicht. «Viele Mitglieder verzeichneten zwar stabile Umsätze, doch die Kundenfrequenz ist bereits tiefer», gibt Wellauer-Boschung zu bedenken.

Bäckermeister Manfred Hasler betreibt den «Ueli der Beck» in Schönbühl-Urtenen BE. Er bestätigt die knifflige Lage, in der sich seine Branche derzeit befindet. Die Grenze sei erreicht worden und die Bäckereien-Confiserien können die Preiserhöhungen nicht mehr an ihre Kundschaft weitergeben. «Sonst droht die Gefahr, einen Teil der Kundschaft zu verlieren.»

SBC-Präsident Silvan Hotz teilt die Meinung seines Berufskollegen. Er selbst hat einen Produktionsbetrieb mit Bäckerei in Baar ZG. «Wir können auch nicht einfach kleinere Brötchen backen, um die Preiserhöhung zu vermeiden», sagt Hotz. Das würden die Kunden merken und sei auch nicht fair ihnen gegenüber. «Punktuell werden auch wir unsere Preise erhöhen müssen», so der Bäckermeister. Auf die Gefahr hin, dass man eben weitere Kunden verliere.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.