Rekordhalbjahr für die Swiss
Verknappen Airlines für hohe Preise künstlich ihr Angebot?

Swiss, Lufthansa, Air France: Sie alle haben hervorragende Halbjahresresultate präsentiert. Weil die Nachfrage deutlich höher als das Angebot ist. Wird dieser Zustand künstlich aufrechterhalten? Swiss-CFO Markus Binkert nimmt Stellung.
Publiziert: 03.08.2023 um 15:48 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2023 um 06:53 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Die Swiss hat am Donnerstag das beste Halbjahresresultat ihrer 21-jährigen Geschichte präsentiert. 2,5 Milliarden Umsatz, 383 Millionen Franken als operatives Ergebnis. «Ich bin ein zufriedener CFO», grinst Finanzchef Markus Binkert (51). Für das Gesamtjahr rechnet er auch mit einem sehr guten Resultat. «Wir steuern auf ein sehr gutes Ergebnis zu», so Binkert.

Auch die Konzernschwestern Lufthansa und Austrian Airlines sind gut unterwegs. Die Zahlen sind tiefschwarz. Die Rivalen IAG (British Airways & Iberia) sowie Air France-KLM verzeichnen ebenfalls ein Top-Halbjahr und rechnen für das Gesamtjahr mit einem starken Betriebsergebnis.

Die hohen Verluste aus der Corona-Zeit – noch im 1. Quartal 2022 resultierte allein bei der Swiss ein Verlust von 50 Millionen Franken – scheinen weit weg. Was ist passiert?

Markus Binkert blickt optimistisch in die Zukunft der Swiss.
Foto: S/MBB
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Hohe Nachfrage, knappes Angebot

Ganz einfach: Enorme Nachfrage trifft auf eine weiterhin limitierte Kapazität. Die Flugkapazität (gemessen in angebotenen Sitzkilometern) der Swiss liegt im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr aktuell bei 85 Prozent. Da die Ticketnachfrage aber praktisch auf dem Niveau von 2019 ist, sind die tiefen Buchungsklassen schneller weg. Im nachfragegesteuerten System sind somit schnell nur noch teurere Flugsitze verfügbar. «Wir verzeichnen zurzeit einen hohen Durchschnittsertrag pro Passagier auch weil weniger Tickets zu tiefen Preisen verfügbar sind», sagt Binkert. Die Preise wurden also nicht generell angehoben: Es sind aber deutlich weniger Tiefpreisangebote vorhanden.

Hat die Swiss angesichts dieser günstigen Konstellation überhaupt noch einen Ansporn, die Flugkapazität auszuweiten? Es kursiert seit längerem das Gerücht, dass Fluggesellschaften ihre Flugkapazitäten langsamer wieder aufbauen, als eigentlich möglich wäre – um den Markt noch länger melken zu können.

Binkert erklärt. «Wir verknappen unser Angebot nicht künstlich», hält er fest. Die Verkaufsabteilung würde sich mehr Flüge wünschen, denn angesichts der hohen Nachfrage bringt jeder zusätzliche Flug Geld. «Flugzeuge am Boden zu behalten, macht keinen Sinn.Wir würden gerne auf die Wet-Leases verzichten», so Binkert. Mit Letzterem ist gemeint, dass die Swiss bei Partnergesellschaften wie etwa Air Baltic oder Helvetic Airways Flugkapazität einkauft. Was manchmal für Irritation sorgt, weil man Swiss bucht, aber dann eben doch nicht Swiss fliegt.

Keine günstigeren Preise in Sicht

Doch der Ausbau unterliegt Einschränkungen. Viele Swiss-Flugzeuge bleiben derzeit am Boden. Bekanntlich gibt es massive Probleme mit dem Airbus A220. Zudem erschweren verspätete Auslieferungen von Flugzeugen und Ersatzteilen den Betrieb. Im Jahr 2024 hofft Binkert aber bei der Flugkapazität weiter an das Niveau von 2019 zu kommen.

Werden dadurch die Preise günstiger? Binkert verneint: «Die hohen Zusatzkosten für unsere Nachhaltigkeitsbestrebungen verhindern dies.» Es seien Investitionen in neues Fluggerät, in Biotreibstoff und mehr nötig, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Bis 2050 will Swiss bei den CO2-Emissionen eine Netto-Null erzielen.

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Dazu kommen Investitionen im Personalbereich. Mit den Piloten wurde Anfang Jahr ein neuer GAV ausgehandelt. 2023 hat Swiss zudem bereits 900 Mitarbeitende allein für die Kabine neu eingestellt. Mit dem Kabinenpersonal laufen die Lohnverhandlungen noch. Insgesamt steigen also die Personalkosten. Binkert räumt aber ein, dass die Gesamtzahl der Mitarbeitenden immer noch unter jener von 2019 sei. Da weniger Mitarbeitende auch einen tieferen Lohn- und Verwaltungsaufwand bedeuteten, wirke sich das auch auf die Kosten aus.

Hohe unverschuldete Zusatzkosten

Spielraum für Preissenkungen gibt es jedoch kaum. «Es ist gut, dass die Zeiten der günstigen Preise vorbei sind.» Qualität sollte wieder mehr in den Fokus rücken. Trotz hoher Stabilität im Flugplan kämpft auch Swiss mit zahlreichen Verspätungen. Das sorgt für Kosten wegen Passagier-Kompensationen. Und dann gibt es noch die Streiks. «Die Zusatzkosten allein wegen der Streiks bewegten sich im ersten Halbjahr im mittleren zweistelligen Millionenbereich.»

Man stelle sich vor, wie das Swiss-Ergebnis ohne diese Extrakosten ausgesehen hätte.

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