Schneemangel in Skigebieten
Touristiker fordern Kurzarbeit – und Innovation am Berg

Das warme Wetter vermiest vielen Skiorten die Feiertagssaison. Touristiker stellen nun Forderungen – verbreiten aber auch Optimismus.
Publiziert: 03.01.2023 um 20:38 Uhr
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Aktualisiert: 05.01.2023 um 16:52 Uhr

«Destinationen in mittleren und tiefen Lagen müssen ihre Abhängigkeit vom Schneesport weiter reduzieren», stellt Nicolo Paganini (56), Präsident des Schweizer Tourismus-Verbands (STV), klar. «Für die Bahnen, die jetzt stillstehen, braucht es eine unkomplizierte Kurzarbeitszeitregelung», fordert Paganini. Es gehe jetzt darum, den Engpass zu überwinden.

Die Verhandlungen über die Kurzarbeit laufen, so der oberste Touristiker der Schweiz. Bis es für die Skigebiete eine zugeschnittene Kurzarbeitsregelung gibt, wollen die Berggebiete aber nicht untätig bleiben. «Unsere Ferienorte sind innovativ», ist Paganini überzeugt.

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Foto: Bergbahnen Flumserberg AG
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Der Sportartikelverkäufer bietet Tanzkurse an

Diverse Skigebiete bieten notgedrungen Alternativen zum Schneesport an. Flumserberg SG hat an Weihnachten Festtags-Specials lanciert. Sie sind im Bergbahn-Ticket inbegriffen. Es gibt etwa Tanz-, Yoga- oder Pilateskurse. «Diese Spezialangebote haben wir innert drei Tagen organisiert, kommuniziert und umgesetzt», sagt Katja Wildhaber (41) von den Bergbahnen Flumserberg.

Auch das Personal muss flexibel sein. Ein Mitarbeiter, der normalerweise für die technische Beschneiung sorgt, bietet jetzt Alpaka-Trekkings an. Ein Filialleiter eines Sportgeschäfts organisiert Discofox-Tanzkurse. «Erfreulicherweise haben unsere Gäste die Spezialangebote gut angenommen», so Wildhaber.

Ganz kompensieren können sie den fehlenden Schnee allerdings nicht. Eine Bilanz will Wildhaber erst an Ostern ziehen. Schon jetzt ist aber klar, dass die Zahlen hinter den Erwartungen zurückbleiben: Am bisherigen Spitzentag kamen 7000 Gäste nach Flumserberg, in anderen Jahren waren es 11'000.

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Sommerangebot im Winter

Antoine Micheloud (44), Tourismusdirektor im Gebiet Gruyères-Moléson FR, sieht dem weiteren Verlauf des Winters gelassen entgegen: «Wir erwirtschaften inzwischen 70 Prozent unseres Geschäfts im Sommer.» Die Pisten seien zwar geschlossen, die Bergbahnen aber im Sommermodus geöffnet. Heisst: «Wir bewerben zurzeit Sommeraktivitäten wie Wandern oder Sommerrodeln.» Zwar bewege sich die Gästenachfrage bei rund 30 Prozent von dem, was bei normalem Skibetrieb mit Sonnenschein üblich sei. Das reiche aber, um die Kosten zu decken. Trotz reduziertem Betrieb könne man alle Arbeitsplätze erhalten. Laut Micheloud ist der Moléson schon lange nicht mehr skiabhängig: «Gibts einen guten Winter, gibts Gewinn, ohne guten Winter kommen wir kostendeckend über die Runden.»

Ganz auf das Skigeschäft verzichten will Micheloud indes nicht. «VW kann auch nicht von heute auf morgen komplett auf E-Autos umstellen», vergleicht er.

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Strompreise schlimmer als Schneemangel

Andres Lietha (57), Direktor von Engelberg-Titlis Tourismus, zählt auf eine Entspannung der Situation. «Wenn die Temperaturen weiterhin so hoch bleiben wie in den letzten zwei Wochen, wird es auch für uns nicht einfach – aber davon gehen wir nicht aus.» Dazu seien die Feiertage «überraschend gut» gelaufen. Am 28. Dezember verzeichnete Engelberg gar wieder so viele Gäste wie vor der Pandemie. Da die Saison von Mitte Oktober bis Mitte Mai dauere, sei Engelberg zudem nicht so stark von den Feiertagen abhängig.

Nun erwartet Lietha ein gutes Sportferiengeschäft. Auch dank zurückkehrenden ausländischen Gästen: «Allen voran aus Skandinavien, Deutschland und Benelux, aber auch aus den Fernmärkten.»

Auch Roger Geissberger (62), Hotelier und Vizepräsident des Tourismusvereins in Bellwald VS, will nicht klagen: Über die Feiertage seien alle Betten in Bellwald belegt gewesen. Während in den Bergen die Verhältnisse gut waren, konnte man dank früher Beschneiung und dem kalten November mit guten Verhältnissen bis ins Dorf auf 1650 Metern Ski fahren. Zwar habe Bellwald im Sommer wieder deutlich weniger Touristen verzeichnet als in den Rekordjahren 2020/2021, doch für das Wintergeschäft ist Geissberger aufgrund der hohen Lage auf Jahre hinaus zuversichtlich. «Die steigenden Strompreise bereiten uns mehr Sorgen als die Schneemenge.»

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