Darum boomt das Duty-Free-Business
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Ekaterina Herzig im Interview:Darum boomt das Duty-Free-Business

Schweizer Duty-Free-Königin Ekaterina Herzig (46)
Diese Frau verleiht dem Luxus Flügel

Das Geschäft der Chefin von Dufry Schweiz, Ekaterina Herzig, boomt dank der wachsenden Reiselust in der Schweiz. Sie entstammt einer Familie von russischen Powerfrauen und wartet nicht, bis sie nach ihren Wünschen gefragt wird – sondern sagt gleich, was sie will.
Publiziert: 26.07.2019 um 23:06 Uhr
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Aktualisiert: 27.07.2019 um 10:44 Uhr
Claudia Gnehm
Claudia GnehmStellvertretende Wirtschaftschefin

Ekaterina Herzig (46) lässt sich nicht bremsen. Die Geschäftsführerin des Reisedetailhändlers Dufry Schweiz geht an den Marken-Boutiquen von Bally, Hermès, Hugo Boss und Bulgari vorbei, die Dufry in der Abflughalle in Zürich-Kloten betreibt. Für alle Mitarbeiter hat sie ein liebes Wort, winkt ihnen. «Schön, hast du die Schaufenster arrangiert», ruft Ekaterina Herzig einer Verkäuferin zu. Im Duty-Free-Shop fragt sie einen Reisenden, was er suche.

Ein neues Parfum testet sie gleich selbst. Dazu sprüht sie nicht auf einen Teststreifen, sondern in die Luft und läuft in den Duftregen hinein. «So macht man das», lacht sie. Die gebürtige Russin hat ein Flair für die Produkte, die der weltgrösste Duty-Free-Händler verkauft: Kosmetik, Parfüms, Accessoires, Schmuck, Uhren – «erschwinglichen Luxus» nennt sie das. 

Sondereffort für chinesische Mega-Gruppe

Obwohl sie bereits 25 Jahre in der Schweiz lebt, hat sie nicht vergessen, woher sie kommt. «In der russischen Kultur kauft man sehr viele Geschenke», sagt sie. Spontan lässt sie für den neugeborenen Sohn des BLICK-Fotografen eine Toblerone-Packung mit dessen Namen bedrucken. 

Wenn mehr geflogen wird, dann freut das Dufry-Schweiz-Chefin Ekaterina Herzig: «Das konstante Passagierwachstum trägt zum Umsatzwachstum bei.»
Foto: Thomas Meier
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Sie weiss, womit Passagiere ihren Familien und Freunden eine Freude bereiten möchten, was sie zum Reisen brauchen und wie man sie zum Kaufen animiert. Als vor ein paar Wochen die 12'000-köpfige chinesische Reisegruppe eintraf, stellte sie Chinesisch sprechendes Personal bereit und schaltete die Digitalanzeigen auf Chinesisch.

Und worauf stehen die Kunden aus dem Reich der Mitte? «In der chinesischen Kultur sind Produkte mit Status wichtig, aber auch lokale Produkte werden geschätzt», sagt Herzig. Die Chinesen zeichneten sich durch eine hohe Kaufkraft aus. Aber auch Kunden aus anderen aufstrebenden Nationen Asiens und Südamerikas würden nicht mit Geschenken sparen.

Die Marktwirtschaft öffnete ihr alle Möglichkeiten

In den 90er Jahren kam sie in die Schweiz und besuchte zunächst das Gymnasium. Ihre Karriere startete Herzig dann bei einem osteuropäischen Parfüm- und Kosmetikunternehmen, das ihr das Studium General Management und Finanzen an der Universität in Genf sponserte. Dort lernte sie ihren Deutschschweizer Mann kennen, mit dem sie eine bald 20-jährige Tochter hat.

Nach dem Studium packte sie die Chancen, die ihr das Unternehmen in Ost-, Westeuropa und Afrika bot. «Ich liebte den Wechsel von der Staats- zur Marktwirtschaft», sagt Herzig. Später studierte sie noch Finanz- und Wirtschaft in Chicago (USA).

Herzig arbeitete auf der ganzen Welt, wurde Direktorin für Länder und Geschäftseinheiten. Ihre letzten Stationen vor Dufry waren die Marionnaud- und die Nuance-Gruppe. «Ich habe nie eine gläserne Decke gespürt, und das Topmanagement hat mich immer stark unterstützt», erklärt sie.

Dass Ekaterina Herzig als Frau in ihrem Karriereverlauf nie auf Hindernisse stiess, ist wohl mit ihrem Hintergrund zu erklären. Schon ihre Grossmutter war eine Powerfrau. Sie kam aus einem kleinen Dorf in Sibirien und arbeitete während der Besetzung in Leningrad in einem Militärspital. «Sie war eine starke Frau, die niemals aufgab», so Herzig über ihr Vorbild. Später wirkte die Grossmutter als Generaldirektorin in einem Textilkonzern mit 250'000 Angestellten. 

Früh auf sich gestellt

Aufgewachsen ist Herzig in Moskau. Ihr Vater war professioneller Kampfsportler. Ihre Mutter hatte im Finanzministerium als Betriebswirtschafterin eine Führungsposition inne. Alle waren sehr beschäftigt. Deshalb war es praktisch, dass sie als Teenager ein Moskauer Internat besuchte. Die Lebensumstände machten sie früh selbständig.

Das System in der Sowjetunion mit Gratis-Kitas, Tagesschulen, Aktivitäten für Kinder sei darauf ausgerichtet gewesen, dass die Frauen einem Beruf nachgingen. «Sie mussten arbeiten», erklärt Herzig. Auch sei ihr immer klar gewesen, dass sie eine Vollzeit arbeitende Mutter sein will und dass das nicht überall ankommt.

Heute wohnt sie im Kanton Schwyz, arbeitet in Zürich und ist oft am Hauptsitz von Dufry International in Basel. Der Schweizer Detailhandel darbt, Dufry dagegen wächst. Wie erklärt sie sich das? «Unser grösste Vorteil ist, dass die Kunden an unseren Läden vorbei müssen», sagt sie. Dufry habe keine direkte Online-Konkurrenz, und das vibrierende Flughafenumfeld animiere zum Kaufen, mehr als in Läden in Stadtzentren. «Auch das konstante Passagierwachstum trägt zum Umsatzwachstum bei», ergänzt Herzig.

Wachstumstreiber ist auch die Expansion des Zürcher Flughafens. Im neuen Flughafenzentrum Circle, das nächstes Jahr öffnet, hat Dufry 5000 Quadratmeter gemietet. Die Produkte sind dort zwar nicht zollbefreit. Aber Dufry könne dank den Beziehungen mit internationalen Markenherstellern exklusive Produkte anbieten, betont Herzig.

Kennt sich aus mit Frauenrechten in der Schweiz

Die weitere Expansion des Flughafens bis 2024 sieht die Dufry-Chefin als Chance. «Wir expandieren immer sehr gerne», sagt sie schmunzelnd.

So charmant und leicht, wie Herzig das BLICK-Team durch die Sicherheitskontrolle und Shops des Flughafens führt, scheint sie auch in ihre Führungspositionen und durchs Leben zu kommen. Musste sie in der Schweizer Gesellschaft als Frau und Mutter nicht unzählige Barrieren überwinden?

«Mein Geschlecht war nie ein Thema», betont sie. Allerdings sieht sie auch Gründe für die unterschiedliche Ausgangslage der Frauen hierzulande: «Russland führte das Frauenwahlrecht 1917 ein, die Schweiz erst 1971 – wir sind an einem anderen Ort gestartet.»

Sie habe in ihrer Karriere immer alle Chancen gekriegt. «Aber ich habe auch immer gesagt, was ich will, und danach gefragt», wendet Herzig ein. Sie habe nie darauf gewartet, bis man sie bemerkt habe, sondern sich stets gesagt:«Hey, ich kann das, ich habe den Mut.»

Schweizer Riese im Reisedetailhandel

Der weltgrösste Reise-Detailhändler Dufry aus Basel ist in 65 Ländern mit 2346 Shops und 30'000 Angestellten präsent. Zwei Drittel des 8,6 Milliarden Franken hohen Umsatzes (2018) erzielt Dufry mit Duty-Free-Läden in Flughäfen, Schiffshäfen, auf Schiffen und anderswo. Das 1865 bei Basel gegründete Unternehmen ist die letzten Jahre stark durch Übernahmen gewachsen. Vor fünf Jahren kaufte es den Schweizer Konkurrenten und die ehemalige Swissair-Tochter Nuance-Group. Die Schweizer Ländergesellschaft unter Chefin Ekaterina Herzig beschäftigt in Zürich und Basel 750 Mitarbeiter aus 71 Nationen.

Der weltgrösste Reise-Detailhändler Dufry aus Basel ist in 65 Ländern mit 2346 Shops und 30'000 Angestellten präsent. Zwei Drittel des 8,6 Milliarden Franken hohen Umsatzes (2018) erzielt Dufry mit Duty-Free-Läden in Flughäfen, Schiffshäfen, auf Schiffen und anderswo. Das 1865 bei Basel gegründete Unternehmen ist die letzten Jahre stark durch Übernahmen gewachsen. Vor fünf Jahren kaufte es den Schweizer Konkurrenten und die ehemalige Swissair-Tochter Nuance-Group. Die Schweizer Ländergesellschaft unter Chefin Ekaterina Herzig beschäftigt in Zürich und Basel 750 Mitarbeiter aus 71 Nationen.

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