Schweizer Justiz am Pranger
Geldwäscherei-Fall wird zum mysteriösen Wirtschaftskrimi

Der US-Kongress und Investor Bill Browder werfen der Schweizer Justiz Korruption vor. Was du über den Geldwäsche-Streit mit den USA wissen musst.
Publiziert: 18.07.2023 um 21:04 Uhr
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Aktualisiert: 03.08.2023 um 23:27 Uhr
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Fabienne Kinzelmann
Handelszeitung

Sergei Magnitski war ein russischer Steuerberater, der 2009 im Gefängnis starb, nachdem er die Korruption russischer Beamten aufgedeckt hatte. Nach ihm sind eine Reihe von Gesetzen benannt, auf Basis dessen der US-Finanzminister in Absprache mit dem Aussenminister und dem Generalstaatsanwalt Finanzsanktionen und Einreisesperren gegen ausländische Personen und Organisationen im Zusammenhang mit schweren Menschenrechtsverletzungen oder Korruption verhängen kann. Seit 2017 hat die US-Regierung mehr als 600 Personen und Organisationen in 41 Ländern sanktioniert.

Der Fonds Hermitage Capital Management des US-Investors Bill Browder erstattet 2011 in der Schweiz Strafanzeige wegen des Verdachts auf Geldwäsche in einem Fall von russischem Steuerbetrug in Höhe von 230 Millionen Dollar. Magnitski, Steuerberater des Fonds, hatte den Fall dokumentiert, was zu seiner Verhaftung und schliesslich seinem Tod führte. Laut Hermitage wurde der Fonds dazu missbraucht, 18 Millionen Franken der insgesamt 230 Millionen Dollar in die Schweiz zu überweisen. Sie flossen offenbar auf Konten bei der UBS und der Credit Suisse.

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Handelszeitung» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.handelszeitung.ch.

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«Kein erhärteter Verdacht»

Die Schweizer Bundesanwaltschaft beschlagnahmte die Summe, stellte den Fall jedoch aufgrund mangelnder Beweise nach zehnjähriger Ermittlung ein. «Gestützt auf ihre umfangreichen Ermittlungen stellt die BA fest, dass kein erhärteter Tatverdacht vorliegt, der eine Anklage in der Schweiz rechtfertigen würde», heisst es in der Pressemitteilung. Lediglich für vier Millionen der 18 Millionen Franken könne ein Zusammenhang zu den Verbrechen in Russland nachgewiesen werden.

Bill Browder war früher der grösste ausländische Investor in Russland.
Foto: Bloomberg
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Drei in den Betrug verwickelte russische Staatsbürger sollten 14 Millionen der 18 Millionen Franken zurückerhalten. Zwei der drei russischen Staatsbürger, Vladlen Stepanov und Dmitry Klyuev, sind in den Vereinigten Staaten und anderen westlichen Ländern mit Sanktionen belegt; der dritte, Denis Katsyv, hat Medienberichten zufolge einen Vergleich mit dem US-Justizministerium geschlossen.

Sonderberichterstatter: «Keine stichhaltige Begründung für Verfahrens-Einstellung»

Da die Bundesanwaltschaft Hermitage nicht als geschädigte Partei in dem Steuerbetrugsfall betrachtet, wurden Hermitage und Browder nicht mehr als Privatkläger zugelassen. Hermitage konnte daher keine Berufung gegen die Entscheidung zur Geldrückgabe einlegen.

Neben den USA kritisiert auch der Europarat den Umgang der Schweizer Justiz mit dem Fall Magnitski. Sonderberichterstatter Andreas Gross zeigte sich in einem Interview mit «Swissinfo» 2021 entsetzt über die Einstellung des Verfahrens: «Es gibt keine stichhaltige Begründung dafür. Noch schlimmer ist die Erfahrung, dass sich kaum jemand daran stört. Die wenigen Parlamentarier, die nachhaken, werden abgespeist mit nichtssagenden Antworten. Der Bundesrat scheint das Gebaren zu dulden.»

Anfang 2023 bestätigte das Bundesstrafgericht in Bellinzona die Rückgabe eines grössten Teils der Gelder an Stepanov, Klyuev und Katsyv.

Noch offen ist allerdings der Ausgang einer Beschwerde beim Bundesgericht gegen die Entscheidung des Bundesstrafgerichts, welche den Entscheid stützte, dass Hermitage nicht mehr als Privatklägerin zugelassen wird. Auf Anfrage teilt die Bundesanwaltschaft mit, keine weiteren Schritte unternehmen beziehungsweise das Strafverfahren nicht wieder aufnehmen zu können, solange dieses Verfahren beim Bundesgericht noch pendent ist.

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