Foto: Julia Fritsche

Science Fiction an Kasse von Sportmulti Decathlon
Der volle Einkaufskorb ist in einer Sekunde bezahlt

An den Kassen der Supermärkte und Fachläden von Migros, Coop und Co. müssen Produkte einzeln mit einem Scanner erfasst werden. Ein mühsames und zeitraubendes Unterfangen in einer immer moderneren Welt. Decathlon zeigt nun, dass es in der Schweiz auch anders gehen kann.
Publiziert: 28.08.2019 um 20:37 Uhr
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Aktualisiert: 29.08.2019 um 15:34 Uhr
Julia Fritsche

Scannen war gestern! Das jedenfalls gilt bei Decathlon. Der französische Sportartikel-Gigant setzt stattdessen auf die RFID-Technologie und revolutioniert damit das Einkaufen in der Schweiz. Wie die Revolution aussieht?

Ein Beispiel aus der eben eröffneten Flaggschiff-Filiale in Zürich: Der Kunde geht durch den Laden. Ein Velohelm, eine Jogginghose, vier Paar Socken, eine Regenjacke und ein Bikini – der Einkaufskorb ist schnell gefüllt. Statt zum Scanner greift der Verkäufer an der Kasse nach dem Warenkorb. Oder der Kunde stellt den Einkaufskorb direkt in eine schwarze Vertiefung neben der Kasse. In einer Sekunde werden acht Artikel erkannt und abgerechnet.

Möglich ist das, weil die Produkte mit einem RFID-Transponder – ähnlich einem Mini-Funkchip – versehen sind. Auf dem Kassendisplay erscheinen die Preise und das Total. Der Kunde kann innert Sekunden zahlen. Das geht weiterhin auch mit Bargeld, denn Kassenpersonal braucht es hier auch in Zukunft.

Bei Decathlon landen die Einkäufe an der Kasse in einer schwarzen Box. Dort werden die Produkte anhand von Funkchips eingelesen, die sich auf den Produkten befinden.
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Ladendiebe sind gewarnt

Zusätzlich setzt Decathlon auf Selbstbedienungskassen, auch dort kommt die RFID-Technologie zum Einsatz. Eine kleine Hürde gibts für den Moment noch, wie ein Augenschein von BLICK zeigt.

Zwar ist der Grossteil des Sortiments gechippt, bei einigen Snacks etwa fehlt der RFID-Kleber aber noch. Deshalb müssen die Verkäufer besonders gut aufpassen, ob auch wirklich alle Produkte erfasst und gezahlt werden. Bald sollen aber alle der rund 50'000 Produkte im Sortiment eine Funkverbindung aufnehmen können. 

RFID lässt auch Ladendiebe auffliegen. Verlässt jemand ohne zu zahlen das Geschäft, dann piepsts am Ausgang. Doch damit nicht genug! Zeitgleich erhalten die Angestellten eine Mitteilung aufs Smartphone. So wissen sie genau, dass etwa gerade eine rote Trinkflasche unerlaubt den Laden verlässt und können den Kunden darauf ansprechen.

Schliesslich hat Decathlon dank den RFID-Chips seine Produkte von der Fabrik bis in die Filialen genauestens im Griff.

Nespresso war noch schneller

Der französische Sportmulti setzt grossflächig auf die RFID-Technologie. Seit Mittwoch können Zürcher die Kassen-Revolution testen. Im ehemaligen Athleticum öffnet der neue Decathlon seine Türen. Auch in den anderen Schweizer Filialen – bis Ende Jahr werden es 24 sein – kommt die Kassen-Technologie zum Einsatz.

Schweiz-Pionier für den RFID-Chip-Einkauf ist allerdings Nespresso. Vor einigen Jahren hat die Nestlé-Tochter in mehreren Filialen ihre Kaffeekapseln mit Chip auf der Packung versehen. Kassiert wird wie auch bei Decathlon, in dem die Ware in eine Vertiefung an der Kasse gestellt wird.

Wie sieht es bei den wichtigsten Kräften im Schweizer Detailhandel aus? Zurzeit sei kein Einsatz von RFID an der Kasse geplant, lautet die knappe Auskunft von Coop. Das gilt auch für die Migros-Supermärkte. Das Problem: Zum Einkauf im Lebensmittelschäft gehören oft Getränke oder Konservendosen. «Wasser und Metall können Funkwellen und damit die RFID-Anwendungen stören», erklärt die Migros. 

Klar allerdings ist: Die Zukunft heisst RFID oder eine ähnliche Technologie, die den Einkauf noch effizienter macht, die herkömmliche Kasse sogar überflüssig macht: «Es geht darum, den Bezahlprozess für den Kunden möglichst schnell und schmerzfrei zu gestalten», sagt Marta Kwiatkowski (42) vom Gottlieb Duttweiler Institut GDI. Das heisst, der Konsument soll gar nicht merken, wie er Geld ausgibt.

Globale Konkurrenz

Dass Decathlon heute schon die Bezahl-Zukunft einläuten kann, liegt daran, dass neun von zehn Artikeln sogenannte Eigenmarken sind. Folglich das Chippen mit RFID in der Hand des Sportmultis liegt. Zum Vergleich: Bei Coop überwiegen Markenprodukte. Am nächsten kommt noch die Migros, die mehrheitlich Eigenmarken im Supermarkt verkauft.

Die Franzosen haben durch das RFID-System das Sagen über die ganze Lieferkette. Zudem ist das Sportartikel-Imperium auf der ganzen Welt tätig. Rund 1500 Läden und weltweit 87'000 Mitarbeiter gehören dazu.

Die Konkurrenz heisst deshalb auch Amazon und nicht Migros. In Kalifornien betreibt Decathlon bereits einen Laden der Zukunft ohne Bargeld und herkömmlichen Kassen. Abgewickelt werden die Einkäufe über iPhones.

Auch für die Schweizer Geschäfte arbeitet das Decathlon-Entwicklerteam bereits an den nächsten Einkaufsinnovationen. Was die Kunden genau erwartet, das bleibt aber noch geheim.

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