Showdown bei Swiss Steel
Peter Spuhler und Martin Haefner bekämpfen sich mit harten Bandagen

Die Restrukturierung klappt nicht – der Schweizer Stahlkocher wird deshalb einen dreistelligen Millionen-Euro-Jahresverlust schreiben. Trotzdem leistet sich das Management Millionengehälter und Chauffeure. An der nächsten Generalversammlung könnte es zum Knall kommen.
Publiziert: 21.01.2024 um 08:55 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2024 um 09:16 Uhr
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Beat SchmidFester Mitarbeiter Blick

Der Luzerner Stahlkocher Swiss Steel versinkt noch tiefer im Schuldenmorast. Wie Blick erfahren hat, rechnet man in Bankkreisen mit einem Jahresverlust von 200 Millionen Euro. Nach den Halbjahreszahlen von Swiss Steel und angesichts der rückläufigen Ergebnisse, welche die europäischen Stahlkonkurrenten für das dritte Quartal gemeldet haben, ist dieser Fehlbetrag keine Überraschung. 

Damit hat sich die Talfahrt im zweiten Halbjahr beschleunigt. In den ersten sechs Monaten hatte das Unternehmen einen Verlust von 30 Millionen Euro verbucht. Die Schulden kletterten auf 942 Millionen Euro. Da die Kredite der Banken 2025 auslaufen, muss Swiss Steel dringend seine Bilanz in Ordnung bringen und frisches Geld auftreiben. 

Im Hintergrund laufen deshalb bereits Vorbereitungen für eine Kapitalerhöhung. Doch weil die beiden Hauptaktionäre des Schweizer Stahlkonzerns nicht am gleichen Strick ziehen, herrscht eine Pattsituation. Wie Blick letzte Woche berichtete, knüpft Grossaktionär Peter Spuhler (65) ein weiteres finanzielles Engagement an zwei Bedingungen.

Heavy Metal: Beim Schweizer Stahlkonzern Swiss Steel spitzt sich der Machtkampf zu.
Foto: Getty Images
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Das Unternehmen müsse ein schlüssiges Sanierungskonzept vorlegen, und Verwaltungsratspräsident Jens Alder (66) müsse per sofort zurücktreten. Nur dann ist der Patron von Stadler Rail bereit, sich an der Kapitalerhöhung zu beteiligen. Damit setzt er nicht nur Jens Alder massiv unter Druck, sondern auch Grossaktionär Martin Haefner (70), Erbe und Besitzer der milliardenschweren Amag-Gruppe. 

Wer übernimmt, wenn Alder geht?

Dieser schützt den ehemaligen Swisscom-Chef, mit dem er eng verbunden ist. Alder verwaltete vor Jahren eine grosse Beteiligung der Familie am US-Softwarekonzern Computer Associates. Haefner war es auch, der Alder zu Swiss Steel holte. Wie aus seinem Umfeld zu hören ist, hält der Grossaktionär eine Abwahl zum jetzigen Zeitpunkt für «gefährlich». 

Ganz anders sieht es Peter Spuhler. Für ihn ist es höchste Zeit, dass Alder geht. Seit einem Jahr blockiere er dringende Veränderungen. Er sei schlicht der falsche Mann an der Konzernspitze, kenne das Stahlgeschäft zu wenig und habe kaum Erfahrung als Sanierer. Die «Handelszeitung» schrieb diese Woche, Alder sei zwar hochintelligent, aber ein «Apparatschik».

Es stellt sich die Frage, wer nach einem Rücktritt Alders das Präsidium übernehmen soll. Spuhler selbst oder einer seiner beiden Vertreter, die bereits im Verwaltungsrat sitzen? Es sind dies Aebi-Schmidt-Chef Barend Fruithof (52) und Rieter-Finanzchef Oliver Streuli (35). Fruithof ist mittlerweile Vizepräsident von Swiss Steel. Peter Spuhler liess eine Anfrage unbeantwortet. 

CEO fährt mit Chauffeur

Neben den schlechten Zahlen macht sich auch Frust über das Management breit. Obwohl seit über zwei Jahren an der Spitze von Swiss Steel, ist CEO Frank Koch (52) noch nicht in der Zentralschweiz angekommen. Er sei viel unterwegs und selten in der Zentrale anzutreffen. Dass Koch einen Chauffeur in Anspruch nimmt, wird ihm von der Belegschaft übel genommen. 

Hinzu kommt, dass Koch – laut Handelsregister offiziell in Engelberg OW gemeldet – am Wochenende regelmässig nach Düsseldorf (D) fliegt, wo sich sein «Lebensmittelpunkt» befindet, wie eine Sprecherin sagt. Koch bezog 2022 ein Gehalt von 3,7 Millionen Franken. Während sich das Personal von Sparrunde zu Sparrunde hangle und zeitweise kurzarbeiten müsse, scheine der Teppichetage das nötige Kostenbewusstsein zu fehlen, ist aus der Belegschaft zu hören.

Eine Sprecherin schreibt, dass für den «raschen Transfer» von Bahnhöfen und Flughäfen eine «möglichst kostengünstige Variante» gewählt worden sei. Bei dem Chauffeur handle es sich um einen bereits pensionierten Mitarbeiter, der in einem Kleinpensum für das Unternehmen weiterarbeite. 

Die Zeit drängt

Der angeschlagenen Firma läuft die Zeit davon. In wenigen Wochen müssen die Einladungen zur Generalversammlung verschickt werden. Einigen sich die beiden Hauptaktionäre bis dahin nicht, kommt es zum Showdown. Martin Haefner hält mit seiner BigPoint Holding 32,73 Prozent an Swiss Steel. Peter Spuhler kommt auf 20,36 Prozent. Mit ihm dürfte allerdings der russische Milliardär Viktor Vekselberg (66) stimmen, der ebenfalls ein grosses Paket an Swiss Steel hält. Mit seinen Stimmen kommt das Spuhler-Lager auf gut 46 Prozent. 

Geht man davon aus, dass auch einige Kleinaktionäre mit dem bekannten Industriellen stimmen werden, könnte Spuhler an der Generalversammlung die Abwahl von Jens Alder erzwingen. Wann die GV heuer über die Bühne geht, ist noch offen. Letztes Jahr fand sie Ende April statt. Die beteiligten Banken wollen möglichst rasch Klarheit über die Zukunft des Stahlkonzerns. Sie haben dem Unternehmen eine maximale Kreditlinie von 465 Millionen Euro eingeräumt. Zu der Gruppe gehören unter anderen UBS/Credit Suisse, und J.P. Morgan.

Mit einem Jahresverlust von 200 Millionen Euro wird sich die Schuldenlast weiter erhöhen. Die Swiss-Steel-Sprecherin will die Zahlen nicht kommentieren: «Unser Unternehmen befindet sich mitten im Jahresabschluss und wird Informationen zum Geschäftsergebnis veröffentlichen, sobald diese belastbar sind. Zu Mutmassungen oder Spekulationen äussern wir uns grundsätzlich nicht.»

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