«Stammkunden haben Vorrang»
Velomechs am Anschlag – lange Wartezeiten für einen Service

Der oft nötige Service beim Velomech wird derzeit von langen Wartezeiten ausgebremst. Mancherorts sind erst in der Vorweihnachtszeit wieder Termine frei.
Publiziert: 17.06.2024 um 00:28 Uhr
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Aktualisiert: 17.06.2024 um 13:52 Uhr
Désirée Sommer
Désirée SommerWirtschaft

Es ist endlich hier: Das lang ersehnte trockene Wetter, um sich auf den Sattel zu schwingen und in die Pedale zu treten. Um richtig in die Gänge zu kommen, darf der Besuch beim Velomech nicht fehlen. Doch die erhöhte Anzahl an Reparatur- und Servicearbeiten kann die Werkstätten überlasten. 

«Wer kein Stammkunde ist, kann erst wieder auf den 3. Dezember einen Termin buchen», so Thomas Ernst (44), Geschäftsführer von Velo Zürich GmbH mit Filialen in Zürich-Albisrieden und Winterthur ZH. Die Reparaturen nehmen so viel Zeit in Anspruch, dass man auch für Probefahrt- und Beratungstermine bis zu einer Woche warten muss. «Bei uns kann man nicht mehr spontan in den Laden kommen und ein bisschen schauen und Fragen stellen», meint er. 

Velomech Thomas Ernst wird derzeit mit Kundenanfragen überhäuft.
Foto: Zvg
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Stammkunden kommen bei ihm am schnellsten zu ihren Velos: «Wir geben ihnen das Versprechen, dass sie nicht lange warten müssen. Zurzeit sind es zehn Tage.» Trotz eines zusätzlichen Mitarbeiters zeigt sich Ernst besorgt: «Die Nachfrage steigt seit Jahren schneller, als wir unsere Leistungen ausbauen können.»

Corona-Nachwehen

Spätestens mit der Pandemie setzte ein regelrechter Veloboom ein. Die Velo-Verkaufszahlen schossen gewaltig nach oben. Lieferanten bestellten grosse Mengen an Velos. Weil es jedoch Jahre dauert, bis diese ankommen, gibt es gemäss Ernst bis heute ein Durcheinander in der Lieferkette. «Immer wieder werden schubweise riesige Mengen an Velos geliefert», erklärt er.

Das grosse Angebot an Velos führt dazu, dass die Lieferanten diese zu günstigen Konditionen an die Velohändler verhökern. Diese wiederum können attraktive Preise anbieten, was den Veloverkauf weiter ankurbelt. «Diesen Winter haben wir mehr Velos verkauft als in den letzten Jahren», bestätigt Thomas Ernst. 

Viel Arbeit, wenig Personal

Viele Velos heisst aber auch mehr Service und Reparaturen für gleich viele Velomechs. Ein Ausbau des Personalbestands ist unumgänglich. Ernst findet es schwierig, gut ausgebildete Leute zu finden: «Ich stelle nicht einfach Leute ein, damit ich genug Leute habe. Um unsere Qualität zu gewährleisten, müssen es die richtigen Leute sein.» 

Eine weitere Hürde, die sich bei der Personalplanung in der Velobranche stellt, sind saisonale Schwankungen. «Als Velohändler müsste der Tag im Frühling 48 Stunden haben, im Herbst und Winter würden drei Stunden reichen», meint Martin Platter (59), Geschäftsführer des Branchenverbands Velosuisse. 

Liegt das Velogeschäft zusätzlich in der Stadt, ist der Ansturm besonders hoch. «In Zürich bedienen wir eine grosse Kundschaft von Alltags-Velofahrern, die vom Velo als Fortbewegungsmittel abhängig sind», bestätigt Thomas Ernst. 

Velofahrerinnen und Velofahrer müssen sich als Folge wohl an die längeren Wartezeiten gewöhnen. Oder auf Empfehlung der Velomechs vorausschauend planen, indem sie das Velo in der Nebensaison in den Service bringen, sodass in der Hochsaison höchstens ein Notfall wie ein platter Reifen repariert werden muss.

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