Swisscom-Chef Schaeppi bleibt cool:
«Unsere Netze verkraften Netflix»

Nach drei Pannen in Folge verteidigt Swisscom-CEO Urs Schaeppi (60) sein Unternehmen. Und schwört: «Wir haben genügend Kapazitäten.»
Publiziert: 21.03.2020 um 23:41 Uhr
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Aktualisiert: 23.07.2020 um 13:37 Uhr
Am letzten Montag fiel das Swisscom-Netz aus – zum dritten Mal in diesem Jahr.
Foto: Allestörungen.ch
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Interview: Danny Schlumpf

SonntagsBlick: Die Schweiz steht still. Welche Rolle spielt die Swisscom in der Corona-Krise?
Urs Schaeppi:
Sie spielt eine zentrale Rolle. Es braucht jetzt ganz neue Formen der Kommunikation, nicht nur in der Telefonie, sondern etwa auch im Bereich der Videokonferenzen. Die erleichtern die Arbeit im Homeoffice. Besonders bei den KMU gibt es jetzt eine extrem hohe Nachfrage nach Konferenzlösungen.

Am Montag war das Swisscom-Netz überlastet. Woran lag es?
Wir hatten Telefonie-Engpässe im Zusammenspiel mit dem Sunrise-Netz. Zu Spitzenzeiten konnten ­Anrufe teils nicht aufgebaut werden. Bei Daten hatten wir genug Kapa­zität: Swisscom-TV, Netflix und Homeoffice – alles problemlos.

Dennoch fällt auf: Es war die dritte überregionale Panne in diesem Jahr. Und stets war die Swisscom betroffen.
Im längerfristigen Vergleich sind wir nicht stärker betroffen als andere. Wir sind mehr im Fokus. Die ­Statistik zeigt: Die Verfügbarkeit unseres Netzes ist immer besser ­geworden. Grössere Störungen überspielen das allerdings.

Aber diese Störungen muss man ernst nehmen.
Selbstverständlich, wir haben diverse Massnahmen dagegen ergriffen. Gleichzeitig haben sich jedoch die Kommunikationsmuster in wenigen Tagen fundamental verändert. So ist in der gegenwärtigen Krise das Festnetz massiv stärker belastet, weil zum Beispiel die Grosseltern ihre Enkel viel öfter anrufen. Das kann punktuell zu Engpässen führen.

Dass sich die Kommunikationsmuster verändern, war aber doch vorhersehbar. Weshalb haben Sie die Kapazitäten nicht schon im Januar ausgebaut?Gegenfrage: Was hätten Sie im ­Januar gedacht, um welchen Faktor und wann die Belastung steigen würde?

Im Januar war klar: In China steigt die Nutzung von Telefonie und Internet massiv – dasselbe wird auch bei uns passieren.
Und doch konnte niemand vorhersehen, wie stark der Anstieg in der Schweiz sein würde! Der Bedarf unserer Kunden wächst, und wir bauen die Netze permanent aus. Auch im Januar haben wir das getan und unsere Kapazitäten sub­stanziell heraufgefahren. Wir sind uns der Tatsache sehr bewusst, dass wir stabile Netze und Reserven bieten müssen, gerade in dieser Krise.

Das Netz in Spanien gehört zu den besten weltweit. Die Betreiber geben offen zu: Wir sind am Anschlag! Droht das auch hier?
Auch die Schweiz hat sehr gute Netze. Trotzdem: Corona fordert uns heraus. In der aktuellen Situation ändert sich die Lage permanent. Wenn die Volumina von heute auf morgen um ein Mehrfaches wachsen, stossen wir an unsere Grenzen.

Wenn das Netz erneut ausfällt, Notdienste betroffen sind und die Leute ihre Verwandten nicht mehr erreichen, dürfte Panik ausbrechen ...
Netze werden laufend weiterentwickelt, und Störungen lassen sich nie ausschliessen. Aber wir setzen alles daran, diese zu minimieren, und ­haben Redundanzen. Wenn beispielsweise das Festnetz nicht läuft, funktionieren noch die Mobil­telefone. Und Anrufe zwischen den Rettungsdiensten sind priorisiert. Stabilität und Kapazität sind unsere obersten Prioritäten.

Streamingdienste sind grosse Datenfresser. Sollte man Netflix vorübergehend verbieten?
Nein, unsere Netze verkraften Netflix und Swisscom TV. Solange sich die Muster nicht grundlegend verändern, haben wir genügend Kapazitäten für Netflix, Swisscom TV und Homeoffice.

Voraussetzung ist, dass die Swisscom selber funktioniert. Wie schützen Sie Ihren Betrieb?
85 Prozent unserer 20'000 Mitarbeitenden arbeiten von zu Hause aus. Wo wir vor Ort sein müssen, splitten wir unsere Teams auf. Im Betrieb liegt der Fokus auf der permanenten Überwachung der Netze. Ich bin sehr stolz auf unsere Mitarbeitenden, die in einer schwierigen Lage Ausserordentliches für unsere Kunden leisten.

Gibt es Ausfälle durch Corona?
Bisher wurden nur sehr wenige Fälle gemeldet. Aber weil der Grossteil von uns im Homeoffice arbeitet, ist der Betrieb nicht gefährdet.

Arbeiten Sie ebenfalls von zu Hause aus?
Auch ich bin gegenswärtig im Homeoffice. Zwar muss ich manchmal ins Büro, aber grösstenteils arbeite ich von zu Hause aus. Dank der digitalen Medien funktioniert auch das sehr gut. So gesehen, gibt uns diese Krise auch ­einen Schub zu neuen Arbeitsformen, die unsere Wettbewerbsfähigkeit erhöhen werden.

Sie könnten einen Beitrag in der aktuellen Krise leisten, wenn Sie allen Nutzern für einen Monat die Swisscom-Gebühren erlassen würden.
Nein, wir leisten unseren Beitrag, indem wir leistungsfähige Netze und guten Kundenservice bieten. So führen wir auch unsere Shops im reduzierten Betrieb weiter, damit beispielsweise Ärzte das Handy bei Bedarf rasch reparieren lassen können. Und wir helfen gezielt, etwa den KMU mit Gratiskonferenzlösungen für die kommenden Monate.

Wäre die aktuelle Krise leichter zu meistern, gäbe es flächendeckend 5G?
5G ist viel effizienter im Übertragen der Daten und bietet mehr Reserven für Unvorhersehbares. Aber auch ohne Corona ist 5G die Technologie der Zukunft, denn der ­Datenverbrauch unserer Kunden wird weiter steigen. Zurzeit sind wir allerdings durch verschiedene Moratorien blockiert.

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