Swissness-Gesetz freut die einen, nervt die anderen
Madig in Switzerland

Sich mit Schweizer Federn schmücken und im Ausland produzieren? Das verbietet seit Anfang Jahr das neue Markenschutz-Gesetz. Traditionsmarken wie Stöckli-Ski jubeln – Lebensmittelverarbeiter wie Kambly ärgern sich.
Publiziert: 09.01.2017 um 08:34 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 18:16 Uhr
Cinzia Venafro

Wo Schweiz draufsteht, soll auch Schweiz drin sein: Seit Anfang Jahr gilt das vom Parlament im September 2015 verabschiedete Swissness-Gesetz. Neu haben 80 Prozent der verwendeten Rohstoffe für Lebensmittel aus der Schweiz zu stammen, bei industriellen Produkten müssen mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen.

«Made in Switzerland» klingt gut – doch die Auflagen machen einigen Branchen das Geschäft madig. So etwa der Lebensmittelindustrie. «Während des Gesetzgebungsprozesses hat die Lobby der Bauern aus dem Vorhaben eine Landwirtschaftsvorlage gemacht!», ärgert sich Urs Furrer von der Föderation der Lebensmittelverarbeitenden Industrie. «Dank der Bauern», klagt er, «ist nicht mehr entscheidend, wo ein Lebensmittel verarbeitet wird, sondern woher dessen Inhaltsstoffe stammen.» Bei agrarnahen Produkten wie Käse mache dies Sinn. Bei stark verarbeiteten Produkten «ohne engen Bezug zum bäuerlichen Acker» sei «Swiss made» aber wichtiger als «Swiss grown» (in der Schweiz gewachsen).

Vermeintlich urschweizerische Lebensmittel wie die Thomy-Mayonnaise oder die bekannten Guetsli von Kambly scheitern an der Swissness-Bestimmung. Kambly-Chef Hans-Martin Wahlen macht die Faust im Sack. Er müsse gegen seine eigene Überzeugung bei zwei Produkten auf das Kreuz verzichten. «Ansonsten wird Kambly auch weiterhin das Schweizerkreuz auf seinen Packungen tragen können», betont Wahlen.

Der Edelunterwäsche-Hersteller Zimmerli of Switzerland wirbt schon mit dem Schweizer Topmodel Ronja Furrer.
Foto: ZVG
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Vorteile für Edelunterhosen aus dem Tessin

Andere Branchen hingegen sind dankbar für das neue Gesetz. Edelwäsche-Hersteller Zimmerli of Switzerland zum Beispiel sieht nur Vorteile. Das im Tessin produzierende Unternehmen beschwerte sich in der Vergangenheit über «Trittbrettfahrer», die Unterhosen in Billiglohnländern nähen lassen und als Schweizer Produkt verkaufen. «Es gibt den einen oder anderen Mitbewerber, der aufgrund seiner längst aufgegebenen Produktion in der Schweiz gern auch heute noch die Herkunft ‹of Switzerland› vorgaukelt», sagt Zimmerli-CEO Marcel Hossli. Er hofft, dass den «unlauteren Versuchen, sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, nun ein Riegel geschoben wird».

Auch das Armbrust-Logo ist geschützt

Auch Sportgerätehersteller freuen sich. Das Label «Swiss made», mit dem ihre Ski gekennzeichnet sind, werde künftig «noch exklusiver», freut man sich bei Stöckli. Die Firma Flumroc AG aus dem sankt-gallischen Flums sieht «das neue Markenschutzgesetz als Chance», so Geschäftsführer Kurt Frei. Seine Dämmplatten werden mit der Armbrust beworben – auch diese ist seit 1. Januar markenrechtlich geschützt.

Und was ist mit der Schweizer Schoggi? Im Land wächst kein Kakaobaum weit und breit. Da hat das Parlament ein Hintertürchen eingebaut: Dank der Schoggiklausel dürfen Naturprodukte, die hier nicht vorkommen oder durch Missernten, Tierseuchen oder Naturkatastrophen nicht vorhanden sind, trotzdem das Schweizerkreuz tragen. Man merkt: Bei Schokolade versteht der Schweizer keinen Spass.

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