Trotz Leitzinserhöhung der EZB
Deshalb bleibt der Franken im Vergleich zum Euro stark

Nach der Leitzinserhöhung durch die EZB gestern ist der Franken weiter stabil. Dies liegt an der tieferen Inflation in der Schweiz und der Annahme im Markt, dass auch die SNB bald mit einer Zinserhöhung nachziehen wird.
Publiziert: 09.09.2022 um 19:30 Uhr

Der Franken ist und bleibt eine der beliebtesten Anlaufstellen in unsicheren Zeiten. Daran ändert auch die rekordhohe Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) vom Donnerstag nur wenig. Denn nach wie vor sind die wirtschaftlichen und politischen Perspektiven von vielen Unsicherheiten geprägt.

Kostete ein Euro am Tag vor der EZB-Zinserhöhung noch knapp 98 Rappen, mussten am Freitagmittag mit rund 0,9630 Franken nur noch gut 96 Rappen je Euro auf den Tisch gelegt werden.

Grösste Zinsanhebung der Geschichte

Die EZB hatte am Donnerstag die stärkste Zinsanhebung seit ihrem Bestehen durchgeführt und hat den Leitzins gleich um 75 Basispunkte (BP) erhöht. Zudem stellte sie weitere kräftige Erhöhungen in Aussicht.

Gestern erhöhte EZB-Präsidentin Christine Lagarde den Leitzins um satte 75 Basispunkte.
Foto: keystone-sda.ch
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Normalerweise erhöhen steigende Zinsen die Attraktivität einer Währung in den Augen von Anlegern und führen daher dazu, dass mehr Kapital in diese Währung fliesst. Doch nicht in jedem Fall, wie die jüngste Entwicklung des Euro-Franken-Kurses zeigt.

Dies liegt laut Ökonomen vor allem daran, dass die Inflation in der Eurozone mit 9,1 Prozent im August deutlich höher ist als in der Schweiz mit 3,5 Prozent. Ausserdem leidet der Euroraum viel stärker unter der drohenden Energiekrise und die Konjunktur zeigt bereits einige Schwächen. Verursacht wird das durch die Folgen des Ukrainekriegs, die Material- und Lieferengpässe, aber auch durch einen nachlassenden Konsum.

Im Vergleich zum Dollar konnte sich der Euro seit der Zinserhöhung erholen. Die USA und der Euroraum weisen in etwa die selben Inflationswerte auf.

SNB gilt als strikt

Für den Franken spricht zudem, dass der Schweizerischen Nationalbank (SNB) eine striktere Gangart hinsichtlich der Inflationsbekämpfung nachgesagt wird. So geht die Privatbank J. Safra Sarasin davon aus, dass die SNB die Inflation weiterhin präventiv bekämpfen werde. Die SNB sei willens und auch in der Lage, die Inflation schnell wieder auf das von ihr angestrebte Niveau von zwei Prozent zu bringen, heisst es auch bei der UBS.

Und dieser Ansicht ist wohl auch der Markt. Denn im Sog der EZB-Zinserhöhung stiegen nämlich auch die Zinserhöhungserwartungen an die SNB. Die SNB dürfte demnach bei der Veröffentlichung ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung am 22. September ihren Leitzins ebenfalls um 75 Basispunkte erhöhen. Im Juni hatte die SNB die Märkte mit einer Erhöhung des Leitzinses um 50 BP auf noch -0,25 Prozent die Märkte überrascht.

Franken nicht mehr überbewertet

Kommt dazu, dass die SNB anders als noch vor nicht allzu langer Zeit, den Franken nicht mehr als überbewertet beurteilt und gegen den Franken am Devisenmarkt interveniert. Im Gegenteil, sie lässt eine Aufwertung des Frankens zu, da er ihr beim Kampf gegen die Inflation hilft.

So hatte SNB-Präsident Thomas Jordan am Vortag auf einer Veranstaltung in Zürich bekräftigt, dass die derzeitige Aufwertung des Frankens aufgrund des hohen inflationären Drucks derzeit wohl «mehr nütze als schade.»

Nationalbank zieht wohl nach

Damit dies weiterhin so bleibt, müsse die SNB daher die geldpolitische Schraube ebenfalls anziehen, heisst es am Markt. Daher wird auch ein grosser Schritt der SNB von einem vollen Prozentpunkt nicht mehr ausgeschlossen, was wiederum Geld in den Franken fliessen lässt. Denn ein solcher Riesenschritt würde dem Franken kräftig Auftrieb geben, ist die Valiant Bank überzeugt. (SDA/shq)

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