Vom kleinen Garagenbetrieb zur zweitgrössten Pleite der Schweiz
Die schreckliche Familiengeschichte der Erbs

Eine Werkstatt, die zum Autoimperium wird. So gross, dass es am Ende unüberschaubar wird und zusammenbricht. Und eine Familie, die immer wieder vom Schicksal gezeichnet ist. Die Geschichte der Erbs.
Publiziert: 10.04.2017 um 05:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:36 Uhr
Daniel Kistler

Die Geschichte der Garagistenfamilie Erb ist eine Geschichte voller Lügen. Aber auch voller Tragik. Bis zuletzt.

Die vorletzten Kapitel der Familiengeschichte schrieb das Bundesgericht. Es hatte entschieden, dass Rolf Erb und seine Familie aus Schloss Eugensberg in Salenstein TG ausziehen müssen. Und dass der ehemalige Patron für seine siebenjährige Haftstrafe keinen Aufschub erhält.

Exklusive Luftaufnahme vom 30. März 2017: Flug über das Erb-Schloss in Salenstein TG.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG

Die grösste Pleite der Schweiz nach dem Swissair-Untergang

Aber wie konnte Rolf Erb mit seiner Partnerin Daniela Sheridan (65) und den gemeinsamen Zwillingen (14) so lange in seinem Schloss leben? Schliesslich hatte Hans Ziegler, von Rolf und seinem Bruder Christian (58) als Sanierer engagiert, die Erb-Gruppe am 5. Dezember 2003 für bankrott erklärt.

Die zweitgrösste Pleite der Schweiz nach dem Untergang der Swissair! Damals wies das Konglomerat an Firmen und Beteiligungen der Winterthurer einen Schuldenberg von gigantischen 2,3 Milliarden Franken auf. Grossvater Hugo Erb sen. hatte in Winterthur-Töss ZH in den 20er-Jahren eine Autowerkstatt aufgebaut, Hugo Erb jun. (†85) stieg 1946 ins Geschäft ein. Als der Autohandel aufblühte, kam die Familie schnell zu sehr viel Geld. Geld, das sie in immer neue Geschäftszweige steckte. Aus der kleinen Werkstatt entstand ein Imperium.

Überschuldung in der Bilanz geschönt

In der zweiten Hälfte der 90er-Jahre begannen manche Beteiligungen zu schmerzen. Allein an die Immobilienfirma CBB Holding in Köln (D) ging ab 1996 mehr als eine Milliarde Franken – die Erbs mussten Ausstände der Firma stopfen. Um die entstandene Überschuldung zu kaschieren, schönten die Erbs Bilanzen und kamen so immer wieder zu neuen Krediten. Obwohl die Erb-Gruppe 1998 schon auf 1,5 Milliarden Schulden sass, schossen Banken nochmals 700 Millionen nach.

An der Spitze der Gruppe stand jetzt Rolf Erb. Bruder Heinz, vom Vater ursprünglich als Nachfolger auserkoren, war 23-jährig bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Und Christian, der jüngere Bruder, war – ebenfalls seit einem Autounfall im Jahr 1994 – querschnittgelähmt. Als zehnfacher Schweizer Meister im Diskuswerfen hatte er 1992 an den Olympischen Spielen in Barcelona teilgenommen.

Der Irakkrieg ist schuld!

Für die Firmenpleite schob Rolf Erb den Tod seines Vaters im Sommer 2003 vor. Die Firma sei darauf in einen Strudel geraten, vorher seien immer genügend flüssige Mittel vorhanden gewesen. Im Berufungsprozess am Zürcher Obergericht machte er sogar den Irakkrieg verantwortlich: «Der liess den Autoverkauf zusammenbrechen.»

Das Verfahren gegen Rolf Erb zog sich bis zum September 2015 hin. Erst dann bestätigte das Bundesgericht das Urteil des Zürcher Obergerichts: sieben Jahre Haft wegen gewerbsmässigen Betrugs, mehrfacher Urkundenfälschung und Gläubigerschädigung.

Denn Erb hatte kurz vor dem Ende der Erb-Gruppe seinen Wohnsitz Schloss Eugensberg und eine Sammlung von 13 Oldtimern seinen damals zehn Monate alten Söhnen überschrieben. Diese verlieren jetzt nicht nur das Schloss. Sondern auch ihren Vater.

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