Foto: Getty Images

Was sich Firmen gegen den Jahresend-Koller einfallen lassen
Statt Pink gibts nur bunte Lebkuchenhüsli

Eine Weihnachtsparty und eine Corona-Prämie für die Extra-Arbeit müssen sich die meisten Angestellten abschminken. Firmen wie Coop, Post, Schindler, ABB und Groupe Mutuel waren dennoch grosszügig. Wie wichtig gemeinsame Jahresend-Erlebnisse sind, erklärt eine Expertin.
Publiziert: 19.12.2020 um 02:31 Uhr
Claudia Gnehm

Statt einer rauschenden Weihnachtsparty mit 1000 Mitarbeitenden und internationalen Stars herrschte bei Glencore in Baar ZG diesen Advent allabendliche Ruhe. Trost gibt es dennoch. «Als Dankeschön für die ausserordentlichen Leistungen überraschen wir die Mitarbeitenden dieses Jahr mit einem Weihnachtsgeschenk», sagt Glencore-Sprecherin Sarah Antenore. Was es genau ist, bleibt geheim – wahrscheinlich kostete es aber nicht 1600 Franken pro Person wie die legendären Partys der Vorjahre.

Corona machte nicht nur bei Glencore dem allerseits geschätzten Jahresend-Firmenevent den Garaus. Praktisch alle Schweizer Firmen verzichteten auf Weihnachtsanlässe, wie eine Umfrage von BLICK ergibt. Dennoch liessen sich etliche Firmen etwas einfallen gegen den Jahresendblues. So erhalten Mitarbeitende der Mutuel-Versicherung nächste Woche ein prächtiges Geschenk, das deutlich grösser ist als eine Schachtel Praliné, aber noch geheim ist.

Virtuell anstossen im Trend

Bei ABB und Post konnten die Teams die budgetierten Gelder für Gutscheine oder virtuelle Weihnachtsfeiern verwenden. Apéros per Video für die Teams gab es bei der Credit Suisse und der Axa-Versicherung.

In anderen Jahren feierte Glencore in der Bossard Arena in Zug Weihnachtspartys mit internationalen Stars. Heuer gibts wegen Corona ein Geschenk nach Hause.
Foto: Blick
1/11

Nicht alle Angestellten sassen bei solchen virtuellen Feiern vor dem Computer auf dem Trockenen. Etliche Firmen sandten den Mitarbeitern ein Apéro-Päckli ins Homeoffice, um virtuell anzustossen. Dieser Trend im Corona-Advent verschaffte Walter Speck (55) viele Aufträge. Der Chef der traditionellen Zuger Confisérie Café Speck bietet diverse Event-Boxen an.

«Einige Firmen haben grosszügige Mitarbeitergeschenke gemacht und anstelle von Firmenessen und als Dankeschön unsere Boxen per Post oder Kurier heimgesandt», bestätigt Speck den Auftragsboom. Die Nachfrage der Firmen war klar grösser als in den Vorjahren. Am besten gelaufen seien die Lebkuchen- und die Guetzlibox. Dicht dahinter folgt die Kirschtorte zum Selbermachen und die Dinnerbox.

Online Guetzli backen und spenden

Bereits den ganzen Advent sorgte der Aufzugshersteller Schindler für fröhliche Stimmung übers Internet – von Weihnachtsguetsli-Backen über Spieleabende, einen virtuellen Adventskalender bis zu einer Spendenaktion, um freischaffende Künstler zu unterstützen. Bei der Groupe Mutuel enthielten die virtuelle Adventstörtchen eine Quizfrage, dahinter winkte ein Geschenk.

Andere Firmen wie der Versicherer Zürich und die Raiffeisen-Bank haben das Geld fürs Weihnachtsessen an gemeinnützige Organisationen gespendet.

Die Bedeutung von Jahresend-Ritualen sei nicht zu unterschätzen, sagt Milena Rutz (34), Organisationspsychologin an der Hochschule für Angewandte Psychologie (FHNW) Olten. Im Idealfall stärkten sie die Verbundenheit der Mitarbeitenden untereinander und zum Unternehmen. «Jahresend-Anlässe sind gelebte Kultur», ergänzt sie. Dabei werde für die Mitarbeitenden spürbar, dass sie Teil von einem grossen Ganzen seien.

Gelegenheit für Erinnerungsmomente

Allerdings sei es beim Organisieren des Anlasses wichtiger zu überlegen, was er ausdrücken soll, und nicht den Status quo vom Analogen ins Digitale zu übertragen. Gerade dieses Jahr eigne sich ein Jahresend-Event, um einzigartige Erinnerungsmomente zu schaffen, betont Rutz. In der Organisationspsychologie heisse es, dass sich die meisten an den Anfang und das Ende einer Zeitperiode erinnern. Heuer sei das der Moment, als der Bundesrat den Lockdown verkündete, und der Jahresabschluss-Event.

Gemäss Rutz stehen für die Mitarbeitenden an diesem Jahresende nicht grosse Geschenke und finanzielle Extras im Vordergrund. Die meisten verstünden sehr gut, dass es wirtschaftlich für gewisse Branchen und Unternehmen ein hartes Jahr war. Es gehe vielmehr um das Wahrnehmen der einzelnen Mitarbeitenden in ihrem jeweiligen Arbeitskontext. «Wir möchten alle gesehen werden – gerade auch in dieser Zeit, wo der Extra-Effort nicht immer direkt sichtbar war», erklärt sie.

Weihnachtsgeld vielerorts gestrichen

Offenbar sehen sich viele Firmen nicht imstande, die Mitarbeiter heuer mit mehr Weihnachtsgeld zu belohnen. Normalerweise bekommt rund ein Drittel der Angestellten Ende Jahr neben dem Lohn eine Gratifikation. Aber Ende November 2020 hatte erst knapp ein Viertel von ihren Arbeitgebern eine Gratifikation zugesichert bekommen, wie die Umfrage des Vergleichdiensts Comparis zeigt. Besonders bei Personen mit mittleren Einkommen von 4000 bis 8000 Franken gehen leer aus.

«Bei hohen Einkommen ist der Bonus oft ein fixer Lohnbestandteil, anders als bei mittleren und tiefen Einkommen. Hier wird in Krisenzeiten schneller der Rotstift angesetzt», sagt Michael Kuhn von Comparis. Bei den meisten Firmen wird über die Höhe des leistungsabhängigen variablen Lohnanteils erst nach dem Jahresabschluss befunden.

Immerhin haben einige Grossarbeitgeber mit vielen Mitarbeitern an der Front wie Coop, Post und Migros dem Personal bereits im Frühling eine 500-Franken-Sonderprämie bezahlt. Post und Coop haben an Weihnachten nachgedoppelt. Die UBS hat Mitarbeitenden bis zu gewissen Rangstufen einen Wochenlohn geschenkt. Wahrscheinlich sind Extra-Prämien eine Erinnerung ans Corona-Jahr, die ebenso gut hängen bleibt wie eine ausschweifende Weihnachtsparty.

Firmen verschenken Angestellten Swiss-made-Masken

Es muss nicht immer China sein! Die Textilmaschinen von Maschinenbauer Robert Reimann (45), Chef der Jakob-Müller-Gruppe mit Sitz in Frick AG, liefen die letzten Wochen auf Hochtouren. «Wir waren mit Weihnachtsaufträgen speziell von kleineren und mittelgrossen Firmen sehr stark ausgelastet», sagt Reimann zu BLICK.

Die Masken seien offenbar eine gute Gelegenheit für Firmen, sich bei Mitarbeitern, aber auch Kunden zu bedanken. Manche wollten ein Logo oder spezielles Design, weiss der Firmenchef. Das Maschinenunternehmen, das im Frühling in die Maskenproduktion einstieg, produziert auch kleinere Aufträge von zehn bis 20 Masken. Bei den meisten Bestellungen gehe es um Stückzahlen von 100 bis 3000 Masken. Pro Tag können Reimanns Maschinen bis zu 30'000 Stoffmasken «ausspucken». Das Marketing der Jakob-Müller-Gruppe ist auch Familiensache: Die Reimann-Töchter Iana und Nelia machen für ihren Papa auch mal Werbung für die Schutzmasken aus Stoff.

Seit die Jakob-Müller-Gruppe zusätzlich sogenannte Facewind-Masken für den Wintersport produziert, gehen auch Bestellungen von Baufirmen ein, welche diese ihren Mitarbeitern gegen die Kälte schenken. Claudia Gnehm

Die Schweizer Maschinenfirma Jakob Müller Group mit Chef Robert Reimann und seinen beiden Töchtern produziert seit dem Frühling Masken.
ZVG

Es muss nicht immer China sein! Die Textilmaschinen von Maschinenbauer Robert Reimann (45), Chef der Jakob-Müller-Gruppe mit Sitz in Frick AG, liefen die letzten Wochen auf Hochtouren. «Wir waren mit Weihnachtsaufträgen speziell von kleineren und mittelgrossen Firmen sehr stark ausgelastet», sagt Reimann zu BLICK.

Die Masken seien offenbar eine gute Gelegenheit für Firmen, sich bei Mitarbeitern, aber auch Kunden zu bedanken. Manche wollten ein Logo oder spezielles Design, weiss der Firmenchef. Das Maschinenunternehmen, das im Frühling in die Maskenproduktion einstieg, produziert auch kleinere Aufträge von zehn bis 20 Masken. Bei den meisten Bestellungen gehe es um Stückzahlen von 100 bis 3000 Masken. Pro Tag können Reimanns Maschinen bis zu 30'000 Stoffmasken «ausspucken». Das Marketing der Jakob-Müller-Gruppe ist auch Familiensache: Die Reimann-Töchter Iana und Nelia machen für ihren Papa auch mal Werbung für die Schutzmasken aus Stoff.

Seit die Jakob-Müller-Gruppe zusätzlich sogenannte Facewind-Masken für den Wintersport produziert, gehen auch Bestellungen von Baufirmen ein, welche diese ihren Mitarbeitern gegen die Kälte schenken. Claudia Gnehm

Mehr
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.