Die Kongolesen schulden mir immer noch 10'000 Franken?
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Knatsch am WEF:So erlebte Hotelier Marco Bühler die Zechpreller

Kongos Delegation prellt am WEF die Zeche in Arosa – abgezockte Hoteliers stinksauer
«Fette Klunker, aber kein Geld»

Anlässlich des WEF in Davos hat ein Teil der kongolesischen Delegation in Arosa logiert – und in gleich zwei Hotels die Zeche geprellt. Insgesamt 10'000 Franken sind ausstehend. Im BLICK packen die beiden Bündner Hotelbetreiber jetzt aus.
Publiziert: 24.01.2020 um 23:08 Uhr
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Aktualisiert: 27.01.2020 um 07:10 Uhr
Der Bündner Hotelier Marco Bühler (34) wurde in Arosa von der kongolesischen Delegation um die Zeche geprellt.
Foto: Anian Heierli
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Dominique Rais, Anian Heierli

Die Mächtigen aus Wirtschaft und Politik waren dieser Tage am Weltwirtschaftsforum in Davos GR anzutreffen. Unter ihnen auch der Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Félix Tshisekedi (56). Begleitet wurde er von einer Heerschar an Delegierten. Doch weil der Platz knapp war und die Preise während des WEF in Davos exorbitant sind, mussten rund 20 kongolesische Delegierte auf Arosa GR ausweichen.

Dort haben sie im Hotel Chamanna Bed & Breakfast des Bündner Hoteliers Marco Bühler (34) logiert. «Sie sind mit Limousinen vorgefahren, trugen Rolex-Uhren, Diamanten und Louis-Vuitton-Taschen», sagt Bühler zu BLICK. Sie buchten 20 Zimmer für 20 Personen während zwei Nächten. Kostenpunkt: 6868 Franken. Scheinbar zu viel für die kongolesische Delegation. Sie prellte die Zeche! «Fette Klunker tragen, aber kein Geld haben», prangert Bühler an.

BLICK liegen entsprechende Dokumente vor. Und Recherchen zeigen: Bühler ist nicht der Einzige, dem es so erging. Auch im Hotel Bellevue in Arosa wurden Zimmer für die Entourage des kongolesischen Präsidenten gebucht, aber nicht bezahlt. Konkret: Zehn Zimmer für fünf Nächte. Der Preis: 7300 Franken.

«Als ich das Geld abbuchen wollte, war die Kreditkarte ungültig»

Im Fall von Bühler lief die Buchung über Joseph A.* (56), beim Hotel Bellevue über Elias T.*. Beide hatten sich als Diplomaten und Mitarbeiter der kongolesischen Botschaft in Bern ausgegeben. Die Buchungen kamen kurzfristig. «Als ich das Geld abbuchen wollte, war die Kreditkarte ungültig», sagt Bühler. Das Gleiche erlebte auch Hansjörg Oliveira da Cruz (46), der Verwalter des Hotels Bellevue.

Am Sonntag tauchten die beiden Diplomaten dann aber in Arosa auf. Joseph A. «sah aus wie der Prinz aus Zamunda», so Bühler. Die Männer wollten sich das Hotel anschauen. Nur: Gezahlt wurden die Übernachtungen wieder nicht.

Tags darauf traf dann die Entourage des kongolesischen Präsidenten in Arosa ein. Unter ihnen waren laut Bühler der Finanzminister sowie Tshisekedis Leibköchin, seine persönliche Sekretärin und sein Pilot. Schnell wurde klar: Diese Delegierten landeten fälschlicherweise in Arosa statt in Davos.

«Ich bin Diplomat, Sie können mir nichts anhaben»

Als den Delegierten bewusst wurde, dass Davos nicht um die Ecke, sondern rund eineinhalb Autostunden entfernt ist, eskalierte die Situation beinahe. Als sie dann auch noch selbst für die Übernachtungen aufkommen sollten, sei es zum lautstarken Streit unter den Delegierten gekommen. «Sie haben ihr Geld zusammengekratzt», so Bühler.

Rund 2900 Franken kamen bei Bühler zusammen. Oliveira da Cruz wurden gerade mal 1200 Dollar – umgerechnet 1165 Franken – bezahlt. «Das ist eine Schweinerei», sagt der Verwalter des Hotel Bellevue zu BLICK.

Seine Rezeptionistin und Ex-Frau Enedina Oliveira da Cruz (38) stritt sogar mit den kongolesischen Gästen. «Sie waren sehr frech. Einer klaute sogar eine Decke», sagt sie zu BLICK. Sie sagte ihnen, sie müssten die Rechnung zahlen oder gehen. Beides machten sie nicht und sassen stundenlang vor der Rezeption herum.

Als Chamanna-Hotelier Marco Bühler den kongolesischen Botschaftsangestellten Joseph A. aufforderte, die ausstehende Rechnung zu begleichen, habe dieser gesagt: «Ich habe kein Geld. Ich bin Diplomat, Sie können mir nichts anhaben.»

«Unter aller Sau, als Botschaft so zu geschäften»

Rausgeworfen hat er die Entourage des Kongo-Präsidenten trotzdem nicht. «Die waren mit der Situation schon arm genug dran. Unter solchen Bedingungen arbeiten und noch selbst zahlen zu müssen.»

Beglichen wurden die ausstehenden Zahlungen in den beiden Hotels bisher nicht. «Ich finde es unter aller Sau, sich als Botschaft so zu benehmen und so zu geschäften», sagt Bühler. Auf dem Polizeiposten in Arosa hat er Anzeige gegen Joseph A. wegen Zechprellerei erstattet. Auf Anfrage von BLICK bestätigt ein Sprecher der Kantonspolizei Graubünden, dass entsprechende Ermittlungen im Gang seien.

Oliveira da Cruz hat bisher keine Anzeige gemacht. Doch die Rechnung wird er postwendend an die kongolesische Botschaft nach Bern schicken. Viel Hoffnung habe er jedoch nicht. «Oft bleiben wir auf dem Verlust sitzen», sagt auch Bühler.

Die Anfrage von BLICK bei der kongolesischen Botschaft in Bern blieb unbeantwortet.

* Namen geändert

Zechprellerei nimmt zu

Konkrete Zahlen zu Zechprellerei werden in der Schweiz nicht erhoben. «Aber wir haben das Gefühl, dass sie zunimmt», sagt Patric Schönberg, Sprecher des Branchenverbands Hotelleriesuisse. Das Thema werde in der Branche mit grosser Diskretion behandelt. «Niemand spricht gerne darüber – entweder aus Datenschutzgründen oder weil man negative Reputation und Nachahmungstaten vermeiden will.»

Mit der digitalen Hinterlegung von Kreditkarten hätten die Betrugsmöglichkeiten zugenommen. Etwa, wenn die Zechpreller zu weit höheren Beträgen konsumieren, als es die Limite erlauben würde. Schönberg: «Für die Anzahlung ist die Kreditkarte valid, aber dann trinken sie die Minibar leer, essen teuer, bestellen den teuersten Wein, und am nächsten Tag sind sie weg. Und die Kreditkarte kann nicht mehr belastet werden.» Besonders bitter: Zechpreller operieren oft mit falschem Namen und Dokumenten.

In den meisten Fällen bleiben die Gastgeber auf offenen Rechnungen sitzen, die schmerzen. «Die Zechpreller machen es so, dass es sich auch lohnt. Ganz nach dem Wenn-schon-denn-schon-Prinzip.» Schönberg betont allerdings: «Zechprellerei ist ein seltenes Phänomen. 99,9 Prozent der Kunden sind ehrlich.»

Patric Schönberg, Sprecher von HotellerieSuisse

Konkrete Zahlen zu Zechprellerei werden in der Schweiz nicht erhoben. «Aber wir haben das Gefühl, dass sie zunimmt», sagt Patric Schönberg, Sprecher des Branchenverbands Hotelleriesuisse. Das Thema werde in der Branche mit grosser Diskretion behandelt. «Niemand spricht gerne darüber – entweder aus Datenschutzgründen oder weil man negative Reputation und Nachahmungstaten vermeiden will.»

Mit der digitalen Hinterlegung von Kreditkarten hätten die Betrugsmöglichkeiten zugenommen. Etwa, wenn die Zechpreller zu weit höheren Beträgen konsumieren, als es die Limite erlauben würde. Schönberg: «Für die Anzahlung ist die Kreditkarte valid, aber dann trinken sie die Minibar leer, essen teuer, bestellen den teuersten Wein, und am nächsten Tag sind sie weg. Und die Kreditkarte kann nicht mehr belastet werden.» Besonders bitter: Zechpreller operieren oft mit falschem Namen und Dokumenten.

In den meisten Fällen bleiben die Gastgeber auf offenen Rechnungen sitzen, die schmerzen. «Die Zechpreller machen es so, dass es sich auch lohnt. Ganz nach dem Wenn-schon-denn-schon-Prinzip.» Schönberg betont allerdings: «Zechprellerei ist ein seltenes Phänomen. 99,9 Prozent der Kunden sind ehrlich.»

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