Welche Nationen wo in der Schweiz ihre Ferien verbringen
Inder wollen auf den Titlis, Koreaner nach Interlaken

Die Schweiz ist ein Touristenmagnet. Doch nicht jede Nation bereist die gleichen Destinationen. Wohin sie reisen und was das für die Regionen bedeutet.
Publiziert: 12.12.2017 um 23:51 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2018 um 18:57 Uhr
Vinzenz Greiner

Wer auf den Titlis fährt, trifft immer mindestens zwei Inder. An der Gipfelstation lächeln zwei Bollywood-Stars aus Pappe die Gäste an. Unten im Tal köchelt Curry, zubereitet von indischen Köchen. Für ihre Landsleute.

Wegen schnulziger Filme ist der Titlis für Inder der «Mountain of Love» – der Liebesberg.
Foto: Rolf Neeser

Was die Inder für Obwaldens Engelberg sind, sind Gäste aus den Benelux-Staaten für Anniviers im Wallis oder Amerikaner und Engländer für das Berner Lauterbrunnen: der wichtigste ausländische Markt. Viele Ecken in der Schweiz ziehen unterschiedliche Nationen an. Das zeigt eine BLICK-Analyse, die sich auf Daten von Schweiz Tourismu stützt.

Wohin die einzelnen Nationen reisen, hat etwas mit Werbung zu tun, mit Büchern, Filmen und bisweilen mit Kitsch.

«Ein Inder muss quasi auf den Titlis»

Der Titlis sei für Inder der «Mountain of Love» (Liebesberg), erklärt Frédéric Füssenich (43), Direktor von Engelberg-Titlis Tourismus. Denn in den 90ern wurden hier schnulzige Streifen aus der indischen Filmfabrik Bollywood gedreht. Der Berg wurde zur Marke. «Ein Inder muss heute quasi auf den Titlis, wenn er in der Schweiz ist», so Füssenich.

Ranveer Singh (32) befeuert diese Liebe. Der Bollywood-Star stellte im März Bilder von seinem Titlis-Trip auf Instagram – auf der Plattform folgen ihm fast zehn Millionen Nutzer. Kein Wunder, ist er das Gesicht der Indien-Kampagne 2017 von Schweiz Tourismus.

Heuer ist aber auch Tourismusjahr Schweiz-China. Denn die Chinesen sind auf dem Vormarsch.

Luzern hat einen Repräsentanten in Shanghai

2011 übernachteten sie 382'000-mal in Schweizer Top-Destinationen, 2016 fast 646'000-mal. Dieses Jahr legt noch einen drauf. Ihr Lieblingsort: Luzern. Man bearbeite den Markt seit Jahren «intensiv», sagt Sibylle Gerardi, Specherin Luzern Tourismus. Die Stadt hat sogar einen Repräsentanten in Shanghai.

Das strahlt aus – etwa auf Weggis LU. Das Dorf unterhalb der Rigi stieg vor drei Jahren in die Top Ten der von Chinesen meistbesuchten Orte auf. 2016 kamen über 62'000 chinesische Übernachtungen auf nicht mal 5000 Einwohner. Hotels haben sich schon darauf eingestellt: Die Homepage des Graziella gibt es auf Deutsch, Englisch und Mandarin.

Schweinefleisch auf Speisekarten ausgewiesen

Sich auf eine Gästegruppe zu spezialisieren, das kennt man in Zermatt VS nicht, wie der dortige Hotelier-Verein erklärt. In Interlaken BE stellt man sich dagegen gleich auf eine Handvoll Länder ein. Ein China-Restaurant bietet für Reisegruppen Spezialpreise. Banken nehmen indische Rupien und südkoreanische Won. Letzteres ist kein Wunder, denn die grösste Touristengruppe kommt inzwischen aus Korea. Die Zahl koreanischer Übernachtungen in Interlaken hat sich seit 2011 verdoppelt. Die Marke von 100'000 ist in Reichweite.

Im Berner Touristenort wird in vielen Hotels auf Speisekarten Schweinefleisch ausgeflaggt. Jahrelang kamen immer mehr Golfstaatler. «Manche Hotels setzen Gäste unterschiedlicher Länder nicht in denselben Speisesaal, um etwaige Konflikte zu vermeiden», weiss Daniel Sulzer (49), Direktor von Interlaken Tourismus.

Spannungen gibt es bisweilen auch mit Einheimischen, die sich bei Sulzer über Stau an der Supermarktkasse und immer wieder über Touristenschwärme beschweren. «Wir haben eine Grenze des Erträglichen erreicht, was Gruppenreisen angeht», sagt Sulzer.

Mehr auf Individualreisende setzen

Sulzer will mehr auf Indvidualtouristen aus Asien fokussieren. Eine Strategie, zu der die Credit Suisse in ihrem gestern veröffentlichten Monitoring grundsätzlich rät. Solche Ratschläge sind gut, können aber auch wegen politischer Ereignisse hinfällig werden. Das hat sich mit den Touristen aus den Golfstaaten gezeigt: Seit der Katar-Krise kommen deutlich weniger. Auch andernorts sieht man Schwankungen.

Ausländische Serien von Zürich Tourismus unterstützt

Früher waren Gäste aus den Benelux-Ländern Stammgäste in Engelberg. Dann kam der erste kleine Frankenschock vor zehn Jahren. Heute sind sie nicht mehr in den Top Ten. In St. Moritz hat sich der Gäste-Mix auch gewandelt (siehe Box).

Auch Zürich stellt sich auf Veränderung ein. Ueli Heer, Sprecher von Zürich Tourismus, geht davon aus, dass mehr arabische Gäste kommen werden. Auch bei Indern, die dieses Jahr erstmals die Marke von 100'000 Übernachtungen knackten, sieht Heer Wachstumspotenzial. Das kommt nicht von ungefähr: Heuer wurden in der Limmatstadt zwei arabische und eine indische Serie gedreht. Mit der freundlichen Unterstützung von Zürich Tourismus.

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